Narkolepsie ist eine chronische, immunvermittelte neurologische Erkrankung. Exzessive Tagesschläfrigkeit und Kataplexien stellen die Hauptsymptome dar. Häufig wird die Diagnose erst mit großer Latenz gestellt. Die Behandlung beinhaltet verhaltenstherapeutische Maßnahmen und eine symptomatische medikamentöse Therapie.
Narkolepsie gehört zu den Hypersomnolenz-Erkrankungen zentralen Ursprungs. Sie ist eine seltene Erkrankung und betrifft ca. 26–50/100 000 Personen. Allerdings wurden in Deutschland geschätzt nur bei ca. 5–10 000 Menschen die Diagnose Narkolepsie gestellt. Erste Symptome der Erkrankung treten in der Regel während der Jugend bzw. im jungen Erwachsenenalter auf. Frauen und Männer sind in etwa gleich häufig von Narkolepsie betroffen.
Bei der Narkolepsie kommt es zu einer komplexen Störung der Schlaf- und Wachregulation. Hauptsymptom der Narkolepsie ist die chronische Tagesschläfrigkeit. Diese beinhaltet auch Schlafattacken, eine Einschlafneigung und quasi automatische Handlungen (im Sinne eines Mikroschlafs, währenddessen noch motorische Tätigkeiten weiter ausgeführt werden). Kurze Tagesschlafzeiten werden als erholsam empfunden. Die Tagesschläfrigkeit ist von Müdigkeit abzugrenzen. Letztere beschreibt ein erhöhtes Ruhe- bzw. Erholungsbedürfnis nach einer körperlichen bzw. mentalen Aktivität, im Gegensatz zur Tagesschläfrigkeit, die ein hohes Bedürfnis nach Schlaf beschreibt und der Schlaf dann auch rasch eintritt. Neben der Tagesschläfrigkeit stellt die Kataplexie das pathognomonische Symptom der Narkolepsie mit Kataplexie dar. Eine Kataplexie beschreibt einen durch eine Emotion (typischerweise Lachen oder Freude) plötzlich ausgelösten Verlust des Muskeltonus. Dieser ist in der Regel von kurzer Dauer (Sekunden bis wenige Minuten). Während einer Kataplexie ist das Bewusstsein, im Gegensatz zu einem epileptischen Anfall oder einer Synkope, erhalten.
Für die Entstehung einer Narkolepsie sind sowohl genetische als auch Umweltfaktoren von Bedeutung. Bei > 98 % der Erkrankten mit einer „Narkolepsie mit Kataplexie“ liegt der Haplotyp HLA-DQB1*0602 vor und stellt ein 250-fach erhöhtes Risiko dar, an Narkolepsie zu erkranken. Auch wurde über ein vermehrtes Auftreten an Narkolepsiefällen nach der H1N1-Pandemie 2009 („Schweinegrippe“) und nach einer H1N1-Impfung mit einem den Grippevirusstamm A/California/7/2009 (H1N1)v-like strain (X-179A) enthaltenden Impfstoff berichtet. In 2018 wurden autoreaktive T-Zellen gegen Hypokretin bei Narkolepsie-Patienten beschrieben, sodass heute von einem autoimmunvermittelten Mechanismus ausgegangen wird, der dazu führt, dass Hypokretin-produzierende Neurone zerstört werden (> Autoimmunerkrankungen). Bei Narkolepsie besteht also ein Hypokretinmangel. Dieser stellt die zentrale Störung der Erkrankung dar und ist für die meisten Symptome verantwortlich.
Neben den klinisch-anamnestischen Angaben von chronischer Tagesschläfrigkeit und ggf. Kataplexien wird die Diagnose anhand einer schlafmedizinischen Untersuchung mit Video-Polysomnografie und einem multiplen Schlaflatenz-Test (MSLT) gestellt. Ebenso kann eine Hypokretinmessung im Liquor zur Diagnose einer Narkolepsie mit Kataplexie (Typ-1-Narkolepsie) führen. Zudem muss ein Ausschluss von anderen Ursachen für Tagesschläfrigkeit, u. a. mittels MRT des Schädels, erfolgen.
Die Behandlung beinhaltet zunächst verhaltenstherapeutische Maßnahmen. Eine feste Tagesstruktur inklusive der Einplanung von einer oder mehreren, kurzen Schlafpausen ist besonders wichtig. Zudem sollte auf eine gute Schlafhygiene und ausreichend körperliche Bewegung geachtet werden. Zur medikamentösen Therapie werden verschiedene Präparate eingesetzt. Hierbei werden vor allem Wachheit-fördernde Medikamente wie Modafinil oder neuere Präparate wie Pitolisant oder Solriamfetol eingesetzt. Für Kataplexien werden Medikamente wie Natriumoxybat, Pitolisant oder einzelne Antidepressiva eingesetzt. Zudem besteht die Möglichkeit einer Narkolepsie-spezifischen Rehabilitationsbehandlung.
Zukünftige Therapien zielen darauf ab, das fehlende Hypokretin zu ersetzen. Erste Studien mit einem Hypokretin-Rezeptor-Agonisten verliefen vielversprechend. Weitere, noch experimentelle Studien untersuchen die Möglichkeit, durch immunsupprimierende oder -modulierende Therapien die Erkrankung zu behandeln.
Der Autor
PD Dr. med. Ulf Kallweit
Fellow of the European Academy of Neurology
Leiter Ambulanz für Narkolepsie/Hypersomnien
Leiter Klin. Schlaf- und Neuroimmunologie Universität Witten/Herdecke
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