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Abrechnung

Rheumatoide Arthritis

Differenzialdiagnose im rheumatischen Formenkreis

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter

27.9.2024

Soll dem Verdacht auf rheumatoide Arthritis nachgegangen werden, sind andere rheumatische Erkrankungen wie die seronegative Spondylarthritis oder die ankylosierende Spondylitis auszuschließen. Bei der Abrechnung ist speziell bei der GO-Nr. 15 nach GOÄ auf die exakte Erfüllung des komplexen Leistungsinhalts zu achten.

„Rheuma“ bezeichnete früher ganz allgemein Schmerzen am Bewegungsapparat, die meist mit erheblichen Einschränkungen im täglichen Leben verbunden waren. Mittlerweile hat sich dafür die Bezeichnung „Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises“ etabliert. Damit ergab sich jedoch keine konkrete differenzialdiagnostische Eingrenzung. All den unterschiedlichen Erkrankungen des Bewegungsapparats liegen jedoch zwei Eigenschaften zugrunde, die auch abrechnungstechnisch eine ­Rolle spielen: Es sind zum einen chronische Erkrankungen, die zum anderen in hohem Maße lebensverändernd sind.

Zu ihnen zählen die rheumatoide Arthritis, die Psoriasis-Arthritis, die seronegative Spondylarthritis sowie die ankylosierende Spondylitis. Für die Betreuung von Betroffenen dieser chronischen wie auch lebensverändernden Erkrankungen lässt sich nach GOÄ die Gebühr nach GO-Nr. 15 berechnen. Der Leistungsinhalt der GO-Nr. 15 lautet: „Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen während der kontinuierlichen ambulanten Betreuung eines chronisch Kranken.“ Im Zuge der korrekten Leistungsabrechnung ist bei der Gebühr nach GO-Nr. 15 genau auf die Erfüllung des Leistungsinhalts zu achten.

Dies ist die Grundvoraussetzung für die Berechnung der GO-Nr. 15, die im Übrigen für alle abgerechneten Leistungen gilt. Es ist wichtig, gerade im Zusammenhang mit der Berechnung der Gebühr nach GO-Nr. 15 auf die einzelnen Punkte zu achten, die in der Leistungslegende aufgeführt sind. Dabei ist der letzte Punkt, das Vorliegen einer chronischen Erkrankung, die einfachste Voraussetzung für die korrekte Berechnung dieser Gebühr. Die „Einleitung und Koordination“ beinhalten schon eine gewisse „begleitende“ Tätigkeit der betreuenden bzw. abrechnenden medi­zinischen Fachkräfte. Patienten und Patientinnen zur funktionellen Therapie (manuelle Therapie, Krankengymnastik) zu schicken, erfüllt allein noch nicht den Leistungsinhalt der Gebühr nach GO-Nr. 15. Hier ist vielmehr die betreuende Funktion des Arztes oder der Ärztin gefordert, zu der auch die Integration im Alltag – beruflich wie privat – gehört.

Gerade im Zusammenhang mit der Betreuung von an rheumatoider Arthritis (RA) Erkrankten ist insbesondere auch an die Leistung nach GO-Nr. 34 zu denken. Diese ist berechnungsfähig für Gespräche bzw. Erörterungen im Zusammenhang mit der Feststellung (Erstdiagnose) der RA, oder auch bei einer erheblichen Verschlechterung der RA. Eine solche wäre zum Beispiel gegeben, wenn sich die Beweglichkeit des Betroffenen aufgrund der Entzündungsaktivität in den Gelenken deutlich verschlechtert. Mit der Betreuung eines Patienten oder einer Patientin wäre der originäre Leistungsinhalt der Gebühr nach GO-Nr. 34 im Zusammenhang mit einer rheumatoiden Arthritis vollständig erbracht.

Seronegative Spondylarthritiden

Zu den seronegativen Spondylarthritiden zählen verschiedene Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Ihnen gemeinsam ist die Entzündung der kleinen Wirbelgelenke, die Spondylarthritis. Kennzeichnend für die seronegativen Spondylarthritiden ist die Tatsache, dass keine Rheumafaktoren nachweisbar sind.

Rheumatoide Arthritis

Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste chronische entzündlich-rheumatische Erkrankung überhaupt. Man schätzt, dass in Deutschland etwa 1 % der Bevölkerung (etwa 800 000 Menschen) daran erkrankt ist. Frauen sind etwa 3-mal häufiger betroffen als Männer. Die rheumatoide Arthritis kann in jedem Lebensalter auftreten, Männer erkranken jedoch häufig zwischen dem 65. und 75. Lebensjahr, Frauen zwischen dem 55. und 64. Lebensjahr. Aber auch Kinder können an einer Form der rheumatoiden Arthritis erkranken (juvenile idiopathische Arthritis).

Die rheumatoide Arthritis zählt zu den Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem das körpereigene Gewebe angreift. Durch ein komplexes Zusammenspiel zwischen verschiedenen T- und ­B-Zellen und Zytokinen kommt es zunächst zu einer Schleimhautschwellung im entzündeten Gelenk. Die Gelenkschleimhaut beginnt zu wuchern und bildet knorpel- und knochenzerstörende Substanzen. ­Obwohl mittlerweile viele Erkenntnisse über den ­Pathomechanismus bekannt sind und intensive ­Forschungen betrieben werden, sind die eigentlichen Ursachen dieser Fehlsteuerung noch nicht bekannt. Es gibt eine genetische Veranlagung für eine rheumatoide Arthritis, z. B. tritt sie bei erbgleichen (eineiigen) Zwillingen sowie in manchen Familien gehäuft auf.

Die Diagnostik

Die Diagnostik beinhaltet Labor, Klinik und bildgebende Verfahren. Sie erfolgt in Deutschland anhand der RA-Verdachtskriterien der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh):

  • 2 oder mehr geschwollene Gelenke
  • Morgensteifigkeit von mehr als einer Stunde
  • erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) oder CRP-Werte
  • der Nachweis von Rheumafaktoren oder Autoantikörpern gegen anti-CC

Aber: Ein negativer Befund schließt die Diagnose RA nicht zwingend aus.

Die Therapie

Traditionell werden Medikamente der folgenden 4 Hauptgruppen eingesetzt:

  • Analgetika
  • nicht steroidale Antiphlogistika (NSAID)
  • Glukokortikoide
  • Basistherapeutika (langwirksame Antirheumatika (LWAR), krankheits­kontrollierende Medikamente (Disease modifying anti-rheumatic drugs, DMARD)

Die verschiedenen Medikamentengruppen haben unterschiedliche Wirkungen und therapeutische Zielsetzungen. Ihre Anwendung erfolgt deshalb oft in Kombination.

Fallbeispiel
Rückenschmerz-Problematik

Ein 53-jähriger Patient, sportlich aktiv, von Beruf Verwaltungsangesteller, stellt sich mit starken Rückenschmerzen vor. Diese bestünden schon seit geraumer Zeit, hätten sich in den vergangenen Wochen jedoch sehr verstärkt. Vorwiegend seien die Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule lokalisiert. Auf gezielte Befragung gibt der Patient an, schon seit einiger Zeit Gelenkschmerzen zu haben, die ohne jegliche körperliche Anstrengung auftreten würden. Auffallend seien für ihn die morgentlichen „Anlaufprobleme“. Die Schmerzen seien zuerst in den Schultergelenken aufgetreten. Danach kamen Schmerzen und Schwellungen in den Kniegelenken dazu. Auch habe er Schmerzen an Hand- und Fingergelenken mit Schwellungen.

Bei der folgenden körperlichen Untersuchung werden neben Bewegungsschmerzen in den Knie- und Schultergelenken und einer deutlichen Schwellung der Kniegelenke eine Lordose der Halswirbelsäule und eine Wirbelblockierung in Höhe C5/C6 festgestellt. Die Wirbelblockierung wird chirotherapeutisch gelöst und eine therapeutische Lokalanästhesie durchgeführt. Nach der Erörterung der Verdachtsdiagnose einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises wird dem Patienten Blut abgenommen. Es soll auch das Vorliegen einer Spondylitis ankylosans ausgeschlossen werden. Der Patient wird darüber hinaus der weiteren bildgebenden Diagnostik (MRT der Kniegelenke sowie der Iliosakralgelenke) zugeleitet. Für das Vorliegen einer Spondylitis ankylosans gibt es zwar keinen eindeutigen Labortest. Dennoch haben 90 % der Betroffenen das HLA-B27-Gen, wobei dieses Gen allerdings auch bei etwa 9 % der deutschen Bevölkerung ohne jegliche Beschwerden vorkommt. Zur Schmerztherapie wird aktuell ein NSAR ­verabreicht. Ein Termin für die Besprechung der Laborergebnisse und des weiteren Vorgehens wird vereinbart.

Laborbefunde

Die Laborergebnisse (erhöht sind BKS, CRP, IgA, ANA, erniedrigt sind Eisen und Hb, HLA-B27 war negativ) deuten auf eine entzündliche Reaktion des Bewegungsapparats im Sinne einer rheumatoiden Ar­thritis hin. Zum nächsten Termin sollte das ­radiologische Ergebnis vorliegen, sodass ein ausführlicher Besprechungstermin mit dem Patienten ­vereinbart wurde.

Zum nächsten Termin lagen die radiologischen ­Ergebnisse vor. Insgesamt musste vom Vorliegen einer rheumatoiden Arthritis ausgegangen werden. Die Diagnose sowie die therapeutischen Optionen wurden dem Patienten in einem ausführlichen ­Gespräch erläutert. Das Gespräch dauerte etwa 25 Minuten und kann somit nach GO-Nr. 34 berechnet werden. Bezüglich der Berechnung nach dieser ­Gebühr besteht eine Besonderheit. Nach den Regelungen der GOÄ sind entsprechend § 12 Abs. 2 Mindestzeiten, die Bestandteil der Leistungslegende sind, also in der Leistungslegende selbst aufgeführt sind, in der Rechnung mit anzugeben. Da dies bei der Gebühr nach GO-Nr. 34 der Fall ist, muss die Zeitangabe in der Rechnung entsprechend vermerkt werden.

Therapie

Es wurde eine Medikation eingeleitet, die den Verlauf der Erkrankung verlangsamen sollte, sowie eine physiotherapeutische Behandlung, die die ­Beweglichkeit der Gelenke sowie deren Funktionsfähigkeit in Beruf und Alltag sichern soll. Patientinnen und Patienten mit rheumatoider ­Ar­thritis benötigen eine intensive Dauerbetreuung. Für die gesamten administrativen Aufgaben des Arztes bzw. der Ärztin im Zuge dieser kontinuierlichen Betreuung ist einmal im Kalenderjahr die GO-Nr. 15 zu berechnen.

Der Autor

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de

Dr. Dr. Peter Schlüter ist promo­vierter Naturwissenschaftler und ­Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemein­medizin mit betriebs­­wirtschaftlich ­opti­mierter Praxis nieder­gelassen. Als Berater zu allen ­Fragen der Praxisorganisation, Praxis­manage­­ment und ­Abrechnung ist er seit 1987 tätig.

Bildnachweis: privat

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