Die Bedeutung der eosinophilen Granulozyten (EOS) bei chronisch entzündlichen Erkrankungen stößt in letzter Zeit zunehmend auch auf Interesse in der Forschung. Die EOS setzen nämlich zahlreiche Chemokine, Wachstumsfaktoren und Zytokine frei, die häufig sowohl an immunologischen und homöostatischen als auch pathophysiologischen Prozessen beteiligt sind.
Ohne klare Geschlechtspräferenz wird schweres eosinophiles Asthma (SEA) meist bei Erwachsenen im Alter zwischen 35 und 50 Jahren diagnostiziert. Diese Unterform des Asthma bronchiale, bei der EOS das pathologische Geschehen auslösen, wird angesichts unklarer epidemiologischer Befunde auf 50‒60% aller Asthmaerkrankungen geschätzt. SEA gilt somit als häufigster asthmatischer Phänotyp, der meist ‒ abgesehen von einigen Komorbiditäten ‒ die gleichen Symptome wie andere Asthmaformen aufweist.
Nach Darstellung von Prof. Dr. med. Hans-Uwe Simon [1], Direktor des Instituts für Pharmakologie der Uni Bern (Schweiz), kann die Anzahl der EOS im Blut, die durch Faktoren wie Asthma, Alter, möglicherweise Geschlecht sowie Begleiterkrankungen beeinflusst wird, als Biomarker herangezogen werden. Das gelte insbesondere zur Risikoabschätzung für schwere Exazerbationen und für die Therapieentscheidung. „Die Eosinophilen spielen somit eine zentrale Rolle in der Asthmapathogenese mit Einfluss auf die Überempfindlichkeit der Atemwege, die Schleimbildung, Gewebeschäden sowie Remodeling der Atemwege.“ so Simon.
Mit Bezug auf die 2020 veröffentlichten ERS/ATS-Leitlinien [2] hob PD Dr. med. Katrin Milger-Kneidinger, Klinikum der Uni München, zwei Vorgehensweisen hervor:
• schweres Asthma diagnostizieren und phänotypisieren
• Anti-IL-5-Therapie für erwachsene Patienten mit schwerem Asthma und eosinophilem Phänotyp versuchen
Zur Vermeidung von Exazerbationen und Reduktion von oralen Steroiden (OCS) empfahl Milger-Kneidinger als Leitlinien-Zitat einen Bluteosinophilen-Cut-off von =/>150µl, um bei Patienten mit schwerem Asthma und häufigen Exazerbationen den Beginn einer Anti-IL-5-Therapie zu steuern sowie bei schwerem allergischem Asthma zusätzlich zu IgE einen Bluteosinophilen-Cut-off von =/>260µl und FeNO-Cut-off von 19,5 ppb, um Patienten zu identifizieren, die wahrscheinlicher von einer Anti-IgE-Behandlung profitieren.
Orale Kortikoide (OCS) sollten vermieden werden. Vorgeschlagen wird ferner, die Therapieindikation für Biologika mit der möglichen Folge einer OCS-Reduktion und deren Absetzen zu prüfen. Diese Behandlung sollte individuell untersucht werden: bei SEA, im austherapierten Fall (höchste ICS-Dosis) und bei mindestens zwei Exazerbationen im Jahr.
1 Digitales Symposium „Management des schweren Asthmas unter Berücksichtigung der neuen ERS/ATS-Leitlinien“ aus 3-Länder-Sicht-(DACH)-Perspektive, Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), (Veranstalter: GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, München), Juni 2021
(ERS: European Respiratory Society, ATS: American Thoracic Society. SEA: schweres esinophiles Asthma. GSK: GlaxoSmithKline, München)
2 Holguin FR et al., Eur Respir J 2020; 55: 1900588