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Reisedermatologie

Parasiten, Milben, Pilze & Co

Vorsicht in Mittel- und Südamerika sowie der Karibik

Dr. med. Viktor A. Czaika

4.4.2025

Nach dem Motto „Passagen zum Himmel und zur Hölle bucht man im selben Reisebüro” (Upton Beall Sinclair, 1878–1968) sollen in einer mehrteiligen Serie auf Reisen erworbene Hauterkrankungen vorgestellt werden, mit deren Behandlung Hausärzte und -ärztinnen konfrontiert werden. Im zweiten Teil: Tropen und Subtropen.

Reisen in die Tropen oder Subtropen sind ganz ­besondere Erlebnisse. Es sind Reiseziele mit paradiesischen Stränden, fremder atemberaubender ­Flora und Fauna und weißen Sandstränden, an denen man dem grauen Alltag entfliehen kann. Doch sollte man sich immer auch der möglichen Risiken bewusst sein, und Gefahren gibt es auch für die Haut. Es sind hier neben den ubiquitären Pyodermien insbesondere auch Pilze und Parasiten, die die Urlaubsfreude und vor allem die Zeit danach um ein Erhebliches trüben können. Mit dem Fokus auf Süd- und Mittelamerika sowie auf die Karibik sollen einige dieser „Spielverderber“ in Wort und Bild kasuistisch dargestellt werden.

Fall 1 – Kutane Larva migrans

Der 45-jährige Handwerksmeister war von einer Karibikreise in der Vorweihnachtszeit zurückgekehrt. Zuerst kaum bemerkt und wenig beachtet, hatte sich allmählich eine schlangenähnlich gewundene Hautveränderung im Bereich der rechten Fußsohle entwickelt. Allenfalls ein geringer Juckreiz wäre zu spüren. Eine „Pilzsalbe“ hätte nicht geholfen.

Befund: An der rechten Fußsohle findet sich ein gewunden-gangartig konfiguriertes entzündliches Infiltrat, teils gelblich-krustig belegt. Das übrige Integument erscheint unauffällig (Abb. 1).

Therapie und Verlauf

Die charakteristischen gewundenen entzündlichen Hautläsionen in Verbindung mit der karibischen Reise­anamnese zwingen zur Blickdiagnose der kutanen Larva migrans. Die parasitäre Infestation ist auch unter den Synonymen „Wanderlarve“, „Hautmaulwurf“ oder in den entsprechenden Urlaubsländern auch als „creeping disease“ bekannt. Überwiegend ursächlich ist der Hunde- und Katzenhakenwurm Ancylostoma braziliense, aber auch Ancylostoma caninum, Strongyloides stercoralis, Ancylostoma ­duodenale, Necator americanus und Gnathostoma spinigerum (Fischnematode) können verantwortlich sein. Betroffene Reisende kommen fast immer aus der Karibik oder anderen warmen Ländern Mittel- und Südamerikas, gelegentlich aber auch aus Afrika oder Asien. Aus dem mit Tierkot kontaminierten Strandsand gelangen die Wurmlarven aktiv in die menschliche Haut, um dann intrakutan über längere Zeit mit einer Geschwindigkeit von etwa 3–5 cm pro Tag „weiterzuwandern“ (Abb. 2).

Da der Mensch nur Fehlwirt ist, sterben die Parasiten nach einigen Monaten spontan ab. Die entzündlich infiltrierten Wanderpfade des Wurms sind zumeist an den Füßen oder am Gesäß manifestiert. Da die Larven Temperaturen bis -20 °C über 5 Minuten recht gut vertragen, ist die Kryotherapie genauso wenig zu empfehlen wie das zuweilen angeratene Abwarten der Spontanheilung, denn die Parasiten sterben erst nach monatelanger „Wanderung“. Da lokale Anthelminthika kommerziell gar nicht erhält­lich sind, ist die Therapie der Wahl ganz klar die dreitägige perorale Behandlung mit Albendazol 800 mg. Obwohl in dieser Indikation nicht offiziell zugelassen, ist auch die orale Einzeittherapie mit Ivermectin 200 µg hervorragend wirksam. Ungeachtet der Tatsache, dass es sich fast immer um eine rein kutane Parasitose handelt, ist die Systemausbreitung, z. B. bei Abwehrschwäche, prinzipiell möglich (viszerale Larva migrans).

Fall 2 – Skabies

Der 57-jährige Verkaufsstellenleiter war über 3 Wochen im Urlaub auf Kuba. Etwa 8 Wochen nach Rückkehr hätten sich langsam zunehmend juckende entzündliche Knoten im Genitalbereich und im weiteren Verlauf auch am seitlichen Rumpf entwickelt. Eine lokale „Pilzbehandlung“ mit Nystatin und Cortison sei erfolglos geblieben. Der Juckreiz wäre insbesondere nachts in der Bettwärme nahezu unerträglich geworden. Zu seinem Karibikurlaub befragt, räumte er ein, dort sexuelle Kontakte zu einheimischen Frauen gehabt zu haben, jedoch stets geschützt.

Befund: Inguinal, am Penisschaft und auch skrotal (Abb. 3) multiple granulomartige livid-erythematöse Knoten. Am seitlichen Rumpf kleinere entzündliche Papeln. Das lässt auf Skabies schließen.

Die Renaissance der Skabies lässt einen klaren zeitlichen Zusammenhang mit der Zunahme der Flüchtlingsströme nach Europa erkennen, und tatsächlich leisten reduzierte und problematische sozioökonomische Umstände der Parasitose Vorschub. Sie ist mittlerweile zu einem sehr häufigen Problem in Hausarztpraxen geworden, und auch Schulkinder, Studenten, Familien sowie Bewohner von Altenheimen sind betroffen. Doch die Skabies zählt eben auch zu den sexually transmitted diseases (STD) und wird gerade auf Reisen oft erworben. Speziell die Karibikregion zählt zu den Endemiegebieten, in denen ein hoher Prozentsatz (bis zu 15 %) ins­besondere der ärmeren Bevölkerung betroffen ist. In vielen Ländern des globalen Südens ist die Skabies eine endemische Massenerkrankung.

Die bevorzugte Beteiligung der Genitalregion wie im vorliegenden Fall ist ein deutlicher Hinweis auf eine sexuell erworbene Infektion, denn die Ansteckung setzt einen engen körperlichen Kontakt mit Infizierten voraus. Die durch unzählige Fortsätze und Stacheln vergrößerte Oberfläche der Skabiesmilbe sowie auch die Eier und Ausscheidungen bewirken eine intensive antigene Präsentation. Die heftig juckenden länglichen Papeln mit sonst typischer Manifestation in den Fingerzwischenräumen, dem seitlichen Rumpf und der Genitalregion sind Ausdruck der ausgeprägten Typ-IV-Ekzemreaktion gegen die antigenen Strukturen der weiblichen Milben, die sich nach der Paarung Gänge in die Epidermis bohren und dort ihre Eier ablegen. Geradezu pathognomonisch ist der nächtliche Juckreiz.

Behandlung

Die Therapie soll nach Leitlinie mit Permethrin-Ganzkörperbehandlung über Nacht an den Tagen 1 und 14 erfolgen, inzwischen aber ist bei vielen Betroffenen erst die systemisch-perorale Einzeittherapie mit Ivermectin erfolgreich. Das Skabiesekzem muss über einige Wochen mit antiinflammatorischen Externa (Clobetasol, Mometason) zurückgedrängt werden.

Fall 3 – „Tinea of the groin“

Der 38-jährige Industriemechaniker ist beruflich oft über längere Zeit in Südamerika. Seit einigen Wochen beobachtet er eine zunehmende ringförmige Rötung und Schuppung an der Oberschenkelinnenseite. Zunehmend beklagt er Juckreiz. Schon seit einem halben Jahr bestehen Schuppung und leichter Juckreiz in den Zehenzwischenräumen.

Befund: Im Bereich des linken Oberschenkels etwa handflächengroße, runde, schuppende Plaque mit Randbetonung. In der weiteren Umgebung sind Satellitenläsionen sichtbar (Abb. 4).

Mykologie: Hautgeschabsel inguinal und interdigital: Pilzelemente im KOH-Nativpräparat. In der Kultur Nachweis von Trichophyton rubrum.

Therapie und Verlauf

Schon blickdiagnostisch stellt sich der hochgradige Verdacht auf das Vorliegen einer Tinea inguinalis. Kennzeichen ist die Tinea-Trias aus 1. entzündlichem Infiltrat, 2. Randbetonung und 3. zentral atropher Schuppung.

Während die Tinea inguinalis hierzulande eher bei prädisponierenden Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus oder bei älteren Menschen auftritt, betrifft sie in den tropischen und subtropischen humiden und feuchten Klimaten häufig auch jüngere Männer, insbesondere bei okklusiver Arbeitskleidung wie im Bergbau, beim Straßenbau oder beim Militär. Die Dermatophytose erscheint auch um vieles entzündlicher und teils mazeriert, sie geht oft mit heftigem Juckreiz oder sogar mit Schmerzen einher. Drei Dermatophyten-Genera sind hauptsächlich ursächlich: Trichophyton, Epidermophyton und Microsporum.

Eine Tinea pedis – ebenfalls häufig bei Männern mit okklusivem Schuhwerk in diesen Regionen – ist oft die endogene Infektionsquelle, aber auch pelztragende Haustiere, vor allem Meerschweinchen, können zoophile Dermatophyten wie den Trichophyton mentagrophytes übertragen.

Diese Erreger sind zwar allgemein global weitverbreitet, aber die hohe Inzidenz und stärkere Entzündung im Rumpf- und Leistenbereich sind für die tropischen Regionen typisch und sollten auch auf Reisen bedacht werden, insbesondere bei direkten körperlichen Kontakten.

Bei intertriginösen Läsionen sollten differenzialdiagnostisch immer eine kutane Candidose, eine Psoriasis inversa und – ebenso durch humide Klimate begünstigt – ein Erythrasma (Corynebacterium minutissimum) oder ein gramnegativer Hautinfekt (Pseudomonas aeruginosa) abgegrenzt werden.

Die „Tinea of the groin“ bedarf aufgrund der stärkeren Entzündung immer einer kombinierten antimykotisch-steroidalen Lokaltherapie. Gute Erfahrungen bestehen diesbezüglich mit der Kombination aus dem Breitbandantimykotikum Miconazol und dem Klasse-II-Steroid Flupredniden. Wie auch ­In-vitro-Untersuchungen beweisen, ist Miconazol in hoher therapeutischer Breite nicht nur gegen Dermatophyten und Hefen wirksam, sondern elimi­niert auch hautpathogene grampositive Bakterien. Damit würden auch Pyodermien bzw. impeti­gi­ni­sierte Ekzeme effektiv behandelt. Bei aus­gedehnteren Befunden wäre eine zusätzliche antimykotische systemische Therapie indiziert. Als Mittel der Wahl gilt Terbinafin, aber auch Fluconazol und Itra

Weitere Reisedermatosen aus Mittel- und Südamerika

Mukokutane Leishmaniose

Vor allem in den Gebieten der „Neuen Welt“, also Mittel- und Südamerika, verursacht der Leishmania-Viannia-Komplex (insbesondere Leishmania braziliensis) die mukokutane Leishmaniose, mit Befall der Schleimhäute des Mund-Rachen-Raums, aber auch des Genitalbereichs. Anders als bei der vor allem im Mittelmeerraum und im Mittleren Osten („Alte Welt“) erworbenen kutanen Leishmaniose („Klassische Reise­leishmaniose“, s. vorige Ausgabe DER PRIVATARZT, S. 28–29) sind hier schwere Mutilationen insbesondere im Gesichtsbereich die Folge (Abb. 5). Die Symp­tomatik kann sich noch Jahre nach der primären Hautinfektion entwickeln, wenn diese schon verheilt ist. Die Infektion mit diesen durch die Sandmücke übertragenen Parasiten erfordert eine perorale Systemtherapie mit dem Antiprotozoenmittel Miltefosin.

Tungiasis

Ab dem 16. Jahrhundert breitete sich die Infestation mit dem Sandfloh Tunga penetrans von ursprünglich Brasilien über ganz Südamerika, die Karibik und Afrika und mittlerweile – durch den Klimawandel begünstigt – bis in die Mittelmeerregion aus. Im Sand lauern die nur etwa 1 mm großen Weibchen auf ihre menschlichen Opfer und bohren sich im Vorbeigehen in die Zehenzwischenräume oder unter die Zehennägel. Nach kurzer Zeit finden sie Anschluss zum nächsten Blutgefäß, wo dann die Blutmahlzeit beginnt. Nach 30 Minuten haben sie sich bis zum nächsten Blutgefäß vorgearbeitet. Die Hinterleibsöffnung, aus der auch die Eiablage geschieht, ragt aus der Haut als kleiner schwarzer Punkt heraus (Abb. 6).

Die Flöhe können bis zu 10 mm anschwellen, und nach 2–3 Tagen entwickelt sich eine heftige schmerzhafte Entzündung mit Fremdkörpergefühl. Zudem kann es zu bakterieller Superinfektion bis hin zu Tetanus kommen. Wer nicht abwarten will, bis die Parasiten nach etwa 4–5 Wochen spontan absterben, der sollte diese chirurgisch entfernen lassen. In den Endemieregionen ist die Tungiasis eine typische Armutserkrankung. In Mitteleuropa hingegen ist sie fast ausschließlich bei touristischen Reiserückkehrern anzutreffen. Die Prävention gelingt durch Tragen festen Schuhwerks und durch Einsatz insektizider Sprays.

Myiasis

Die tropischen und subtropischen Regionen Südamerikas und Mittelamerikas sind bekannt für die Myiasis, die „Fliegenmadenkrankheit“. In Lateinamerika ist es die Dasselfliege (Dermatobia hominis), die ihre Eier an Moskitos „befestigt“, die diese dann in die Haut des Wirtes einbringen. Aber auch die direkte Übertragung, z. B. in Wunden, ist möglich. Nach erfolgter Eiablage in die Haut können sich die Fliegenlarven (Maden) in der Haut entwickeln. Die heranwachsenden Maden sind an kutanen Bewegungen zu erkennen. Am besten sollten die bis zentimetergroßen Maden kleinchirurgisch entfernt werden (Abb. 7).

Die Karibik, Mittelamerika und Südamerika zählen zu den erlebnisreichen exotischen Reisezielen, an denen durchaus dermatologische Gefahren lauern. Im humiden tropischen und subtropischen Klima mit seiner besonderen Flora und Fauna kann man hierzulande unbekannte exotische Dermatosen wie die kutane Larva migrans, die mukokutane Leishmaniose, die Myiasis oder die Tungiasis erwerben. Andererseits können auch in Europa bekannte Dermatosen atypisch verändert oder unerwartet auftreten, so die „Tinea of the groin“ oder auch die Skabies.

Immer sollten guter Mückenschutz und auch ein antiinfektiv-antiinflammatorisches Externum sowie Verbandsstoff Bestandteil des Reisegepäcks sein. Besondere Obacht ist hinsichtlich des Gefahrenpotenzials der oft tödlich-giftigen Schlangen der Region geboten.

Der Autor

Dr. med. Viktor Alexander Czaika
Facharzt für Dermatologie,
Venerologie und Innere Medizin
12439 Berlin

viktor.czaika@gmx.de

Literatur beim Autor

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