Lower Urinary Tract Symptoms (LUTS) führen Männer über 50 Jahre häufig in die Hausarztpraxis. Ältere beklagen oft auch Symptome eines Testosteronmangels. Die Kombination von LUTS und Testosteronmangel ist demzufolge weitverbreitet. Studien belegen den Nutzen einer Testosterontherapie auch bei LUTS-Beschwerden.
Lower Urinary Tract Symptoms (LUTS) zählen zu den häufigsten Gründen, weshalb Männer über 50 Jahre ihren Hausarzt konsultieren. Die Beschwerden: erhöhte Miktionsfrequenz, Nykturie, schmerzhafte Miktion, schwacher Harnstrahl und verzögerter Miktionsbeginn, Drang-, Belastungs- oder Mischinkontinenz, Harnretention oder eine über- bzw. unteraktive Blase (Under-/Overactive Bladder Syndrome) [1]. Sie sind stark mit dem Alter assoziiert, und man geht davon aus, dass die meisten älteren Männer zumindest ein Symptom des unteren Harntrakts aufweisen [1].
Korrelation zwischen Hypogonadismus und LUTS
Ältere Männer mit Testosteronmangel leiden meist an einem funktionellen Hypogonadismus, der insbesondere im Zusammenhang mit altersassoziierten Erkrankungen wie Adipositas, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck sowie einem ungesunden Lebensstil auftritt. Man spricht hier auch von „Altershypogonadismus“, obwohl nicht das Alter per se die Ursache ist. Obwohl Männer im fortgeschrittenen Alter häufig sowohl an LUTS als auch an einem Testosteronmangel leiden, konnte ein kausaler Zusammenhang jedoch bislang noch nicht gezeigt werden. Eine direkte und enge Korrelation besteht bei Älteren mit LUTS auch zwischen Hypogonadismus- und Prostatabeschwerden sowie der Lebensqualität [2]. Außerdem sind LUTS signifikant mit Depression und Ängstlichkeit assoziiert, Symptome, die man ebenso mit Testosteronmangel in Verbindung bringt [3]. Aus Studien ist bekannt, dass etwa einer von vier LUTS-Patienten mit benigner Prostatahyperplasie (BPH) auch einen Testosteronmangel aufweist [4].
In Untersuchungen wurde gezeigt, dass sich LUTS-Beschwerden bei einer Testosterongabe verringern können, besonders bei Patienten mit metabolischem Syndrom: Bei 28 hypogonadalen Männern mit metabolischem Syndrom und sexueller Dysfunktion besserte sich durch eine zwölfmonatige Gabe von lang wirkendem, intramuskulär zu injizierendem Testosteron-Undecanoat (TU) der Prostata-Beschwerdescore (IPSS) signifikant [4,5]. In einer weiteren Studie sah man zudem positive Effekte auf metabolische Parameter: Bei 261 hypogonadalen Männern mit erektiler Dysfunktion (ED) verbesserten sich unter einer TU-Therapie über fünf Jahre Körpergewicht, Body-Mass-Index, Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin, High-Density-Lipoprotein-Cholesterin, HbA1C und Blutdruck [6]. Im selben Kollektiv wirkte sich zudem die Testosterontherapie signifikant positiv auf LUTS aus (gemessen mittels Restharnvolumens [Abb. 1] und IPSS [Abb. 2]) [7].
Hypogonadismus und LUTS sind bei Älteren eng korreliert, ein kausaler Zusammenhang konnte bisher nicht gezeigt werden.
Transdermales Testosteron bessert LUTS
Dass insbesondere auch eine transdermale Applikation von Testosteron (ohne die Notwendigkeit regelmäßiger Injektionen) einen positiven Einfluss auf LUTS-Beschwerden hat, wurde in einer prospektiven, randomisierten und placebokontrollierten Studie an 62 hypogonadalen Männern gezeigt: 31 Patienten erhielten für drei Monate transdermales Testosteron und 31 Placebo [8]. Dabei verbesserten sich die Harnflussgeschwindigkeit, die Hypogonadismus-Beschwerden und die erektile Dysfunktion signifikant. Der Score zur Bestimmung der LUTS-Beschwerden optimierte sich numerisch. Die Autoren konkludierten, dass eine transdermale Testosterontherapie LUTS- und ED-Symptome effektiv bessert [8].
Ältere Patienten aktiv auf LUTS und Hypogonadismus ansprechen
Bei hypogonadalen Männern mit LUTS kann eine Testosterontherapie nicht nur Testosteronmangelsymptome wie erektile Dysfunktion, Libidoverlust oder abnehmende Muskelmasse bessern, sondern sich auch positiv auf die LUTS-Beschwerden auswirken. Deshalb sollte der Hausarzt bei Patienten, die sich mit LUTS-Beschwerden vorstellen, immer auch an einen möglichen Hypogonadismus denken, diesen abklären oder den Patienten zur weiteren Diagnostik zum Urologen überweisen. Da bereits eine alleinige Testosterongabe LUTS-Beschwerden bei diesen Patienten möglicherweise lindert, kann ggf. auf spezifische LUTS-Medikamente verzichtet oder deren Dosis reduziert werden. Sowohl bei LUTS als auch beim Hypogonadismus handelt es sich um häufig tabuisierte, schambehaftete Themen – deshalb sollte der Hausarzt Patienten der entsprechenden Altersgruppe aktiv darauf ansprechen.