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Allgemeinmedizin

Erniedrigter Phosphatspiegel

Burosumab als kausale Therapie bei Phosphatdiabetes

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christian Wüster

27.1.2023

Die X-chromosomale Hypophosphatämie ist eine seltene Form der Rachitis, bei der es durch einen renalen Phosphatverlust zu einer Erniedrigung des Serumphosphates kommt. Ursache ist eine Mutation im PHEX-Gen. Zur Therapie steht nun mit Burosumab ein humanisierter monoklonaler Antikörper zur Verfügung.

Die Differenzialdiagnostik der Hypophosphatämie ist vielschichtig: Am häufigsten tritt ein erniedrigter Phosphatserumspiegel bei einseitiger Ernährung bzw. Mangelernährung (wie bei Anorexia nervosa) auf. Seltener wird er durch die Einnahme von Antazida verursacht oder zeigt sich bei Alkoholismus, Sepsis, respiratorischer Alkalose (z. B. COPD), primärem Hyperparathyreoidismus, Vitamin-D-Mangel sowie chronischer Diarrhoe. Hypophosphatämische Rachitiden sind selten, hiervon ist am häufigsten die XLH, die X-chromosomal gebundene hypophosphatämische Rachitis, früher „Phosphatdiabetes“ genannt. Ursächlich verantwortlich ist eine inaktivierende Mutation auf dem PHEX-Gen, das sich auf dem ­X-Chromosom befindet.

Die Abkürzung PHEX steht für „Phosphate Regulating Endopeptidase on the X chromosome“ und kodiert für eine Zinkmetalloendopeptidase. Bisher wurden ca. 350 verschiedene PHEX-Mutationen beschrieben. Der Funktionsverlust von PHEX führt zur Überexpression von FGF(Fibroblasten-Wachstumsfaktor)-23. Der Schweregrad der XLH-Erkrankung selbst kann innerhalb einer Familie erheblich variieren und wird vermutlich durch weitere modifizierende Faktoren beeinflusst. Die Mutationen des PHEX-Gens werden dominant vererbt. In 20 % der Fälle handelt es sich um spontane Mutationen. Ist die Mutter betroffen, so ist zu 50 % vermutlich auch ein Kind betroffen – unabhängig vom Geschlecht. Ist jedoch der Vater betroffen, so vererbt er die Erkrankung über das mutierte X-Chromosom nur an seine Töchter. Da der Phänotyp sehr variabel sein kann, empfiehlt sich zumindestens bei Neumutationen eine molekulargenetische Bestätigung der Diagnose.

Symptome und Therapieoptionen

FGF-23 gehört zu einer Familie von Proteinen mit Hormonwirkung. Er wird vorwiegend im Knochen durch Osteoblasten und Osteozyten produziert und wird durch die Proteine PHEX, DMP1 und MEPE gehemmt. FGF-23 hemmt im proximalen Tubulus die Phosphatabsorption, während er im distalen Tubulus die Calcium- und Natriumabsorption stimuliert. Im proximalen Tubulus führt der FGFR-Klotho-FGF-23-Komplex über mehrere Zwischenstufen zur Phosphorylierung von NHERF1 (Na+/H+ exchanger regulatory factor 1). Über NHERF1 wird die Verfügbarkeit der Natrium-abhängigen Phosphat-Cotransporter in der Bürstensaummembran des proximalen Tubulus reguliert. Also kommt es zu einer Hemmung des Phosphattransports durch Internalisierung und ­Degradation der Transporter. Des Weiteren hemmt FGF-23 im proximalen Tubulus die Transkription der 1α-Hydroxylase (CYP27B1) und damit die Synthese von Calcitriol. Die Überexpression von FGF-23 infolge der PHEX-Mutation hat folgende Auswirkungen:

  • Steigerung der renalen Phosphatexkretion durch verminderte Expression der renalen Natriumphosphat-Cotransporter
  • Hemmung der intestinalen Phosphatabsorption durch Suppression der Vitamin-D-Hormon-Synthese

Typische Symptome von XLH bei Erwachsenen sind:

  • Kleinwuchs
  • Frakturen und Pseudofrakturen (Abb.)
  • Enthesiopathien: extraossäre Calcifikationen der Sehnen, Ligamente und Gelenkkapseln bewirken Gelenkschmerzen sowie Bewegungseinschränkungen
  • Arthrosen: besonders häufig an Wirbelsäule, Hüft- und Kniegelenken
  • Muskelschmerzen und Muskelschwäche
  • Gehörverlust häufig in Kombination mit Tinnitus und/oder Schwindel
  • Dentale Probleme: > 60 % haben > 5 Zahn­abszesse
  • geringe Lebensqualität durch Schmerzen und Einschränkungen der Beweglichkeit  

Bisher bestand die Therapie aus der oralen Gabe von Phosphat und Calcitriol. Seit Neuestem gibt es mit Burosumab einen humanisierten monoklonalen Antikörper gegen FGF-23, der bei Erwachsenen monatlich verabreicht wird. Es kommt zu einer Normalisierung der Phosphatspiegel, zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität und Reduktion der multiplen Komplikationen durch die XLH. Nebenwirkungen sind milde bis mittelschwer, initial kann es durch die massive Knochenmineralisation zu ­Knochenschmerzen kommen, am beeindruckendsten ist die komplette Heilung von Frakturen, die vorher jahrelang persistierten.

Der Autor

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christian Wüster
Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Osteologe DVO
Ärztlicher Leiter des Hormon- und Stoffwechselzentrums Prof. Wüster MVZ GmbH Mainz

christian@wuster.de

Literatur beim Autor

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