Zwei Jahre nach dem Beginn der Impfung des ersten mRNA-Impfstoffes ziehen Forscher Bilanz: Die Impfung funktioniert und ist sicher. Geschlechtsspezifische Unterschiede wie Veränderungen der Menstruation sollten aber besser untersucht werden.
Während insbesondere sicherheitsbezogene Aspekte die Diskussion über eine sinnvolle Impfstrategie gegen COVID-19 lange Zeit bestimmt haben, blieben sogenannte geschlechtsspezifische Impfreaktionen bislang nahezu gänzlich unberücksichtigt. Gerade aber auch die unterschiedlichen biologischen Reaktionsmuster bei Frauen und Männern sollten in die wissenschaftliche und klinische Praxis einbezogen werden, fordert die Kölner Infektiologin Prof. Dr. med. Clara Lehmann [1].
Grundsätzlich sollte man nach Ansicht der Leiterin der Infektionsambulanz des Uni-Klinikums Köln davon ausgehen, dass Frauen wesentlich stärker als Männer auf eine Impfung ansprechen. Als Beispiel dafür erwähnte Lehmann Veränderungen im Verlauf der Menstruation. Bis zu 20% der jüngeren Frauen berichten demnach von Unregelmäßigkeiten der Monatsblutungen, die sich bis zu sechs Wochen nach Impfung hinziehen können.
Menstruationsveränderungen besser beobachten
Die Ursachen dieser verzögerten oder veränderten Impfantwort sind, wie die Infektiologin weiter sagte, bislang vollkommen unerforscht. Zwar habe es dazu eine internationale Untersuchung gegeben (A. Alvergne et al.), sie sei aber bislang nicht publiziert, weil der Peer Review noch ausstehe. Alle Aussagen zu diesem Problem seien somit nur als Hinweis zu verwenden. Auch sogenannte Langzeitstudien zu Fragen der Impfsicherheit haben nach ihrer Darstellung bislang „keine richtigen Informationen“ ergeben, sodass hier die Ergebnisse der Langfristbeobachtungen ‒ etwa durch das Paul-Ehrlich-Institut ‒ abgewartet werden müssten.
Lehmann bemängelte, dass während des Menstruationszyklus auftretende Reaktionsschwankungen bislang vernachlässigt worden seien und verband diesen Hinweis mit der Hoffnung, dass solche Beobachtungen nunmehr in Zukunft „dringend verfolgt“ werden. Schließlich trage jede Immunzelle mehrere Estrogenrezeptoren, woraus ein unmittelbarer Einfluss des Hormons auf die Immunantwort abgeleitet werden könne.
Teilweise beunruhigende Berichte über verstärktes Auftreten von Myokarditis bei jüngeren Männern nach mRNA-Vakzinierung, insbesondere nach der zweiten Impfung, bewertete Lehmann skeptisch. Bleibende Auswirkungen seien bei Personen über 20 Jahre offensichtlich nicht festzustellen. Auch kritische Anmerkungen zu sportlicher Betätigung und Alkoholgenuss nach Impfung sind nach Lehmanns Ansicht unhaltbar. Dazu gebe es keinerlei Empfehlungen ‒ mit der Ausnahme von Extremsportarten. Was Post-COVID-Syndrome wie Fatigue, Depression oder gastroenterale Probleme, besonders bei Frauen, betreffe, verwies Lehmann auf die grundlegend protektive Wirkung, aber unterschiedlich lange Wirkung [2] der Impfung. Hinweise auf immunologische Marker für Long-COVID liegen bislang nicht vor.
FAZIT:
[1] 2. BioNTech mRNA-Kongress, online, 2. April 2022
[2] Naaber P et al., Lancet Reg Health 2021 2021 Nov;10:100208. doi: 10.1016/j.lanepe.2021.100208.
Doria-Rose N et al., NEngl J Med 2021; 384: 2259‒2261