Die Lipohyperplasia dolorosa stellt für die betroffenen Patientinnen neben der oft stark ausgeprägten Schmerzen auch ein ästhetisches und dadurch psychisches Problem dar. Die konservativen Therapieoptionen sind jedoch meist nur eingeschränkt effektiv, kausal hilft nur die Liposuktion. Die Abrechnungsmöglichkeiten im Überblick.
Die Lipohyperplasia dolorosa (LiDo) ist eine krankhafte Störung der Fettverteilung, bei der es zu einer unkontrollierten Fettvermehrung vor allem an Beinen, Hüfte, Gesäß und Armen kommt. Die Ursache ist bisher ungeklärt. Betroffen sind in Deutschland rund 3,8 Millionen Menschen, fast ausschließlich Frauen, wobei die LiDo erst ab der Pubertät auftritt.
Schmerz als Leitsymptom
Dass ein Auftreten bzw. eine Verschlimmerung der LiDo auch in der Schwangerschaft, in den Wechseljahren oder im Zusammenhang mit gynäkologischen Operationen wie Hysterektomie, Salpingektomie oder Ovarektomie beobachtet werden kann, lässt eine hormonelle Ursache dieser Krankheit vermuten.
Typische Symptome der LiDo sind Spannungsgefühle, Schmerzen und Ermüdungserscheinungen in den Beinen, die bei längerem Stehen oder Sitzen beginnen, im Laufe des Tages zunehmen und bis ins Unerträgliche anwachsen können. Besonders ausgeprägt ist die Symptomatik bei warmen Temperaturen, aber auch bei niedrigem Luftdruck, zum Beispiel im Zusammenhang mit Flugreisen. Die durch die LiDo verursachten Schmerzen sind bei einigen Frauen wenige Tage vor der Monatsblutung besonders ausgeprägt und lassen sich auch durch das Hochlagern der Beine kaum beeinflussen. Eine familiäre Häufung ist zu beobachten, wobei die LiDo auch ohne positive Familienanamnese zu finden ist. Auch nach einer Vollnarkose oder starkem Stresserleben, wie dem Tod eines geliebten Menschen, einer Scheidung oder Ähnlichem, kann sich eine LiDo entwickeln, die leider nicht selten als „Kummerspeck“ fehlgedeutet wird.
Klinische Stadieneinteilung
Die Diagnose der LiDo erfolgt grundsätzlich durch Erhebung der Anamnese, Inspektion und Palpation. Mit dieser Basisdiagnostik wird in mehr als 90 % der Fälle eine LiDo eindeutig diagnostiziert.
Insgesamt unterscheidet man drei Stadien der LiDo, wobei die Schwere der Symptomatik, insbesondere die Schmerzhaftigkeit, nicht zwangsläufig mit der Stadieneinteilung verknüpft ist. Im Stadium I zeigt sich eine glatte Haut mit sichtbarer Entwicklung einer „Reithosen“-Form. Beim Zusammendrücken der Haut bildet sich die „Orangenhaut“-Textur. Im Stadium II fallen eine ausgeprägte Reithosen-Form sowie eine grobknotige Hautoberfläche mit großen Dellen und walnuss- bis apfelgroßen Knoten auf. Stadium III ist gekennzeichnet durch das stark verdickte und verhärtete Unterhautfettgewebe, verbunden mit einer deutlichen Umfangvermehrung. Es zeigen sich grobe, deformierende Fettlappen an den Innenseiten der Oberschenkel und der Kniegelenke, was zu Scheuerwunden führt.
Therapiemöglichkeiten
Die einzige kausale Therapie besteht in der operativen Entfernung des Fettgewebes (Liposuktion). Konservativ schaffen Kompression und komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) Linderung.
Fallbeispiel
57-jährige Patientin mit komorbider Adipositas
Frau P., eine 57-jährige, adipöse Patientin (Gewicht: 95 kg, Größe: 174 cm), stellt sich wegen ihrer „dicken Beine“ in der Sprechstunde vor. Anamnestisch ist weiterhin zu erfahren, dass „Krampfadern“ bei beiden Eltern sowie bei den Geschwistern bekannt sind. An Medikamenten nehme sie lediglich ein Blutdruckmittel ein (Ramipril 5 mg, 1 × tgl.). Allergien werden verneint, die Verdauung sei normal, die Miktion unauffällig. Sie treibe keinerlei Sport, ihre Mutter litt jahrelang an „offenen Beinen“. Das sei jetzt auch der Grund für die Patientin, sich zur Behandlung vorzustellen. Anamnese, Inspektion, Palpation und körperliche Untersuchung zeigen die typischen Befunde für das Vorliegen einer LiDo im Stadium I. Ergänzend werden noch die Extremitätengefäße untersucht. Das Krankheitsbild und die im Grunde fehlenden kausalen therapeutischen Möglichkeiten werden mit der Patientin in einem eingehenden Gespräch (25 Minuten) erörtert.
Die Therapie
Die Ursache der LiDo ist nicht bekannt und eine Heilung im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Die Therapie zielt daher auf die Linderung der Beschwerden, v. a. der Schmerzen, sowie auf eine Verhinderung des Fortschreitens der LiDo und der Entstehung eines Lipo-Lymphödems ab. Der Patientin wird daher zur Anwendung der komplexen physikalischen Entstauungstherapie geraten. Bei extremer Schwellneigung der Beine wurde ihr kurzfristig ein Diuretikum als begleitende Maßnahme zur manuellen Lymphdrainage (MLD) und Kompressionstherapie verschrieben. Von einer Hormontherapie wird der Patientin abgeraten, eine Diät erscheint bei komorbider Adipositas sinnvoll. Eine Liposuktion ist bei der Patientin derzeit nicht indiziert.
Der Autor
Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de
Dr. Dr. Peter Schlüter ist promovierter Naturwissenschaftler und Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemeinmedizin mit betriebswirtschaftlich optimierter Praxis niedergelassen. Als Berater zu allen Fragen der Praxisorganisation, Praxismanagement und Abrechnung ist er seit 1987 tätig.
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