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Allgemeinmedizin

Azidose und Krebs

Stimulation der PD-L1-Expression auf Tumorzellen reduzieren

Dr. med. Peter Stiefelhagen

22.7.2024

Entscheidend für die Wirksamkeit von Checkpoint-Inhibitoren ist auch das Microenvironment. Eine neuere Studie liefert Hinweise dafür, dass eine Azidose die Wirksamkeit einer Immuntherapie abschwächt. Naheliegend scheint eine Korrektur des pH-Werts, um die Wirksamkeit zu optimieren.

Maligne Tumoren sind in der Lage, die körpereigene Immunreaktion auszuschalten und damit die Entstehung und Progression von Tumoren zu begünstigen. Dies erfolgt über Checkpoints auf den Tumorzellen wie PD-1. Die Einführung der Checkpoint-Inhibitoren hat die Tumortherapie in revolutionärer Weise verändert. Sie schalten entweder das PD-1 direkt aus oder sie blockieren dessen ­Liganden (PD-L1).

Eine solche Immuntherapie hat sich bei immer mehr Tumoren als wirksam erwiesen. Besonders effektiv gestaltet sich diese Therapie beim fortgeschrittenen malignen Melanom und beim fortgeschrittenen nicht kleinzelligen Lungenkarzinom.

Welche Faktoren limitieren die Immuntherapie?

Doch längst nicht alle betroffenen Tumorpatienten und -patientinnen entwickeln unter der Immuntherapie eine komplette Remission. Mit anderen Worten, die Wirksamkeit wird limitiert. Der Punkt ist nur, wodurch? Beim fort­geschrittenen malignen Melanom liegt die Rate an kompletten Remissionen bei 16 %, und 25 % zeigen eine partielle Remission. Die 5-Jahres-Gesamtüberlebenszeit liegt bei 35 %. Die Frage nach den ­Mechanismen, die für die primäre oder sekundäre Resistenz verantwortlich sind, ist Gegenstand aktueller Forschungsaktivitäten. Eine wichtige Rolle dabei spielt das Microenvironment. Dieses ist in Abhängigkeit vom Tumor sehr heterogen. In der Regel ist es hypoxisch und azidotisch. Dadurch wird die Potenz der immunologisch aktiven Zellen geschwächt mit der Folge, dass die Interferon- (IFN-)γ-vermittelte PD-L1-Expression ansteigt. ­Demnach dürfte ein azidotisches Microenvironment, das bei vielen soliden Tumoren vorliegt, die Wirksamkeit der Immuntherapie beeinträchtigen. Somit würde die Azidose den Tumorzellen auf verschiedenen ­Wegen helfen, sich der Immuntherapie zu entziehen. Der Tumor verliert durch die Azidose ­teilweise oder komplett seine Immunogenität.

Azidose steigert die PD-L1-Expression in Tumorzellen

In einer experimentellen Studie konnte jetzt gezeigt werden, dass eine Azidose die Bildung von IFN-γ-induziertem PD-L1 stimuliert und somit die Wirksamkeit einer Immuntherapie beeinträchtigt bis hin zur primären Resistenz. Die PD-L1-Bildung wird von INF-γ, welches von Lymphozyten im Tumorgewebe gebildet wird, reguliert. Die Azidose führt zu einer Stimulation eines Signalwegs mit konsekutiver ­Erschöpfung der T-Lymphozyten mit gesteigerter PD-L1-Expression aus den Tumorzellen. Dies ermöglicht es den malignen Zellen, sich dem Angriff des Immunsystems zu entziehen.

Die Studie wurde mit eukaryoten Mäuse- und ­humanen Zellen aus aggressiven soliden Tumoren durchgeführt. Der negative Effekt der PD-L1-Stimulation bei Azidose zeigte sich nur bei Zellen aus ­Tumoren, die auf eine Anti-PD-L1-Gabe reagierten, aber nicht, wenn diese Tumoren kein Ansprechen auf PD-L1-Inhibitoren zeigten.

Neue Strategien zur Verbesserung der Wirksamkeit einer Immuntherapie

In-vivo-Untersuchungen konnten diese experimentellen Befunde bestätigen. Sie zeigen, dass die Korrektur der Azidose durch Gabe eines oralen Natriumbicarbonat-Präparats die IFN-γ-induzierte PD-L1-Bildung unterdrückt und somit die Invasion von Immunzellen bei Anti-PD-L1-sensiblen Tumoren erleichtert.

Diese Daten haben große, ­klinisch relevante Bedeutung, wenn es um die Entwicklung neuer Strategien zur Verbesserung der Wirksamkeit der Immuntherapie geht. Die Autoren und Autorinnen der Studie vertreten die Ansicht, dass die IFN-γ-induzierte Expression von PD-L1 einen wichtigen prädiktiven Biomarker für das Ansprechen auf eine Immuntherapie darstellen könnte.

Die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren ist bei vielen aggressiven Tumoren eine ­moderne gut wirksame und gut verträgliche Therapie­option. Ein azidotisches Microen­vironment kann über eine vermehrte IFN-­γ-vermittelte PD-L1-Expression die Wirksamkeit der Immuntherapie gefährden. Deshalb stellt bei Tumorbetroffenen die ­Korrektur der Tumorazidose einen interessanten ­Therapieansatz dar.

Knopf et al., Molecular cancer 2023; 22: 207

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