Das Wachstum von Fettgewebe ist bei Kindern wichtig und gesund, bei Erwachsenen aber nicht. Wie sich das Fettgewebe von Jugendlichen und Erwachsenen unterscheidet und was das für eine Adipositastherapie bedeuten könnte, untersuchte eine aktuelle Studie [1]. Das Transporterprotein Asc-1 spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Im menschlichen Körper spielen die unterschiedlichen Arten von Fettgewebe – weißes, braunes und beiges – jeweils eine spezifische Rolle. Weißes Fettgewebe stellt den größten Anteil dar und dient in erster Linie als Energiespeicher. Die Zellen des braunen Fettgewebes enthalten sehr viele Mitochondrien. Sie verbrennen freie Fettsäuren und erzeugen so Wärme. Bei Erwachsenen kommt es nur in geringer Menge vor, Säuglinge weisen indes viel braunes Fettgewebe auf. Beige Fettzellen entstehen innerhalb des weißen Fettgewebes, enthalten jedoch mehr Mitochondrien als dieses und verbrennen ähnlich dem braunen Fettgewebe überschüssige Energie. Die erhebliche Zunahme von weißen Fettgewebe im Zuge von Adipositas wirkt sich in der Regel für den Metabolismus schädlich aus und fördert Stoffwechselerkrankungen wie das metabolische Syndrom und Diabetes mellitus Typ 2. Interessanterweise ist es bei Kindern anders: Für sie ist die Entwicklung des weißen Fettgewebes wichtige Voraussetzung für einen gesunden Stoffwechsel. Doch wie unterscheidet sich das Fettgewebe bei Jugendlichen und Erwachsenen, und könnte sich hier ein Behandlungsansatz gegen Adipositas ergeben? Diesen Fragen gingen Forschende des Helmholtz Zentrums München und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) nach. Dazu untersuchten sie im Tiermodell die Zusammensetzung von subkutanem Fettgewebe von zwei Wochen und acht Wochen alten Mäusen mithilfe der Einzelzell-RNA-Sequenzierung, einer Methode mit der sich letzlich feststellen lässt, welche Gene in einer einzelnen Zelle gerade an- oder ausgeschaltet sind [1].
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich das Fettgewebe der heranwachsenden Mäuse vor allem bezüglich Eigenschaften und Zusammensetzung der Fettvorläuferzellen von dem der adulten Mäuse stark unterscheidet. Im Fettgewebe der jungen Mäuse identifizierten sie eine spezielle Untergruppe von Fettläufervorzellen, die den Alanin-Serin-Cystein-1-Transporter (Asc-1) exprimiert. Dieser Marker von reifen weißen Adipozyten war vermehrt in dem Fettgewebe der jungen Mäuse zu finden. Asc-1 bewirkt vorwiegend eine Differenzierung der Vorläuferzellen in weiße Fettzellen, während die Bildung von „gesunden“ beigen Fettzellen aktiv unterdrückt wird. Die Forscher zeigten, dass der Verlust oder die Hemmung von Asc-1 in den „jugendlichen“ Fettvorläuferzellen spontan die Bildung von beigen Fettzellen förderte. Die Einflussnahme von Asc-1 lässt sich zumindest teilweise mit der hohen Affinität von Asc-1 zu dem Neurotransmitter D-Serin und dessen damit verbundenem intrazellulären Abtransport erklären. Denn bekannt ist, dass eine chronisch orale Gabe von D-Serin bei Mäusen die Aufnahme von fettreichem Futter sowie die glucoseabhängige Insulinsekretion aus den pankreatischen Betazellen reduziert.
FAZIT:
Die Erkenntnisse der Studie ermöglichen es, neue Strategien zu entwickeln, um die schädlichen metabolischen Folgen der Adipositas zu vermeiden. Derzeit arbeitet das Münchner Team daran, wie sich die Asc-1-Funktion im Fettgewebe von lebenden Organismen modulieren lässt, und forschen nach Wegen, die eine gesunde Expansion des Fettgewebes fördern. Damit ließe sich ein gesunder Stoffwechsel länger aufrechterhalten und somit Zeit gewinnen, um mit einem ganzheitlichen Ansatz gegen Adipositas erfolgreich vorzugehen.
Der Autor
Dr. rer. nat. Siegfried Ussar
Gruppenleiter der Arbeitsgruppe Adipozyten und Metabolismus
Helmholtz Zentrum München
1 Suwandhi L et al., Nat Commun 2021; doi: rg/10.1038/s41467-021-21826
Bildnachweis: Ruth Karlina; privat