Die elektrische Erregungsbildung und -ausbreitung des Herzens unterscheidet sich bei Frauen und Männern. Auch die kardialen Ursachen für Vorhofflimmern sind bei ihnen ungleich verteilt. Das Geschlecht liefert somit den ersten Hinweis für das Therapiemanagement der Arrhythmie.
Unabhängig vom Alter haben Frauen einen höheren Puls als Männer und Frauen reagieren situationsbedingt stärker mit einer Änderung der Pulsrate (autonomes Nervensystem, Einfluss des Vagusnervs auf die Herzfrequenz). Die Repolarisation dauert dementsprechend länger bei Frauen. Bradykardie wird bei Frauen häufiger durch einen kranken Sinusknoten ausgelöst, bei Männern hingegen häufiger durch einen kranken AV-Knoten. Dies sind Faktoren, die bei der Auslösung von Herzrhythmusstörungen eine Rolle spielen können. Erklären lassen sich diese Phänomene über die Unterschiede in den Ionenkanälen am Herzen, welche die elektrische Erregungsbildung und Erregungsausbreitung bedingen. Ein weiterer Einflussfaktor ist der Estrogenspiegel vor der Menopause bzw. der Testosteronspiegel bei Männern.
Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung und charakterisiert durch einen unregelmäßigen, oftmals zu schnellen Herzschlag. Harmlose Extrasystolen aus den Lungenvenen können die Ursache sein (s. Abb. 1). In vielen Fällen bleibt diese Herzrhythmusstörung unbemerkt, bei etwa einem Viertel der Patienten treten jedoch geringe oder starke Beschwerden auf, wie Herzstolpern, Herzrasen, Luftnot bei Belastung, Schwindel oder allgemeine körperliche Schwäche.
Der natürliche Verlauf von Vorhofflimmern ist der Übergang von einer sporadischen Form, die kommt und geht (z. T. nur wenige Minuten bis Stunden anhaltend), hin zu der andauernden Form, die nur mit starken Medikamenten oder einer Elektrokardioversion beendet werden kann. Die Häufigkeit von Vorhofflimmern nimmt mit dem Alter zu. Interessanterweise tritt es bei Männern in früherem Alter auf als bei Frauen. Hinzu kommt, dass Frauen häufiger an arterieller Hypertonie, Herzklappenerkrankung und Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion leiden als Männer. Frauen erkranken aber seltener als Männer an einer koronaren Herzerkrankung. Da Vorhofflimmern in den meisten Fällen ursächlich auf dem Boden einer anderen Herzerkrankung auftritt, sind diese Unterschiede bei der Verteilung der Herzerkrankungen bedeutsam für die Behandlung von Vorhofflimmern, an deren Anfang immer die Abklärung und die Therapie der Grunderkrankung steht.
Bluthochdruck ist bei über 50 % der Menschen mit Vorhofflimmern die Hauptursache der Störung. Die Einstellung des Blutdrucks ist deshalb ein wichtiges Mittel, um das Voranschreiten des Vorhofflimmerns zu verhindern. Dies gilt besonders für Frauen, die öfter an einer hypertensiven Herzerkrankung leiden. Dabei sind die Herzwände verdickt sowie versteift und das Herz leistet eine vermehrte, mühsame Arbeit gegen den erhöhten Blutdruck. Dies belastet auch die Herzvorhöfe.
Vorhofflimmern ist bei Frauen und Männern sehr gut behandelbar, wenn das Vorhofflimmern noch nicht zu lange besteht und die Vorhöfe noch nicht zu groß geworden sind. Die Eckpfeiler lauten bei beiden Geschlechtern:
1. Vorbeugung von Schlaganfällen und Embolien
2. Einstellung der Herzfrequenz mit Medikamenten
3. Wiederherstellung des normalen Sinusrhythmus mit Medikamenten, mit Elektrokardioversion (Stromstoß in Kurznarkose zur Überführung des Vorhofflimmerns in den Sinusrhythmus) oder mit Katheterablation
Die Wiederherstellung des normalen Rhythmus sollte erfolgen, wenn die Herzrhythmusstörung erstmals entdeckt wird oder durch das Vorhofflimmern die Lebensqualität beeinträchtigt wird.
Bei Vorhofflimmern weisen Frauen ab einem Alter über 65 Jahre und bei Vorhandensein anderer Risikofaktoren (z. B. Hypertonie, Diabetes, Herzinsuffizienz) ein im Vergleich zu Männern höheres Risiko für das Auftreten eines Schlaganfalls auf. Außerdem erleiden Frauen schwerere Schlaganfälle und häufiger wiederkehrende Schlaganfälle. Die Sterblichkeit ist jedoch bei beiden Geschlechtern nach embolischem Schlaganfall gleich. Zur Prävention werden heutzutage fünf verschiedene Medikamente eingesetzt. Dazu gehören Vitamin-K-Antagonisten (VKAs) wie Phenprocoumon oder neue orale Antikoagulanzien (NOAKs) wie Apixaban, Dabigatran, Edoxaban oder Rivaroxaban. Bei der Therapie mit VKAs ist bei Frauen öfter als bei Männern der INR-Wert bzgl. der Blutgerinnung nicht im Zielbereich und zwar meist zu niedrig. Das Schlaganfallrisiko ist unter der Behandlung mit VKAs bei Frauen höher, das Blutungsrisiko ist jedoch für beide Gruppen gleich hoch.
In den NOAK-Zulassungsstudien waren im Mittel deutlich weniger Frauen eingeschlossen als Männer (ca. 30–45 %). Sie zeigten, dass NOAKs bei beiden Geschlechtern gleichermaßen effektiv das Auftreten von Schlaganfällen verhindert. Frauen weisen jedoch seltener schwere Blutungen unter NOAKs auf als Männer. In einer nachträglichen Auswertung der Zulassungsstudie zu Apixaban wurde sogar eine niedrigere Sterblichkeit unter Apixaban für Frauen gegenüber Männern beobachtet.
Schaut man sich aber die Häufigkeit der Verschreibung von Antikoagulanzien bei Männern und Frauen an, zeigt sich ein deutlicher Unterschied: Frauen mit Vorhofflimmern bekommen seltener eine Antikoagulation verschrieben als Männer und werden öfters nur mit Aspirin behandelt. Dies hat heute jedoch keinen Stellenwert mehr in der Behandlung von Vorhofflimmern, da es nicht gegen die Gerinnselbildung bei Vorhofflimmern wirkt und trotzdem Blutungskomplikationen verursachen kann.
Wie lässt sich der Unterschied in der Behandlung von Frauen und Männern begründen? Vermutet wird, dass die behandelnden Ärzte bei den oftmals älteren und zerbrechlicheren Patientinnen das individuelle Blutungsrisiko als zu hoch für eine Vollantikoagulation einschätzen und deshalb nur Aspirin verordnen. Da in randomisierten Studien für Medikamentenzulassungen ältere und multimorbide Patienten meist nur erschwert eingeschlossen werden können, z. B. wegen schlechter Erreichbarkeit des Studienzentrums aufgrund von Immobilität, lassen sich die Daten der Studien nicht immer eins zu eins auf einzelne Individuen übertragen. Frauen sollten bei Vorhofflimmern jedoch genauso wie Männer eine Therapie mit Antikoagulanzien zur Vorbeugung von Schlaganfällen erhalten.
Die Einstellung der Herzfrequenz erfolgt üblicherweise mit Medikamenten, welche diese herabsenken. Anzustreben ist dabei i. d. R. ein Ruhepuls von 70–80/Min., denn wenn das Herz zu schnell schlägt, kann es sich nicht gut füllen und weniger Blut gelangt in den Körper. Dadurch entstehen Beschwerden wie Luftnot bei Belastung und Schwäche.
Bei Frauen kommt es unter Medikamenten wie Betablockern häufiger als bei Männern zu einem zu langsamen Puls im normalen Sinusrhythmus, obwohl die Herzfrequenz im Falle von Vorhofflimmern immer noch zu hoch ist. Dieses Bradykardie-Tachykardie-Syndrom ist behandelbar mit einer Herzschrittmacherimplantation. Der Herzschrittmacher kann vor Bradykardie schützen und die medikamentöse Therapie die Tachykardie bei Vorhofflimmern absenken. Weil dieses Phänomen häufiger bei Frauen als bei Männern auftritt, werden mehr Frauen als Männer bei Vorhofflimmern mit einem Herzschrittmacher behandelt. Vor Implantation eines Schrittmachers wird mittlerweile beim Tachykardie-Bradykardie-Syndrom geprüft, ob es sinnvoll ist, eine Vorhofflimmerablation (s. u.) durchzuführen. Dies ist bei Patienten indiziert, bei denen bisher keine schweren Ohnmachtsanfälle aufgetreten sind und die Vorhofflimmerablation unter Berücksichtigung der Vorerkrankungen Erfolg versprechend scheint. Ziel ist, nach der Ablation die herzfrequenzsenkenden Medikamente zu reduzieren oder sogar ganz absetzen zu können.
Bei Vorhofflimmern können Antiarrhythmika den normalen Sinusrhythmus erhalten und das Wiederauftreten von Vorhofflimmern unterdrücken. Die Arzneistoffe (z. B. Flecainid, Propafenon, Amiodaron) wirken auf die Ionenkanäle am Herzen. Aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Ionenkanäle bei Männern und Frauen sind auch die Auswirkungen bei ihnen verschieden. Beispielsweise ist die Repolarisation bei Frauen öfters durch diese Medikamente gestört. Das lässt sich anhand eines Ruhe-EKG prüfen, indem die sogenannte QT-Zeit gemessen wird. Selbst ohne Medikamente ist sie bei Frauen länger als bei Männern. Wenn unter dem Einfluss eines Medikaments die QT-Zeit deutlich verlängert wird, muss es abgesetzt werden, da es potenziell zu Herzrhythmusstörungen aus den Herzkammern führen könnte. Bei beiden Geschlechtern können Antiarrhythmika sicher angewendet werden, wenn die Vorsichtsmaßnahmen und Kontraindikationen beachtet werden.
Vorhofflimmern, das immer wieder auftritt und Beschwerden bereitet, kann in vielen Fällen auch mit einer Katheterablation behandelt werden. Üblicherweise werden dabei die Zentren der Entstehung des Vorhofflimmerns und zwar die Lungenveneneinmündungen elektrisch vom Vorhof „ab-isoliert“. Dies kann Punkt für Punkt mit Radiofrequenzstrom oder in einem Ballonverfahren in Kryotechnik erfolgen (s. Abb. 2). Die Kälteballontechnik hat gegenüber dem Punkt-für-Punkt-Verfahren den Vorteil, dass jede einzelne Lungenvene en bloc mit einer Kälteapplikation über drei Minuten sicher und effektiv isoliert werden kann. Über einen Spiralkatheter mit Elektroden kann dabei der Zeitpunkt der Isolation genau bestimmt werden (s. Abb. 3).
Das Ergebnis hängt vor allem davon ab, inwieweit die Vorhöfe bereits vergrößert sind und ob das Vorhofmuskelgewebe bereits durch Bindegewebe („Fibrose“) ersetzt wurde. Bei Frauen ist die Erfolgsaussicht etwas niedriger als bei Männern. Ursächlich können die unterschiedlichen Grunderkrankungen sein, die bei den Geschlechtern Vorhofflimmern auslösen (s. o.). Da der Umbau des Vorhofherzmuskels in Bindegewebe altersabhängig ist, haben Frauen oftmals zum Zeitpunkt des Auftretens von Vorhofflimmern bereits kränkere, durch mehr Bindegewebe umgewandelte Vorhofmuskelzellen als Männer. Auf der anderen Seite haben Männer meist sowieso die größeren Herzvorhöfe und die muskelstärkeren Herzwände. Prinzipiell kann bei Frauen und Männern in erfahrenen Zentren die Katheterablation sicher und effektiv durchgeführt werden, wenn Leidensdruck besteht. So können bei geeigneten Patienten, die nach der Isolation der Lungenvenen weiterhin an Vorhofflimmern leiden, mit einem ultrahochauflösenden Mapping-System die Vorhöfe und das Substrat in einem weiteren Eingriff sehr genau untersucht werden und eine Ablationsstrategie individuell für den Patienten festgelegt werden (s. Abb. 4).
Die zuvor beschriebenen geschlechtsspezifischen Unterschiede werden mittlerweile in der Fachwelt berücksichtigt. So ist in den Fachleitlinien für Vorhofflimmern der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) über diese Unterschiede zwischen Männern und Frauen ein eigenes Kapitel angeführt.[1] Und Ende 2018 erschien erstmals ein Positionspapier der Fachgesellschaften zum Thema Geschlechterunterschiede bei Herzrhythmusstörungen.[2]
Der Autor
Dr. med. Florian Straube
Geschäftsführender Oberarzt
München Klinik Bogenhausen und Schwabing, Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin
florian.straube@muenchen-klinik.de
Die Autorin
Prof. Dr. med. Ellen Hoffmann
Chefärztin
München Klinik Bogenhausen und Schwabing, Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin
[1] Kirchhof P, Benussi S, Kotecha D et al., Europace 2016; 18: 1609–1678
[2] Linde C, Bongiorni MG, Birgersdotter-Green U et al., Europace 2018; 20: 1565–1565ao