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Allgemeinmedizin

Ankylosierende Spondylitis

Schmerzen und Entzündung bei Morbus Bechterew konservativ lindern

Prof. Dr. med. Xenofon Baraliakos

21.6.2022

Bei der Autoimmunerkrankung Morbus Bechterew richtet sich die körpereigene Abwehr gegen sich selbst, wodurch sich die Wirbelsäule dauerhaft entzündet. Das führt letzlich zu einer Verknöcherung der betroffenen Knochen. Dieser Einsteifung sollte frühzeitig therapeutisch entgegengewirkt werden.

Die ankylosierende Spondylitis (auch Morbus Bechterew oder AS genannt) ist eine vor allem das Achsenskelett (d. h. die Wirbelsäule und das Becken) betreffende rheumatische Erkrankung, die den ­Spondyloarthritiden (SpA) zugerechnet wird. Unter dem Oberbegriff Spondyloarthritiden wird eine Gruppe von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zusammengefasst, die typische klinische und genetische Gemeinsamkeiten aufweisen. Dazu rechnet man neben der AS u. a. auch:

  • die Gelenkentzündung (Arthritis) bei Schuppenflechte (Psoriasis-Arthritis, PsA),
  • die Arthritis nach einer Infektion (reaktive Arthritis), typischerweise Wochen nach einer vorausgehenden Infektion im Urogenital-, Darm- oder Respirationstrakt auftretend, sowie
  • die Arthritiden, die im Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa vorkommen.

Die AS wurde lange Zeit auf Basis von Röntgenbildern erkannt. Seit einigen Jahren weiß man aber, dass die Kernspintomografie der Sakroiliakalgelenke und/oder der Wirbelsäule ein viel besseres Verfahren ist, die akute Entzündung zu erfassen, und zwar bevor die betroffenen Knochen einen Schaden davongetragen haben, der dann im Röntgenbild sichtbar ist.

Besonders typisch für die AS, aber auch bei anderen Spondyloarthritiden vorkommend, ist die Beteiligung des Achsenskeletts und der Sehnenansätze (Enthesen), wobei neben der Entzündung (Sakroiliitis, Spondylitis; Abb.) auch die übermäßige Knochenneubildung mit daraus resultierender Versteifung charakteristisch ist.

Die familiäre Häufung der Spondyloarthritiden sind zum Teil durch die vor allem bei der AS starken ­Assoziation mit dem Genmarker HLA-B27 zu erklären, andere Gene wurden erst kürzlich entdeckt. Die klinischen Manifestationen der AS beginnen üblicherweise im späten Adoleszenzalter oder frühen Erwachsenenalter. Das mittlere Erkrankungsalter ist 26 Jahre. Ein Beginn nach dem 45. Lebensjahr ist eher selten.

Vielfältige Symptome

Der Befall des Achsenskeletts, in frühen Stadien vor allem des tiefen Rückenbereichs, ist für die AS kennzeichnend. Die Mehrzahl der Patienten beklagt den typischen entzündlichen Rückenschmerz, charakterisiert durch:

  • morgendliche Schmerzen und Steifigkeit länger als 30 Minuten,
  • Schmerzmaximum in der zweiten Nachthälfte und in den frühen Morgenstunden, häufig mit Durchschlafstörungen,
  • wechselseitigen Gesäßschmerz,
  • Linderung der Symptomatik durch Bewegung sowie
  • oft, aber nicht immer deutliche Besserung durch nicht steroidale Antiphlogistika innerhalb von 24 Stunden.

Eine periphere Arthritis wird bei 20–50 % der Patienten mit AS während des Krankheitsverlaufs ­beobachtet. Oft handelt es sich um eine intermittierend auftretende, eher selten knochenschädigende Arthritis. Dies ist bei der klassischen Psoriasis-Arthritis, die nicht selten erosiv verläuft, anders.

Auch Sehnenansatzentzündungen sind möglich: So werden bei den Spondyloarthritiden an vielen Enthesen, z. B. Achillessehnenansatz, Plantarfaszie am Fuß, Entzündungsprozesses gefunden. Ihr Ausmaß und der damit verbundene Schmerz ist unterschiedlich ausgeprägt, zum Teil kommt es zu erheblichen Funktionseinschränkungen.

Zudem kann es neben den Symptomen im Bewegungsapparat bei Spondyloarthritiden zu extraartikulären Manifestationen, z. B. Augenentzündungen (anteriore Uveitis), Darmentzündung (Colitis) oder Schuppenflechte der Haut (Psoriasis), und verschiedenen anderen Nebenerkrankungen, z. B. Herz- und Gefäßerkrankungen oder Osteoporose, ­kommen.

Auch an Biologika/JAK-Inhibitoren denken

Das Behandlungsziel der ankylosierenden Spondy­litis besteht neben der grundsätzlich wichtigen Patienteninformation und Schulung vor allem in der Reduk­tion von Schmerz und Entzündung, um die körperliche Funktion zu erhalten und Behinderung langfristig zu vermeiden.

Therapie der Wahl stellen nicht steroidale Antiphlogistika (NSAR, z. B. Ibuprofen, Diclofenac) und ­physikalische Maßnahmen dar. Bei der auf die Schmerzfreiheit der Patienten zielenden NSAR-­Gabe ist das gastrointestinale, kardiovaskuläre und renale Risikopotenzial der Patienten zu beachten.

Wenn die Anwendung oder der Wechsel der NSAR zu keiner Änderung der Beschwerden führt, sollten nach internationalen und nationalen Leitlinien andere Behandlungskonzepte wie Biologika (Tumornekrosefaktor[TNF]-alpha-Blocker, Interleukin[IL]-17-Blocker) oder neuere Medikamente wie die JAK-Inhibitoren angewandt werden. Dadurch soll nicht nur die Entzündung, sondern auch langfristig die Versteifung vermieden werden.

Der Autor

Prof. Dr. med. Xenofon Baraliakos
Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie
Facharzt für Orthopädie
Rheumazentrum Ruhrgebiet Herne
Ruhr-Universität Bochum

xenofon.baraliakos@elisabethgruppe.de

Literatur beim Autor

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