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Dermatologie

Sexuell übertragbare Krankheiten

STI-Diagnostik - wenn Haut und Kasse auf der Probe stehen

Dr. med. Anja Potthoff, Inas Al Aloush

28.2.2025

Die Diagnostik sexuell übertragbarer Infektionen ist eine zentrale Aufgabe in der dermatologischen Versorgung und vielen anderen Fachrichtungen. Doch wen sollte man testen, welche Testmethoden sind die besten und welche Kosten übernimmt die Krankenkasse? Dieser Artikel liefert Antworten und gibt praktische Empfehlungen.

Sexuell übertragbare Infektionen (STI) sind weltweit ein wachsendes Problem. Das Robert Koch-Institut dokumentiert in Deutschland einen alarmierenden Anstieg bei Gonorrhö und Syphilis. Im Jahr 2018 war die Gonorrhö mit über 100 000 Infektionen aus 28 Ländern die zweithäufigste gemeldete STI in der Europäischen Union (EU) [1], während Chlamydien und HPV weiterhin zu den häufigsten STI-Infektionen weltweit zählen [2]. Verschiedene Fachrichtungen, darunter Allgemeinmedizin, Gynäkologie, Urologie und auch die Dermatologie, sind mit der Diagnostik solcher Infektionen konfrontiert.

Besonders besorgniserregend ist der signifikante Anstieg antibiotikaresistenter Gonokokken [3] und Mykoplasmen [4], der die Behandlungsoptionen stark einschränkt. Zusätzlich werden vulnerable Gruppen, darunter junge Menschen, ältere Erwachsene sowie marginalisierte Personengruppen, nicht ausreichend durch Prävention und Therapie erreicht. Sprachbarrieren, gesellschaftliche Tabus und der eingeschränkte Zugang zum Gesundheitssystem behindern eine umfassende Versorgung [5].

Diagnostik: Wen testen und wann?

Der Diagnostik soll immer ein ausführliches Gespräch vorangehen, da die Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Erreger in Betracht kommen, in hohem Maße von klinischem Befund, Alter, Geschlecht und Sexualanamnese abhängt. Besonders bei asymp­tomatischen Personen ohne klare Risikofaktoren sollte die Sinnhaftigkeit einer breiten Testung diskutiert werden. Hier kann ein positiver Befund oft zu unnötigen Ängsten und Behandlungen führen, ohne dass ein klinischer Nutzen besteht [6].

Symptomatische Personen mit Hautausschlagoder Ulzera im Genital- oder Analbereich

Diese Personengruppe sollte gezielt auf Infektionen untersucht werden, die typischerweise solche ­Erscheinungen hervorrufen. Dazu gehören:

  • Syphilis: Typisch sind schmerzlose Ulzera im Primär­stadium (Ulcus durum), später nicht juckende Exantheme mit Beteiligung der Handflächen und Fußsohlen (Abb.).
  • Herpes genitalis: Häufig treten schmerzhafte ­Bläschen auf.
  • Mpox: Charakteristisch sind scharf begrenzte, meist hautfarbene Pusteln mit zentraler Eindellung oder Krustenbildung. Je nach Immunstatus ­können allgemeine grippeähnliche Beschwerden oder ein allgemeines Unwohlsein hinzukommen.
  • HPV-assoziierte Veränderungen: Typisch sind ­ano­genitale Warzen oder genitale intraepitheliale Neoplasien.

Weisen die klinischen Zeichen und die Anamnese nicht eindeutig auf eine STI hin, sollten auch andere Differenzialdiagnosen berücksichtigt werden wie:

  • Pilzinfektionen
  • entzündliche Hauterkrankungen, z. B. Lichen ­planus oder Lichen sclerosus
  • andere nicht sexuell übertragbare Dermatosen

Symptomatische Personen ohne Hautausschlag oder Ulzera

Diese Patientinnen und Patienten weisen häufig Beschwerden wie Dysurie, Lymphknotenschwellung, skrotale Schwellung, rektale Blutung oder Ausfluss auf. Bei Frauen treten zusätzlich Fluor ­genitalis oder Unterbauchschmerzen auf, die mit oder ohne Dyspareunie einhergehen können. Die häufigsten Erreger, die solche Symptome verursachen, sind Neisseria gonorrhoeae, Chlamydia ­trachomatis, Trichomonas vaginalis, Erreger einer bakteriellen Vaginose oder Mycoplasma genitalis [6].

Asymptomatische Personen

Oft verursachen STI jedoch keine Schmerzen oder andere Symptome und bleiben deshalb unbemerkt und unbehandelt. Je nach Infektion ist eine Partneruntersuchung und ggf. Behandlung zur Vermeidung von Reinfektionen besonders wichtig [7]. Ebenfalls wichtig sind Kontrolluntersuchungen (Test of Cure) nach einer behandelten Infektion. Beide sind bei entsprechender Begründung Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen.

Gleiches gilt für Personen, die eine Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) gegen HIV einnehmen, und Schwangere, die im Zuge der Mutterschaftsvorsorge routinemäßig auf Syphilis, Chlamydien, HIV und Hepatitis B getestet werden, um Risiken für Mutter und Kind zu minimieren.

Abhängig vom Gebrauch von Kondomen sowie unter Berücksichtigung der Anzahl der Sexualpartner und -partnerinnen und ggf. des Drogenkonsums sollten bei wechselnden Geschlechtspartnerinnen und -partnern mindestens jährlich Untersuchungen, z.  B. auf HIV, Syphilis, Gonorrhö, Chlamydien und Hepatitis C, durchgeführt werden. Anonyme und meist kostenlose Tests sind in den Gesundheitsämtern möglich [6].

Erreger und Testmethoden

Für eine zielgerichtete Diagnostik ist es entscheidend, die spezifischen Testmethoden sowie deren Indikationen zu kennen. Zur schnellen Orientierung in der Praxis kann der Leitfaden zur STI-Therapie wertvolle Hinweise anhand der aktuellen Leitlinien der DSTIG zu Diagnostik, Therapie und Prävention bieten (Kasten).

Die Multiplex-Diagnostik erlaubt eine gleichzeitige Untersuchung auf mehrere Erreger und ermöglicht eine gezielte Therapie. Sie reduziert die Entstehung von Resistenzen, die durch unzureichende Dosierungen bei unentdeckten Begleiterregern entstehen könnten. Dieses Verfahren hat sich zunehmend als Standard etabliert, ist aber auch umstritten, da die zur Verfügung stehenden Erregerpanels nicht immer klinisch sinnvoll sind. Die Möglichkeit zur genotypischen Resistenzbestimmung wird bisher aufgrund der fehlenden Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung nicht ausreichend genutzt [8,9].

Tabellarisch werden die häufigsten Erreger sexuell übertragbarer Infektionen aufgeführt, unterteilt in bakterielle Infektionen (Tab. 1) und virale ­Infektionen (Tab. 2). Jede Tabelle enthält die empfohlenen Testmethoden sowie ergänzende Erläuterungen zur diagnostischen Vorgehensweise.

Selbsttest

STI-Selbsttests als Selbstzahlerleistung ermöglichen es, sexuell übertragbare Infektionen wie eine Chlamydien-Infektion, Gonorrhö, Syphilis oder HIV-Erkrankung eigenständig zu Hause zu erkennen. Die Probenentnahme erfolgt dabei durch Urinproben, Abstriche oder Blutproben, die anschließend zur Analyse an ein zertifiziertes Labor gesendet wird. Die Qualität von selbst durchzuführenden „Schnell“-Tests ist sehr unterschiedlich. Zudem ist z. B. beim Syphilis-Test zu beachten, dass Reinfektionen nicht von vorherigen Infektionen unterschieden werden können.

Abrechnung: Was übernimmt die Krankenkasse?

  • Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) übernimmt die Kosten für STI-Diagnostik, wenn ein medizinischer Grund vorliegt. Tests bei Symptomen, Untersuchungen im Zuge der Schwangerschaftsvorsorge, Partnerbehandlungen und Tests bei konkretem Verdacht werden vollständig übernommen.
  • Für sexuell aktive Personen bis 25 Jahre bietet die GKV einmal jährlich eine kostenfreie Chlamydien-Untersuchung an.
  • Seit dem Jahr 2021 ist einmalig ein Test auf die Hepatitis-Viren Typ B und C im Zuge der Gesundheitsuntersuchung (Check-up 35) vorgesehen.
  • Schutzimpfungen gegen Hepatitis A und B und die MPX-Impfung werden bei erhöhtem Infektionsrisiko, z. B. bei Analverkehr, bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), bei wechselnden Partnern, übernommen. Je nach Krankenkasse kann die Kostenübernahme für die HPV-Impfung ab dem 18. Lebensjahr auf Antrag erfolgen. Viele Kassen übernehmen die Kosten bis zum 27. Lebensjahr auch ohne Antrag.
  • Wunschtests ohne medizinischen Grund müssen privat bezahlt werden. Hierbei handelt es sich um sogenannte Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). Eine transparente Beratung über die Kosten und den medizinischen Nutzen dieser Tests ist essenziell.

Prävention

Die STIKO empfiehlt folgende Impfungen im Kontext sexuell übertragbarer Infektionen [12]:

Eine Impfung gegen Hepatitis A und B wird für Personen mit erhöhtem Risiko empfohlen (z. B. bei Analverkehr, MSM, sexuell aktiven Personen mit wechselnden Partnern bzw. Partnerinnen und Drogenkonsumenten).

Die HPV-Impfung wird von der STIKO für alle Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren mit 2 Impfdosen im Abstand von 5 bis 12 Monaten empfohlen. Nachholimpfungen sollten bis zum Alter von 17 Jahren erfolgen – dann sind 3 Impfstoffdosen erforderlich. Der Impfstoff kann jedoch auch für ältere Personen von Bedeutung sein, insbesondere MSM, sowie Personen mit (geplanter) Immunsuppression. Je nach Krankenkasse kann eine Kostenübernahme auf Antrag erfolgen. Viele Kassen übernehmen bis zum 27. Lebensjahr auch ohne Antrag die Kosten.

Die STIKO empfiehlt außerdem die Impfung gegen Mpox für die Post-Expositions-Prophylaxe nach Mpox-Exposition von asymptomatischen Personen im Alter von ≥ 18 Jahren oder als Indikationsimpfung von Personen mit einem erhöhten Expositions- und Infektionsrisiko (z. B. während eines Mpox-Ausbruchs). Hierzu zählen derzeit MSM ≥ 18 Jahre, die häufig die Partner wechseln. Die Immunisierung erfolgt mit 2 Impfdosen im Abstand von mindestens 28 Tagen.

Die Autorin

Dr. med. Anja Potthoff
Leitende Abteilungsärztin

anja.potthoff@klinikum-bochum.de

WIR – Walk In Ruhr, Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Ruhr-Universität Bochum

Die Autorin

Inas Al Aloush
Assistenzärztin

inas.alaloush@klinikum-bochum.de

WIR – Walk In Ruhr, Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Ruhr-Universität Bochum

  1. Robert Koch-Institut. Infektionskrankheiten A–Z: Sexuell übertragbare Infektionen (STI). Letzter Zugriff: 06.01.2025. Verfügbar unter: https://www.rki.de/STI
  2. World Health Organization (WHO). Sexually transmitted infections (STIs): Fact sheet. Letzter Zugriff: 06.01.2025. Verfügbar unter: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/sexually-transmitted-infections-(stis)
  3. Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 45/2023. Letzter Zugriff: 06.01.2025. Verfügbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2023/Ausgaben/45_23.pdf?__blob=publicationFile
  4. Jensen JS et al., JEADV 2022; 36: 641–50
  5. Bunt-Diversitas. Bericht über gesundheitliche Ungleich­heiten bei STI-Prävention. Letzter Zugriff: 06.01.2025. Verfügbar unter: https://www.bunt-diversitas.de
  6. S2k-Leitlinie „Sexuell übertragbare Infektionen (STI) – Beratung, Diagnostik, Therapie“; AWMF-Reg.-Nr. 059/006; 2018
  7. Tiplica GS et al., JEADV 2015; 29: 1251–7
  8. Rasokat H et al., Mykoplasmen – testen und therapieren? Oberhaching: andmore-Media; 2025. Letzter Zugriff: 06.01.2025. Verfügbar unter: https://www.infectionandmore.de/archiv/2019-1/mykoplasmen-testen-und-therapieren.html
  9. Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG). STI-Leitfaden. Auflage 2023/2024. Letzter Zugriff: 06.01.2025. Verfügbar unter: https://www.dstig.de/images/DSTIG-Flyer/sti-leitfaden_deutsch_3.1_20200213.pdf
  10. AWMF. S3-Leitlinie „Prävention des Zervixkarzinoms“. Letzter Zugriff: 06.01.2025. Verfügbar unter: https://www.awmf.org/leitlinien
  11. S2k-Leitlinie „Anale Dysplasien und Analkarzinom-Screening bei Menschen mit HIV“. Letzter Zugriff: 06.01.2025. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/055-007l_S2k_Anale-Dysplasien-Analkarzinom-Screening-Menschen-mit-HIV_2024-11.pdf  
  12. Robert Koch-Institut. Empfehlungen der STIKO. Letzter Zugriff: 06.01.2025. Verfügbar unter: https://www.rki.de/STIKO

Bildnachweis: Dr. med. Viktor Czaika, Peakstock (Adobe Stock); privat

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