Sowohl bei den chronischen Formen der Urtikaria, die in 60 % der Fälle länger als ein Jahr und in 18 % sogar über acht Jahre andauert, als auch bei der Psoriasis, die für die Patienten mental und physisch belastender ist, als es Typ-2-Diabetes, Krebs oder Arthritis sind, muss frühzeitig adäquat therapiert werden.
Die Urtikaria ist definiert als das Vorliegen von Quaddeln und/oder Angioödem, eröffnete PD Dr. med. Undine Lippert (Göttingen) das Thema. „Finden Sie blutige Kratzspuren, Schuppungen oder Blasen, liegt keine Quaddel vor.“ In der Diagnostik gelte das Prinzip „Weniger ist mehr!“ – auch wenn der Druck durch die Patienten hoch ist, so die Expertin. Können bei der chronisch induzierbaren Urtikaria (CindU) die Quaddeln durch Reize provoziert werden, ist die Ursachenforschung bei der chronisch spontanen Urtikaria (csU) schwieriger. Hier sollten entzündliche Erkrankungen und Infekte ausgeschlossen und ggf. verdächtige Medikamente abgesetzt werden. Eine Allergiediagnostik sollte wirklich nur bei klaren anamnestischen Hinweisen vorgenommen werden, betonte Lippert. Weiter empfehle sich die Bestimmung von Anti-TPO (Ausschluss Autoimmunthyreoiditis) und des Gesamt-IgE, dessen Bestimmung seit 2022 wieder in der Leitlinie empfohlen wird, um eine Auto-Anti-IgE-Erhöhung auszuschließen.
Besteht bei akuter Urtikaria meist kein Handlungsbedarf, ist er bei csU und CindU aufgrund der starken Einschränkung der Lebensqualität durch Juckreiz und Schwellungen v. a. im Gesicht klar gegeben. Therapeutisch reichen H1-Antihistaminika der zweiten Generation bei 40–50 % der Patienten auch nach Dosissteigerung auf das 4-Fache (off-label) nicht aus. Im nächsten Schritt kann daher zusätzlich Omalizumab 300 mg s. c. alle 4 Wochen gegeben werden – bis zu 600 mg s. c. alle 2 Wochen (off-label). Die weitere Stufe stellen H1-Antihistaminika plus Ciclosporin A (off-label) dar. Das Therapiemonitoring mittels Patiententagebuch (nur csU: Urtikaria-Aktivitäts-Score [UAS7]) sowie Kontrolltests in der Praxis (Urtikaria-Kontrolltest [UCT]) empfehlen sich.
Zum Thema Psoriasis berichtete Prof. Dr. med. Thomas Dirschka (Wuppertal), dass uns heute neben Cortison, Licht und Ditranol für jeden Patienten ein breites Armamentarium für die Behandlung zur Verfügung stehe. Gerade bei jungen Patienten mit (mittel)schwerer Psoriasis liege ein erhöhtes Myokardinfarktrisiko vor, auf das konventionelle Therapeutika wie Acitretin und Ciclosporin A keinen Einfluss hätten. „Hit hard and early!“ ist Dirschkas Appell für eine frühzeitige systemische Therapie mit Biologika wie TNF-alpha-, IL-12/23- und IL-17-Inhibitoren wie Secukinumab, unter dem in der CLEAR-Studie nach 16 Wochen in 79,0 % ein PASI-90 und in 44,3 % ein PASI-100 erreicht wurde. Auch die Entwicklung einer Psoriasis-Arthritis (PsA) könne durch frühzeitigen Biologika-Einsatz verhindert werden, erklärte PD Dr. med. Frank Behrens (Frankfurt/Main). In Studien lag die Inzidenz der PsA unter Biologika signifikant unter der bei konventioneller bzw. topischer Therapien (Inzidenz 1,81 [95%-KI 0,04–10] vs. 9,5 [95%-KI 1,9–27,5] bzw. 7,4 [95%-KI 5,8–9,4]).
Industriesymposium „Chronische Haut- und Gelenkerkrankungen im Praxisalltag frühzeitig erkennen und umfassend behandeln“ (Veranstalter: Novartis Pharma GmbH), DGIM Mai/Juni 2022