Die Symptome des metabolischen Syndroms bleiben oft lange Zeit unentdeckt. Durch eine präventive Untersuchung des Herz-Kreislauf-Systems können Risikofaktoren frühzeitig – vor Eintreten eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls – erkannt und therapiert werden.
Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus Typ2 und Adipositas treten in auffälliger Weise oft gemeinsam auf. Das führte dazu, dass dafür der Begriff „metabolisches Syndrom“ geschaffen wurde. Nach der International Diabetes Federation (IDF) liegt ein metabolisches Syndrom vor, wenn der Bauchumfang erhöht ist (Adipositas) und zwei weitere der folgenden Faktoren vorliegen: Triglyceride erhöht, Blutdruck erhöht, HDL erniedrigt, Blutzucker erhöht. Da der erhöhte Blutdruck ein zentrales Merkmal des metabolischen Syndroms ist, gehört der „Herz-Kreislauf-Check“ neben den Laboruntersuchungen zu den wichtigsten Untersuchungsschritten.
Ein Patient (179 cm, 112 kg), 57 Jahre alt, mit einem Bauchumfang von 121 cm, stellt sich in der Sprechstunde vor. Von Beruf Bankkaufmann, ist er zeitlich sehr eingespannt, sitzt fast den ganzen Tag am Schreibtisch und für sportliche Aktionen bleibt kaum Zeit. Als Grund für seine Vorstellung gibt er das Gefühl der Antriebslosigkeit und der ständigen Müdigkeit an, in Verbindung mit Konzentrationsproblemen. Das ganze habe sich in den vergangenen drei bis fünf Monaten entwickelt und verstärkt, wobei er durchaus das Gefühl habe, dass seine Lebensweise dafür verantwortlich sein könnte. Der Patient signalisiert auch, dass er an einer entsprechenden Beratung in Bezug auf eine mögliche Lebensstiländerung interessiert sei.
Bislang immer gesund, keinerlei Operationen, keine Medikamenteneinnahme. Allergien werden verneint. Nichtraucher. Ein bis zwei Gläser Wein oder Bier pro Tag. Normale Verdauung, Miktion unauffällig. Beruflich bedingt unregelmäßige Mahlzeiten. In der Familie ist ein Hochdruck bekannt. Es werden körperliche Untersuchung, EKG und Oberbauchsonografie durchgeführt. Im Labor wird neben dem Urin-Streifentest und der aktuellen Glucosemessung eine Blutentnahme für ein komplettes Blutbild veranlasst. Zur weiterführenden Diagnostik (Lungenfunktion, Belastungs-EKG und Gefäß-Doppler) wird ein gesonderter Termin vereinbart. Pathologische Befunde: Erhöhter Blutdruck (RR 182/105 mmHg), Nüchternblutzucker: 176 mg/dl, Glucosurie, Sensibilitätsstörungen an beiden Füßen.
Es wird ein Termin zur Ergebnisbesprechung, zum oralen Glucosetoleranztest (oGTT) und zur Doppler-Sonografie der Beingefäße vereinbart. Ein weiterer Termin ist dann für die Durchführung eines Belastungs-EKG und einer Langzeit-Blutdruckmessung vorgesehen. Da es sich um einen Erstkontakt mit dem Patienten handelt, wird die Untersuchung als Gesundheitsuntersuchung nach Nr. 29 durchgeführt und abgerechnet.
Daneben schließen sich Beratungen (Nrn. 1 und 3) sowie Untersuchungsleistungen (Nrn. 5, 6, 7, 8, 11) aus und können nicht gesondert in Rechnung gestellt werden. Interessant ist, dass neben der Nr. 29 die neurologische Untersuchung nach Nr. 800 und alle Sonderleistungen wie z. B. EKG, Sonografie und Labor vollständig berechnet werden können. Wegen des Zeitaufwands für die Erstanamnese und Erstuntersuchung kann der Faktor für die Gesundheitsuntersuchung gesteigert werden. Die differenzialdiagnostische Abklärung der Sensibilitätsstörung der unteren Extremität zur Sicherung einer schon fraglich vorliegenden diabetischen Polyneuropathie ist sehr zeitaufwendig. Deshalb kann die neurologische Untersuchung nach Nr. 800 mit erhöhtem Faktor berechnet werden. Da in der GOÄ für die Berechnung der Blutentnahme die Nr. 250 vorgesehen ist, muss gerade hier immer darauf geachtet werden, dass diese Leistungsposition nicht vergessen wird. Bei dem adipösen Patienten lagen extrem schlechte Venenverhältnisse vor, sodass auch hier ein erhöhter Faktor angewendet wird.
Für die umfangreiche Beratung während der Erstfeststellung einer Hypertonie und eines Diabetes mellitus wird die Nr. 34 berechnet. Wegen des erhöhten Zeitaufwands wird auch ein erhöhter Faktor eingesetzt. Daneben darf die Beratung nach Nr. 1 nicht berechnet werden und entfällt. Es gibt in der GOÄ eine eigene Leistungsposition für den oralen Glucosetoleranztest, die Nr. 3613 (160 P.). Da diese jedoch eine viermalige Blutzuckerbestimmung verlangt, kann für die durchgeführten drei Bestimmungen dreimal die Nr. 3514 abgerechnet werden.
Im Vordergrund der Therapie des metabolischen Syndroms stehen Änderungen der Lebensgewohnheiten in Form von geänderter Ernährung, Bewegungstherapie und konsequenter Gewichtsreduktion. Umfangreiche Empfehlungen und eine entsprechende Aufklärung der Betroffenen stellen eine wichtige Aufgabe für den betreuenden Arzt dar, wobei es in erster Linie auf die Motivation des Patienten ankommt. Führen eines Tagebuches, tägliche Gewichtskontrolle und Dokumentation der körperlichen Aktivitäten helfen bei der Erreichung der geplanten Ziele. Wiederholte Erörterungen, Ernährungsberatung und ggf. auch eine Diabetikerschulung schließen sich neben der entsprechenden medikamentösen Therapie an. Für die Ernährungsberatung nach GOÄ wird die Nr. 33 analog § 6 GOÄ abgerechnet. Die Kennzeichnung der analogen Berechnung wird im Text der Gebührennummer vorgenommen: Nr. 33 – Ernährungsberatung, analog berechnet. Der Hinweis auf die analoge Berechnung darf nicht direkt an der Nr. 33 (z. B. A33 oder 33-A) angebracht werden, sondern ist ausschließlich im Text zur Leistungsposition vorzunehmen. Da die Nr. 33 noch zum Kapitel B gehört, greift die Ausschlussregelung zur symptombezogenen Untersuchung nicht und die Nr. 5 ist daneben bei jedem Kontakt berechnungsfähig.
Der Autor
Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de
Dr. Dr. Peter Schlüter ist promovierter Naturwissenschaftler und Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemeinmedizin mit betriebswirtschaftlich optimierter Praxis niedergelassen. Als Berater zu allen Fragen der Praxisorganisation, Praxismanagement und Abrechnung ist er seit 1987 tätig.