Neben den dermatologischen Tumoren lag der diesjährige Schwerpunkt auch auf den Vaskulitiden/Vaskulopathien sowie den infektiösen Dermatosen weltweit. Im Gespräch mit den Tagungspräsidenten Dr. med. Christiane Michl, 2. ADH-Vorsitzende, und Prof. Dr. med. Cord Sunderkötter der Universität Halle.
Wofür steht die ADH?
CM: Die Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Histologie, kurz ADH, ist quasi eine kleine Unterabteilung von überwiegend Dermatopathologen und einigen Pathologen, die sich mit der feingeweblichen Befundung befassen. Vorteil der Dermatopathologen ist dabei ganz klar, dass sie insbesondere bei den entzündlichen Hauterkrankungen durch ihren klinischen Blick viel tiefer in die Differenzialdiagnostik einsteigen können als die Pathologen. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass die Dermatopathologie in Zukunft eine Berechtigung als eigenständiger Bereich haben wird.
Was waren die Schwerpunkte auf der diesjährigen ADH-Tagung?
CS: Neben den Themen, die wichtig sind und bei jeder ADH behandelt werden wie die Tumoren, haben wir dieses Jahr in Halle noch zwei weitere Schwerpunkte gesetzt: die Infektionen – und hier vor allem die molekulare Diagnostik – und die vaskulären Erkrankungen, also Vaskulitiden und Vaskulopathien. Daneben wurde auch das Thema der Künstlichen Intelligenz behandelt, die in der Medizin zunehmend Einzug hält. Und Ausblicke auf beides zusammen gegeben: molekulare Diagnostik plus digitale Datenverarbeitung.
Schwerpunkt Infektionskrankheiten: Was gibt es hier Neues?
CM: Wir hatten bei den Infektionskrankheiten die Fragestellung „Verschiedene Kontinente – wie sieht es wo aus?“. Wayne Grayson aus Johannesburg in Südafrika hat über die Histologie charakteristischer Infektionskrankheiten aus dem afrikanischen Raum berichtet. Als Vertreter Nordamerikas konnten wir Alvaro Laga aus Boston gewinnen. Natürlich wurden auch die molekularpathologischen Aspekte von Viruskrankheiten im deutschen Raum besprochen.
CS: Und dabei fiel auf, dass auch wir einige der Infektionen, die in Afrika häufig beobachtet werden, ab und zu sehen – und daher mehr darüber wissen sollten. Neben der Leishmaniose war das die Rickettsiose (R. africae), die wir zuletzt bei einem Patienten nach einem Besuch des Krüger Nationalparks diagnostiziert haben. Auch Wurmerkrankungen wie die Bilharziose durch Zerkarien, die ja eigentlich keine Erkrankung des europäischen Raums ist, und Trypanosomen, die Erreger der Schlafkrankheit, werden mitgebracht.
CM: Bei Laga war die Syphilis als global zu wertende Erkrankung ein Schwerpunktthema, ebenso die Affenpocken. Laga stellte Marker vor, um die Affenpocken spezifisch hervorzuheben, was auch in deutschen Arbeitsgruppen Thema ist. National etablierte Antikörper haben wir aber noch nicht, die Diagnosestellung erfolgt weiterhin durch die PCR von Abstrichen, nicht feingeweblich.
CS: Bei der Syphilis haben wir ja schon lange etablierte Antikörper. Wobei der berühmte TPPA-Test ja bald nicht mehr verfügbar sein wird. Dann werden andere Methoden wichtig, wie ELISA oder Immunoblot. Deswegen ist es umso wichtiger, dass man auch in der Histologie weiterhin wissenschaftliche Möglichkeiten hat, Diagnosen zu sichern.
CM: Beim Thema HPV ging es um die Spezifizierung von Erkrankungen, die durch die unterschiedlichen HPV-Serovare hervorgerufen werden, aber auch um die Unterscheidung zwischen HPV-Serovaren, die im Prinzip benigne Epitheliome hervorrufen, und denjenigen, die ein kanzerogenes Potenzial haben. Hervorgehoben wurde auch noch einmal die Wichtigkeit immunhistochemischer Marker wie P16, die zusätzlich zur molekularpathologischen HPV-Analyse das Malignitätsrisiko anzeigen.
CS: Bemerkenswert ist, dass bestimmte Virustypen, z. B. beta-HPV, es auf aktinisch geschädigter Haut leichter haben, da diese Transkriptionsfaktoren induziert.
Von der Infektiologie zur Onkologie: Was wurde da vorgestellt?
CM: Durch die Weiterentwicklungen in der Molekularpathologie ist es jetzt wirklich so, dass man die reine HE-Histologie als Diagnostikmethode nahezu verlässt. Gerade bei der Diagnosestellung von Unterformen des malignen Melanoms, wie spitzoiden melanozytären Tumoren, ist die klassische HE-Histologie einfach nicht mehr ausreichend. Hier kann die Diagnose nur sicher durch molekularpathologische und genetische Untersuchungen generiert werden – wofür in Deutschland leider noch keine geeigneten Referenzzentren und -untersuchungen zur Verfügung stehen. Eine Hausaufgabe für die ADH! Zum Teil wurden auf dem Kongress aber auch Untersuchungen vorgestellt, die in der Routinediagnostik überhaupt noch nicht verfügbar sind, also wissenschaftliche Methoden, die man jetzt verfolgt, um bei spitzoiden Melanomen die Eingrenzung zwischen benignen und malignen Tumoren sicherer durchführen zu können.
Hatten Sie ein persönliches Kongress-Highlight?
CS: Die Fallvorstellungen am Schluss der ADH sind jedes Jahr aufs Neue ein Höhepunkt, sodass es sich wirklich lohnt, bis zum Schluss dabeizubleiben.
CM: Da stimme ich absolut zu. Für dieses Schnittseminar reichen Kollegen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum Fälle ein, die von den Teilnehmern in einem extra Raum während der Tagung mikroskopiert und befundet werden – dieses Mal waren es 26 Fälle. Das Schnittseminar ist aber auch virtuell verfügbar. Am letzten Kongresstag erfolgt dann die Auflösung. Diese Fallvorstellungen sind inzwischen eine Tradition bei der ADH-Jahrestagung – und jedes Mal ein Höhepunkt!
Der Autor
Prof. Dr. med. Cord. Sunderkötter
Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg
Die Autorin
Dr. med. Christiane Michl
Oberärztin Dermato-Onkologie, Leitung Dermatopathologie; ZB Dermatopathologie
Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Bildnachweis: privat