Die ästhetische Dermatologie ist seit Jahren ein Wachstumsmarkt, der gerade aus wirtschaftlicher Sicht für Dermatologen besonders interessant ist. Auch bei weniger invasiven Behandlungen kann es zu teils gravierenden Komplikationen und Nebenwirkungen kommen, die es unbedingt zu vermeiden bzw. frühzeitig zu erkennen gilt.
Leistungen aus dem Bereich der ästhetischen Dermatologie weisen seit Jahren erhebliche Wachstumsraten auf. So nimmt der Einsatz von Fillern um ca. 6,3 % pro Jahr zu. Wohl die meisten Dermatologen bieten inzwischen ästhetische Behandlungen – die sich durch eine günstige Kosten-Nutzen-Relation und damit eine hohe Wirtschaftlichkeit auszeichnen – zur „Abrundung“ ihres Leistungsspektrums mit an, auch wenn sie hier nicht notwendigerweise ihren Schwerpunkt sehen. Diese Leistungen werden in der Regel weder zu Lasten der gesetzlichen noch der privaten Krankenversicherung erbracht (> Abrechnung) und weiten damit den „Dritten Markt“ der Selbstzahler-Medizin aus, berichtete Prof. Dr. med. Thomas Dirschka (Wuppertal). Allerdings ist gerade bei solchen Eingriffen ohne medizinische Notwendigkeit die Kenntnis möglicher Komplikationen besonders wichtig, auch wenn es sich um nur wenig invasive Verfahren handelt.
Filler
Hyaluronsäure-Filler gehören zum Standard-Armamentarium in der wenig invasiven ästhetischen Dermatologie. Akute Komplikationen können durch den Injektionsprozess selbst bedingt sein, z. B. Rötungen, Schwellungen und kleine Hämatome, die meist schwach und selbstlimitierend sind. Zu empfehlen sind Kompression, Kühlung und leichte Massage des Behandlungsareals unmittelbar nach der Injektion. Anaphylaxien sind sehr selten und resultieren aus einer Typ-I-Reaktion auf Lidocain oder den Crosslinkern der Substanzen.
Anders verhält es sich mit Reaktionen, die erst nach Tagen oder Wochen auftreten. Relativ häufig sind Traumata, Hämatome oder Überkorrekturen, die sich durch Injektionen mit Hyaluronidase (Achtung: Off-Label-Use!) behandeln lassen. Problematischer sind Delayed Inflammatory Reactions (DIR), deren Ursachen noch nicht genau geklärt sind und für die es daher noch keine gesicherten Behandlungsempfehlungen gibt. Da bakteriologische Kofaktoren als Mitauslöser vermutet werden, werden systemische Antibiotika empfohlen.
Besonders gefährlich sind versehentliche Injektionen von Fillern in Arterien im Bereich des Gesichtsschädels, die eine der schwerstwiegenden Komplikationen der minimalinvasiven ästhetischen Dermatologie darstellen. Auch eine externe Gefäßkompression durch den Filler kann ähnliche Folgen haben, nämlich eine Ischämie und einen möglicherweise weitreichenden Gewebeuntergang im Versorgungsbereich der betroffenen Gefäße. Daher kommt Rezirkulations-Kreisläufen mit Verbindungen von Gesichtsarterien zur A. ophthalmica und A. centralis retinae oder zu intrakraniellen Gefäßen eine große Bedeutung zu: intraarterielle Injektionen können hier zu Erblindung oder Schlaganfall führen! Aus diesem Grund sind detaillierte Kenntnisse des Verlaufs der großen Gesichtsarterien und ihrer Abgänge sowie die Berücksichtigung der hohen Variabilität der Gefäßverläufe eine entscheidende Voraussetzung für die Behandlungen mit Fillern, forderte Dirschka. Die Kenntnis der Hochrisikoareale und eine besonders umsichtige Injektionstechnik (Aspiration, langsame Injektion nur geringer Mengen) seien äußerst wichtig und erforderten eine besondere Ausbildung.
Autologes Fat Grafting
Neben dem Einsatz von Fillern hat in den vergangenen Jahren das Autologe Fat Grafting (AFG) an Bedeutung gewonnen. Zwar werden 50 % des injizierten Fettes nach wenigen Wochen resorbiert, doch verbleibt der übrige Teil über Jahre vor Ort und löst sich nicht auf wie Hyaluronsäure-Filler. Zudem sind keine allergischen Reaktionen zu befürchten.
Allerdings muss das (körpereigene) Fett zunächst entnommen, dann aufbereitet und injiziert werden – ein Vorgang, der eine präzise Prozesslogistik und die sorgfältige Einhaltung der Hygiene erfordert. Der Aufbereitungsprozess des Fettgewebes sowie dessen fehlende Vaskularisation bedingen ein erhöhtes Infektionsrisiko, v. a. durch atypische Mykobakterien. Typischerweise kommt es dabei zu einer abszessartigen Transformation des Injektionsareals. Fettnekrosen bzw. Ölzysten treten dagegen Tage bis Wochen nach der Fettinjektion auf und erfordern die Eröffnung und Drainage des Behandlungsareals.
Problematisch sind zudem AFG-Behandlungen im Brustbereich, da das radiologische Erkennen eines Mammakarzinoms nach Lipofilling erschwert sein kann. Außerdem kommt es nicht selten zu Kalzifikationen im Behandlungsareal, die diese Problematik weiter verstärken.
Schließlich besteht auch beim AFG die Gefahr einer intraarteriellen Injektion: hierbei ist der Sehverlust in den meisten Fällen schwer und irreversibel! Die wichtigste Sofortmaßnahme bei okulären Komplikationen besteht darin, den Patienten sofort in ein opthalmologisches Zentrum mit Retina-Expertise zu überstellen. Dies muss innerhalb von 90 Minuten geschehen, da danach der Schaden an der Retina irreversibel ist, betonte Dirschka.
Seines Erachtens müsste auf diese Risiken viel stärker hingewiesen werden. Bei der Sichtung von 25 Patienteninformationen zum AFG verschiedener Behandlungszentren im Internet sei immer nur auf „gewisse Infektionsrisiken“, Schwellungen und Hämatome hingewiesen, während das behandlungsspezifische Problem „Erblindung“ komplett verschwiegen werde.
FAZIT: Unter den ästhetischen Leistungen in der Dermatologie gewinnen die Hyaluronsäure-Filler-Injektion sowie das Autologe Fat Grafting zunehmend an Bedeutung. Die genaue Kenntnis der möglichen Akut- oder Spätkomplikationen ist auch hier ein wichtiges Thema, über das der Patient gut aufgeklärt werden muss. Denn auch bei wenig invasiven Behandlungen kann es mitunter zu schwerwiegenden Folgen wie Erblindung oder Schlaganfall kommen.
15. Dermatologie-Update-Seminar (Veranstalter: med update GmbH), November 2021