Vitiligo ist eine behandlungsbedürftige chronische Autoimmunerkrankung, die zur Depigmentierung der Haut führt. Die meisten erwachsenen Patientinnen und Patienten sind von der nichtsegmentalen Form betroffen, die mit depigmentierten Hautflecken auf beiden Körperhälften einhergeht [1,2].
Die Vitiligo kann in zwei Formen unterschieden werden: die häufiger auftretende nichtsegmentale Vitiligo (NSV, betrifft 84–95 % aller Vitiligo-Fälle) sowie die segmentale Vitiligo, die etwa 5–16 % aller Fälle ausmacht und sich im Pathomechanismus von der NSV unterscheidet [2]. Begleitet wird die Erkrankung häufig von einem hohen psychosozialen Leidensdruck [1,2]. Die Prävalenz der Vitiligo wird in Deutschland auf ca. 1 % (0,2–0,8 %) geschätzt [3].
Die bisher in Deutschland verfügbaren, nicht zugelassenen Behandlungsansätze wie topische Calcineurininhibitoren, topische Kortikosteroide, Licht- und Lasertherapie zeigten bisher keine ausreichende Evidenz und können sehr aufwendig in der Durchführung sein [4-7].
Mit der seit April 2023 in der EU zugelassenen Ruxolitinib-Creme (Opzelura®) steht nun erstmals ein Medikament zur Verfügung, das explizit zugelassen ist zur Behandlung der nichtsegmentalen Vitiligo mit Beteiligung des Gesichts bei Erwachsenen und Jugendlichen im Alter ab 12 Jahren [8]. In der Pathogenese der nichtsegmentalen Vitiligo spielt der JAK-STAT-Signalweg eine wesentliche Rolle (JAK: Januskinase; STAT: Signalwandler und Aktivator von Transkriptionsproteinen) [9-12]. Ruxolitinib-Creme, ein topischer JAK-Inhibitor, setzt direkt am Pathomechanismus der nichtsegmentalen Vitiligo an.
Wirkmechanismus des topischen JAK-Inhibitors
Opzelura® (Ruxolitinib-Creme) hemmt die Interferon-γ-induzierte JAK-STAT-Signalübertragung, indem es selektiv an JAK1 und JAK2 bindet [8]. Dadurch werden weniger Melanozyten-spezifische CD8+-T-Zellen angelockt, wodurch die Zerstörung der Melanozyten vermindert wird [8,9,10]. Des Weiteren wandern melanozytäre Vorläuferzellen aus den Haarfollikeln sowie den Läsionsrändern der depigmentierten Areale ein und führen dann als reife Melanozyten schrittweise zu einer Repigmentierung der Haut [9].
Zudem gewährleistet die topische Therapie mit Opzelura® auch eine Aufrechterhaltung der Repigmentierung, weil der Wirkstoff spezifisch an JAK1 bindet. Dadurch wird die Signalübertragung durch IL-15 inhibiert und es werden keine T-Gedächtniszellen aktiviert (Abb. 1) [8,11,12].
Opzelura® – Wirksamkeit in zwei Studien belegt
Die zulassungsrelevanten randomisierten und placebokontrollierten Phase-III-Studien TRuE-V1 und TRuE-V2 zeigten, dass nach 52 Wochen 50 % der Patientinnen und Patienten unter Opzelura® eine 75%ige Verbesserung der fazialen Pigmentierung (F-VASI75) erreichte (Abb. 2) [13]. Der primäre Endpunkt (F-VASI75-Ansprechen in Woche 24) wurde von signifikant mehr Patientinnen und Patienten unter Opzelura® als unter Vehikel (Placebo) erzielt (Abb. 2) [13,14]. Dabei erfolgte die Repigmentierung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den TRuE-V-Studien schrittweise [15].
Nach 12 Wochen zeigten bereits mehr als 25 % der Patientinnen und Patienten unter Opzelura® ein F-VASI50-Ansprechen [13]. In Woche 52 erreichten 3 von 4 Behandelten unter Opzelura® eine ≥ 50%ige Verbesserung der fazialen Pigmentierung gegenüber Baseline (sekundärer Endpunkt), und bei etwa einem Drittel der Patientinnen und Patienten konnte eine ≥ 90%ige faziale Repigmentierung unter der Therapie mit Opzelura® beobachtet werden [13]. Ebenso kam es nach einem Jahr bei der Hälfte der Patientinnen und Patienten zu einer ≥ 50%igen Verbesserung der gesamten Körperpigmentierung (T-VASI50-Ansprechen, sekundärer Endpunkt) [13].
Signifikant mehr Behandelte bewerteten ihre Vitiligo als „weniger wahrnehmbar“ oder „nicht mehr wahrnehmbar“ [13].
Gutes Sicherheitsprofil bei einfacher Anwendung
Das Sicherheitsprofil unter der topischen Therapie mit Ruxolitinib-Creme war günstig. Insgesamt gab es nur wenige behandlungsbedingte Studienabbrüche [13,14]. Lokale Reaktionen am Applikationsort (Akne) traten unter Opzelura® bei 5,8 % der Teilnehmenden auf. Akne ist die einzige in der Fachinformation erwähnte Nebenwirkung [8,13].
Opzelura® als erste und einzige für die Behandlung der nichtsegmentalen Vitiligo explizit zugelassene Therapie bietet noch weitere Vorteile: Durch die klinisch nicht relevante systemische Resorption wurde in den Zulassungsstudien lediglich über lokale Reaktionen berichtet. Laborwertkontrollen sind laut Fachinformation nicht vorgeschrieben [8].
Der topische JAK-Inhibitor Ruxolitinib-Creme ist die erste und einzige explizit für die Behandlung der nichtsegmentalen Vitiligo zugelassene Therapie. Damit schließt sich eine therapeutische Lücke. Die Behandlung mit Ruxolitinib-Creme bei nichtsegmentaler Vitiligo ist evidenzbasiert, bei guter Wirksamkeit und günstigem Sicherheitsprofil.
Pflichttext
OPZELURA® 15 mg/g Creme, Wirkstoff: Ruxolitinib (als Phosphat). Bevor Sie Opzelura® verschreiben, lesen Sie bitte die vollständige Fachinformation (Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels). Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Ein Gramm der Creme enthält 15 mg Ruxolitinib (als Phosphat). Sonstige Bestandteile mit bekannter Wirkung: Propylenglykol (E1520) 150 mg/g der Creme, Cetylakohol (Ph.Eur.) 30 mg/g der Creme, Stearylalkohol (Ph.Eur.) 17,5 mg/g der Creme, Methyl-4-hydroxybenzoat (E218) 1 mg/g der Creme, Propyl-4-hydroxybenzoat (Ph.Eur.) 0,5 mg/g der Creme, Butylhydroxytoluol (als Antioxidationsmittel in weißem Vaselin) (E321). Weitere sonstige Bestandteile: Dimethicon (E900), Natriumedetat (Ph.Eur.) (E385), Glycerolstearate SE, Macrogol, mittelkettige Triglyceride, dünnflüssiges Paraffin (E905), weißes Vaselin (E905), Phenoxyethanol (Ph.Eur.), Polysorbat 20 (E432), gereinigtes Wasser, Xanthangummi (E415). Anwendungsgebiete: Opzelura® wird angewendet zur Behandlung von nichtsegmentaler Vitiligo mit Beteiligung des Gesichts bei Erwachsenen und Jugendlichen im Alter ab 12 Jahren. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Schwangerschaft und Stillzeit. Nebenwirkungen: Häufige Nebenwirkungen (≥ 1/100, < 1/10): Akne an der Applikationsstelle. Verkaufsabgrenzung: Deutschland: Verschreibungspflichtig. Österreich: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Pharmakotherapeutische Gruppe: Andere Dermatika, Mittel zur Behandlung der atopischen Dermatitis, exklusive Corticosteroide, ATC-Code: D11AH09. Inhaber der Zulassung/pharmazeutischer Unternehmer: Incyte Biosciences Distribution B.V., Paasheuvelweg 25, 1105 BP Amsterdam, Niederlande. Weitere Informationen: Ausführliche Informationen zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, Nebenwirkungen sowie Dosierung und Art/Dauer der Anwendung entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation (Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels). Stand: 05/2023
1 Agarwal K et al., Dermatol Ther 2020; 33: e13215
2 Bergqvist C et al., Dermatol Basel Switz 2020; 236: 571–92
3 Mohr N et al., Clin Epidemiol 2021; 13: 373–82
4 Bibeau K et al., DNA 40th Annual Convention 2022; Poster #7
5 Abdel-Malek ZA et al., Pigment Cell Melanoma Res 2020; 33: 778–87
6 Eleftheriadou V et al., Br J Dermatol 2012; 167: 804–14
7 Taieb A et al., Br J Dermatol 2013; 168: 5–19
8 Opzelura® Fachinformation, aktueller Stand
9 Birlea SA et al., Dermatol Clin 2017; 35: 205–18
10 Strassner JP et al., Harris JE, Curr Opin Immunol 2016; 43: 81–8
11 Chen X et al., Free Radic Biol Med 2019; 139: 80–91
12 Nolz JC et al., Mol Immunol 2021; 117: 180–8
13 Rosmarin D et al., N Engl J Med 2022; 387: 1445–55
14 Rosmarin D et al., Lancet 2020; 396: 110–20
15 Incyte Biosciences International Sarl., Data on file 2023
16 CVderm. Checkliste: Indikationsstellung zur Therapie der Vitiligo bei Personen ab 12 J. mit topischen oder systemischen Innovationen [Abruf 01/2024]. Verfügbar unter: https://www.arzneimittelleitfaden.de/checklisten/
17 Persaud I et al., Int J Pharm 2020; 590: 119889
DE/OPZL/P/23/0151. Art. Nr. ICY0204
Impressum
Bericht: Elke Engels I Redaktion und Konzept: Dr. med. Christine Adderson-Kisser
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Incyte Biosciences Germany GmbH (München)
Bildnachweis: privat