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Gynäkologie

Peri- und Postmenopause

Therapie vasomotorischer Beschwerden

Prof. Dr. med. Thomas Römer

18.10.2024

Vasomotorische Beschwerden sind die Hauptsymptome klimakterischer Beschwerden, reduzieren erheblich die Lebensqualität und sind mit weiteren Risiken verbunden. Dieser Beitrag stellt die verschiedenen therapeutischen Optionen vor und gibt Tipps für die Patientinnenkommunikation.

Vasomotorische Symptome sind die Leitsymptome im Klimakterium und betreffen sehr viele Frauen. Dies führt zu einer Einschränkung der Lebensqualität. Sowohl das Spektrum der Hitzewallungen von sehr mild bis sehr stark variiert als auch die Zeitdauer. Vasomotorische Beschwerden können oft schon in der Perimenopause auftreten und sehr lang anhalten. In Untersuchungen wurde gezeigt, dass die mediane Dauer von vasomotorischen Beschwerden 7 Jahre beträgt. Nimmt man die Einteilung der verschiedenen Stadien des Klimakteriums zugrunde, zeigt sich, dass ein großer Anteil der Frauen betroffen ist, insbesondere in der späten Transitionsphase und der frühen Postmenopause (Tab. 1).

Am häufigsten bestehen vasomotorische Beschwerden in der frühen Postmenopause. Je früher die Beschwerden beginnen, desto länger können sie anhalten – bis zu 11,8 Jahre klinisch relevant sein. Induziert werden die vasomotorischen Beschwerden durch den Eintritt der natürlichen Menopause oder auch durch eine induzierte Menopause, z. B. bedingt durch Operationen. Besonders deutlich wird dies bei einer prämaturen Ovarialinsuffizienz. Bei einem Eintritt der natürlichen Menopause kommt es bei oft erheblichen Hormonschwankungen in der Perimenopause zu einem Abfall des Progesterons, später des Estrogens. Dies wird dann zum Auslöser der vasomotorischen Beschwerden.

Klassifikation und assoziierte Folgen

In den FDA-Richtlinien werden die Episoden von vasomotorischen Beschwerden als leicht, moderat und schwer klassifiziert. Unter milden Beschwerden versteht man ein Hitzegefühl ohne Schwitzen, unter moderaten Beschwerden ein Hitzegefühl mit Schwitzen und möglichem Fortsetzen der Aktivitäten. Schwere Hitzewallungen bedeuten ein Hitzegefühl und die sofortige Einstellung der Aktivitäten. Für die Praxis bedeutet das, dass wenige schwere vasomotorische Beschwerden den Alltag deutlich mehr beeinträchtigen können als zahlreiche milde vasomotorische Beschwerden.

In zahlreichen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Patientinnen mit vasomotorischen Beschwerden einige erhöhte Risiken haben. Dies betrifft sowohl ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko als auch ein erhöhtes Frakturrisiko. Es bestehen häufiger Schlafstörungen, Depressionen und Angstzustände sowie eine Verschlechterung der kognitiven Funktionen. So wurde z. B. gezeigt, dass die Häufigkeit von Schlafstörungen mit dem Schweregrad von vasomotorischen Beschwerden zunimmt (Abb. 1).

Therapie mit einer HRT

Die effektivste Methode zur Behandlung von vasomotorischen Beschwerden ist eine Hormonsubstitution mit Estrogenen. Dazu sollte die Patientin beraten werden, zumal die Hormonsubstitution neben der Therapie vasomotorischer Beschwerden weitere Vorteile hat. So gilt es zunächst in der Beratung, die Häufigkeit und die Patientin störende Symp­tomatik zu erfassen. Hier sind vasomotorische ­Beschwerden sicherlich als Leitsymptom zu sehen. Eine Erfassung von Häufigkeit und Schweregrad ist sehr sinnvoll.

Des Weiteren sind Risikofaktoren und Komedikationen vor einer Therapie zu erfassen und die konkreten Ängste der Patientin vor einer Hormonsubstitution zu erfragen, um dann dazu eine Beratung mit objektiven Daten durchzuführen. Hieraus ergibt sich dann die individuelle Nutzen-Risiko-Konstellation. So wird sich dann die Frage ergeben, ob eine Hormonsubstitution möglich ist oder ob eventuell Kontraindikationen ­bestehen oder spezielle Risikofaktoren vorliegen. Des Weiteren steht auch trotz sorgfältiger Beratung ein Teil der Frauen einer Hormonsubstitution immer noch ablehnend gegenüber, auch wenn keine Kontraindikation und Risikofaktoren bestehen.

Auf die Ängste der Patientinnen bezüglich der HRT muss im Aufklärungsgespräch eingegangen werden.

Für eine Hormonsubstitution gibt es heute vielfältige Möglichkeiten, wobei heute bevorzugt eine transdermale Therapie, bei nicht hysterektomierten Patientinnen mit einem entsprechenden Gestagenzusatz, angewendet wird. Hier zeigt sich relativ schnell, meist innerhalb von 4 Wochen, eine Reduktion von Hitzewallungen. Sollte der Effekt im Verlauf nicht eintreten, sind ggf. Interaktionen oder Resorptionsprobleme, z. B. bei einer transdermalen Substitution, zu erfragen.

Pflanzliche Präparate

In einer Vielzahl von Fällen ist es heute der Trend, zunächst pflanzliche Präparate zur Therapie von Hitzewallungen anzuwenden. Meist sind diese wenig effektiv. Die pflanzlichen Präparate sind hinsichtlich ihres Nutzens und Risikos derzeit nicht ausreichend untersucht. In einem Schweizer Expertenbrief zum Thema Phytoestrogene wurde gezeigt, dass Isoflavone die Hitzewallungen reduzieren können, allerdings zeigen die meisten Metaanalysen keine signifikante Überlegenheit von Isoflavonen im Vergleich zu Placebo bei der Wirksamkeit von Hitzewallungen. Die Sicherheit von Isoflavonen bei an Brustkrebs erkrankten Frauen ist nicht ausreichend untersucht. Der Schweizer Expertenbrief gibt eine Übersicht über verschiedene Phytotherapien (Tab. 2).

Nicht hormonelle medikamentöse Therapien

In den Leitlinien werden Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), Clonidin und Gabapentin als therapeutische Interventionsmöglichkeiten genannt.

Diese sollten primär nicht routinemäßig gegen vasomotorische Beschwerden angewendet werden. Die Wirksamkeit ist in einigen Studien belegt, allerdings bestehen hier primär andere Indikationsbereiche und auch damit verbundene Nebenwirkungen. Bei der Anwendung dieser Medikamente sind auch mögliche Interaktionen bei Brustkrebspatientinnen mit Tamoxifen zu beachten, z. B. bei Paroxetin und Citalopram. Für ­Venlafaxin trifft dies nicht zu (Tab. 3).

Als zugelassene nicht hormonelle Therapie steht mit Fezolinetant als ein Neurokinin-3-Rezeptor-Antagonist ein direkter Ansatz für die Therapie vasomotorischer Beschwerden zur Verfügung. Es gibt einen direkten Effekt auf die Neuronenaktivität, die zu einer veränderten thermoregulatorischen Aktivität durch den Estrogenausfall führt. Es kommt damit zu einer direkten Hemmung der ­vasomotorischen Beschwerden. Dies wurde im Zuge von Zulassungsstudien untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass Fezolinetant im Vergleich zu Placebo in den Studien sowohl die Häufigkeit von ­vasomotorischen Beschwerden als auch den Schweregrad reduziert (Abb. 2). Somit betrug die mittlere Reduktion der Häufigkeit vasomotorischer Beschwerden in Fezolinetant-Gruppen über 50 %. Die Wirkung wurde auch nach einem Jahr bei­behalten.

Die orale Anwendung von 45 mg Fezolinetant pro Tag ist somit effektiv. Es bestehen nur sehr geringe Nebenwirkungen, die in den Studien unter 1 % lagen. Die häufigsten Nebenwirkungen, die in der Fachinformation beschrieben wurden, allerdings in einem niederschwelligen Bereich, sind: Schlaflosigkeit, Diarrhö, abdominale Schmerzen und Leberwerterhöhung. Das Präparat sollte nicht bei schweren Nierenfunktionsstörungen und chronischen Leberfunktionsstörungen sowie aktiven Lebererkrankungen angewendet werden. Eine Einschränkung für Raucherinnen besteht nicht. Es ist keine Dosis­anpassung nötig.

Aktuell gibt es keine verfügbaren Daten bei Patientinnen über 65 Jahre. Hier ist noch zu klären, ob auch eine Dosisanpassung nötig ist. Zu beachten sind Interaktionen, besonders mit CYP1A2-Hemmern. Deshalb ist hier eine genaue Anamnese ­erforderlich. Klinisch bedeutsame CYP1A2-Inhibi­toren sind Cimetidin, Ciprofloxacin, Diclofenac, ­Fluoxetin, Ketoconazol und Nifedipin. In der Praxis ergeben sich 6 typische Indikationsgruppe für ­Fezolinetant (zukünftig auch für Elinzanetant).

Eine wichtige Frage in der Praxis, wie es sich mit der Anwendung bei Patientinnen mit Mammakarzi­nomen verhält. Für Frauen, die mit einem Mammakarzinom unter einer laufenden Therapie stehen, gibt es keine Daten, sodass die Anwendung nicht empfohlen wird, aber auch nicht kontraindiziert ist. Hier laufen zurzeit entsprechende Studien. Wenn die Therapie des Mammakarzinoms abgeschlossen ist und die Patientinnen keine onkologischen Behandlungen mehr erhalten, sollte in diesen Fällen eine individuelle Nutzen-Risiko-Analyse erfolgen. Aus meiner Sicht kann hier Fezolinetant angewendet werden. Vergleicht man Fezolinetant mit anderen Präparaten, zeigen sich Vorteile gegenüber pflanzlichen Präparaten und SSRI-Hemmern. Im Vergleich zu einer HRT bestehen jedoch Nachteile, da viele andere Symptome der Peri- und Postmenopause nicht mitbehandelt werden (Tab. 4).

Ausblick

Die Entwicklung in dem Bereich der Neurokinin-Rezeptor-Antagonisten geht weiter. In ersten Untersuchungen wurde die Wirksamkeit eines dualen Neurokinin-1- und -3-Rezeptor-Antagonisten untersucht. Bei der Anwendung von 120 mg ­Elinzanetant konnte im Vergleich zu Placebo ­gezeigt werden, dass auch hier eine Verringerung der vasomotorischen ­Beschwerden um 50 % erreicht wurde. Die häufigsten Nebenwirkungen ­waren hier Kopfschmerzen und Müdigkeit. Eine Lebertoxizität wurde nicht gezeigt. Entsprechende Studien zur Effektivität bei Schlafstörungen und der Anwendung bei Brustkrebs­patientinnen laufen derzeit.

Zusammenfassung

Vasomotorische Beschwerden sind die Hauptsymptome klimakterischer Beschwerden, reduzieren erheblich die Lebensqualität und sind mit weiteren Risiken verbunden. Die HRT ist die effektivste Methode zur Therapie von vasomotorischen Beschwerden. Vor der Anwendung ist hier eine sorgfältige Nutzen- und Risiko-Analyse notwendig. Zur Therapie der vasomotorischen Beschwerden steht neben pflanzlichen Präparaten und nicht zugelassenen medikamentösen Verfahren jetzt auch eine nicht hormonelle Option mit ­Fezolinetant, in Zukunft auch mit Elinzanetant, zur Verfügung. Dies kann für Patientinnen eine wirksame Alternative sein, bei denen Kontraindikationen und Risikofaktoren für eine HRT bestehen oder eine Hormonphobie. Den Patientinnen sollten alle Therapieoptionen mit deren Vor- und Nachteilen zur Therapie vasomotorischer Beschwerden offeriert werden. Dies trägt zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Patientinnen in einem langen Lebensabschnitt bei.

Der Autor

Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal

Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE

thomas.roemer@evk-koeln.de

Literatur beim Autor

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