Geeignete Praxisräume zu finden, ist nicht einfach eine Frage persönlicher Vorlieben. Die zahlreichen gesetzlichen Vorgaben – von Schallschutzbestimmungen über Anforderungen an Raumhöhe oder Anzahl der bereitgestellten Parkmöglichkeiten bis hin zu barrierefreien Toiletten – können bei Nichteinhaltung teuer werden.
Wer im Immobiliengeschäft Fehler macht, bezahlt meist lange und viel. Etwa, wenn ein Arzt eine Praxis ohne Erweiterungsfläche langfristig mietet. Oder wenn die Lage zu wenig Frequenz bringt, um Zusatzleistungen anbieten zu können. Auch Vermieter, die nicht renovieren oder bei Wasserschäden die Füße still halten, können Praxisinhaber Geld, Nerven und letztlich sogar die Existenz kosten.
Nutzung
Zuerst sollten angehende Praxisinhaber klären, ob die Räume überhaupt als Praxis nutzbar sind. Ob die Altbauwohnung, das ehemalige Büro oder die Etage im Mehrfamilienhaus als Arztpraxis nutzbar ist, weiß das örtliche Bauamt. Falls umgenutzt, erweitert oder umgebaut wird, sollte ein Architekt mit im Boot sein und eine informelle Bauvoranfrage stellen. Das kostet zwar, ist jedoch ratsam. Denn spätestens, wenn die zuständige Behörde auf einem Baugesuch besteht, können über den informellen Weg Hürden ausgeräumt werden.
Barrierefreiheit und Parkplätze
Wer einen Neubau anstrebt oder Altbau umnutzen will, muss dafür sorgen, dass die Räume barrierefrei zugänglich sind. Falls diese in einem höheren Stockwerk liegen, bedeutet das: Es braucht einen Aufzug. Alte Patienten und Menschen mit Behinderung müssen ohne Hindernisse in die Praxis gelangen können. Gegebenenfalls müssen Rampen oder Treppenlifte eingebaut werden. Zudem sind Parkplätze und eine ÖPNV-Anbindung nötig. Denn: Fehlen Stellplätze, berechnen Städte und Gemeinden bis zu 20.000 Euro Ablöse.
Grundriss und Erweiterungsoptionen
Praxisgrundrisse sollten arbeitsökonomisch sein, einen Sichtschutz beim Wechsel der Behandlungszimmer bieten, Diskretion (DSGVO) am Empfang gewährleisten und Blickachsen von der Anmeldung zum Wartebereich haben.
Sinnvoll können mitunter getrennte Eingänge und Wartezonen für Privat- und Kassenpatienten sein. Erweiterungen auf derselben Etage sind ideal – mit Flächen von 200 bis 400 m2. Auch sollten die tragenden Wände bekannt und die Statik geprüft sein, damit ein Durchbruch in die Nachbareinheit bei Bedarf machbar und später unsichtbar ist.
Umfeld und Infrastruktur
Ein Augenmerk verdient die Infrastruktur rund um die Praxisimmobilie. Ist diese erstklassig, zieht dies Patienten und Personal an. Top-Lagen sind leicht erreichbare und gut frequentierte Ortsmitten. Kostenlose Parkplätze und Bus- oder Bahn-Stopps in der Nähe sind genauso wichtig wie eine Bankfiliale, ein Bäcker und Bistros in der Umgebung. Eine Apotheke im Haus ist perfekt.
Der Internet-Hausanschluss ist Vermietersache. Am besten sollte dieser aus Glasfaser sein. Die Stromversorgung muss stabil sein, mit regelmäßigen E-Checks. KFZ-Ladestationen und Photovoltaik auf dem Dach gehören bei einer Praxisimmobilie heute zum Standard.
Mietpreiskorridor
Wer Praxisräume mietet, sollte auf die Ausstattung Wert legen. Schalldichte Türen, rutschfeste und strapazierfähige Böden, versetzte Wände und manches zusätzliche Waschbecken können ins Geld gehen. Helfen kann es, einen Mietpreiskorridor von 2 Euro pro m2 zu vereinbaren. Um diesen kann die ortsübliche Miete angepasst werden. Das liefert eine gewisse Freiheit, um noch während des Umbaus umplanen zu können.
Schallschutz und Raumhöhe
Laut Arbeitsschutzverordnung unterliegen Praxen gesetzlichen Regelungen zum Schallschutz, vor allem aber auch zum Datenschutz. Maximal 85 Dezibel – was einem Rasenmähergeräusch entspricht – sind zulässig. Wer jedoch besser dämmt, kann eine Zimmerlautstärke von 45 Dezibel erreichen. Das ist in etwa so leise wie ein ruhiges Telefonat. Dazu sollten Schallbrücken wie Steckdosen entfernt und Türschlitze gedämmt werden.
Geregelt ist zudem die Raumhöhe in Praxen. Sie beträgt 2,5 m – bedeutet: Mancher Altbau aus den 1970er-Jahren oder früher entfällt dadurch als Praxismöglichkeit.
Fluchtwege, Raumgröße und WC
Wird eine Praxis renoviert, muss darauf geachtet werden, dass Fluchtwege und Notausgänge gut erkennbar sind, idealerweise durch Farben und Leuchttafeln. Das ist übrigens Sache des Vermieters. Auch die Raumgröße müssen Praxisinhaber beachten. Die Mindestanforderung beträgt 8 m2. Mitarbeiter müssen sich ungehindert bewegen können, die freie Bewegungsfläche sollte 1,5 m2 nicht unterschreiten. Auch die Fenster sollten sich problemlos öffnen und schließen lassen. Im Eingangsbereich muss ein Feuermelder montiert werden.
Zum Datenschutz gehört, Wartezonen akustisch von der Anmeldung zu trennen. Zudem empfiehlt es sich, die Räume mit Klimatechnik auszustatten. Bei > 10 Mitarbeitern ist ein Pausen-/Büroraum vorzusehen. Bei < 10 Beschäftigten reicht ein WC mit Waschbecken aus, sind es > 9, müssen die sanitären Anlagen nach Geschlechtern getrennt sein. Für Patienten ist ein barrierefreies WC ein Muss.
Damit neue Praxisräume nicht zum Reinfall werden, gilt es einige Aspekte zu beachten. An erster Stelle steht der passende Grundriss, doch auch die Lage der Immobilie ist nicht unwichtig. Um Umbaukosten längerfristig zu verteilen, hilft ein Mietpreiskorridor. Oft vergessen werden aber auch die Parkplätze – was am Ende teuer werden kann. Eine Bauvoranfrage hilft, unschöne Fettnäpfchen zu eliminieren. Nicht selten unterschätzt wird der Standort hinsichtlich der Personalfrage – denn eine zentrale Immobilie zieht Fachkräfte an.
Der Autor
Daniel Mudroh
Geschäftsführer der Palm KG
Quartiersentwickler und Manager von 13 Ärztehäusern und 12 Apotheken bundesweit
73614 Schorndorf
Bildnachweis: privat