Infektionen nach operativen Eingriffen an der Haut sind insgesamt selten. Damit das auch so bleibt, ist einiges Know-how vonnöten: Die Kenntnis der Prädilektionsstellen, das Wissen um Risikofaktoren wie große Wundflächen oder Vorerkrankungen und der Einsatz einer perioperativen Antibiose, wo nötig.
Nävi, Atherome, kleine Lipome – viele dermatologisch Tätige betreiben kleine Chirurgie in der Praxis. In der Regel ist die Wundheilung unproblematisch. Denn in der Dermatochirurgie sind postoperative Wundinfektionen mit 0,96–8,70 % rar – Operationen in Praxen und Kliniken zusammengenommen. Dennoch stellen sie die häufigste postoperative Komplikation dar (Abb. 1). Folgen sind eine höhere Morbidität, eine verzögerte Wundheilung und schlechtere ästhetische Ergebnisse – sprich: hässliche Narben.
Post-OP-Wundinfektionen sind selten, aber doch die häufigste Komplikation.
Um dies möglichst zu vermeiden, lohnt es sich, die Risikofaktoren zu kennen – auch wenn es nicht so einfach ist, diese für die Dermatochirurgie zu benennen (Abb. 2). Es existieren zwar viele Studien, die jedoch aus unterschiedlichen Fachbereichen stammen wie der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie, der Allgemeinmedizin oder der plastischen Chirurgie. Um hier Licht ins Dunkel zu bringen, wurde eine Metaanalyse aufgelegt, bei der 3 Kategorien von Risikofaktoren einzeln untersucht wurden [1-3]:
Wundinfektionen meist an der unteren Extremität
Bei der Analyse hinsichtlich der operierten Körperregion stellte sich – wenig überraschend – heraus, dass bei Eingriffen an Beinen und Füßen in 11 % der Fälle mit einer Wundinfektion zu rechnen ist. Mit Abstand folgen schleimhautübergreifende Operationen an den Lippen mit 3,8 % [1]. Keine statistische Signifikanz wurde für Wundinfektionen bei Eingriffen am Ohr gefunden, doch gilt unter operativ Tätigen dieser Bereich als Risikoregion für Wundinfektionen.
Bei den operationsbezogenen Faktoren sind vor allem die Defektgröße und die gewählte Art der Defektdeckung (z. B. Lappenplastik oder Hauttransplantation) ausschlaggebend für das Infektionsrisiko. Nach Hauttransplantationen kommt es in etwa 8 % und nach lokalen Lappenplastiken in etwa 5 % der Fälle zu Wundinfektionen. In Bezug auf die Wundfläche sind erst Defekte von mehr als 10 cm2 Ausdehnung als unabhängiger Risikofaktor zu werten [2]. Bei einfachen Spindelexzisionen hat die Länge der Schnittführung gemäß Literaturangaben und klinischer Erfahrung keinen relevanten Einfluss auf das Infektionsrisiko. Auch Wundverschlüsse nach mehrzeitigen Eingriffen, z. B. im Zuge der mikroskopisch kontrollierten Chirurgie (MKC), zeigten kein erhöhtes Infektionsrisiko.
Risikofaktor männliches Geschlecht
Die Metaanalyse ergab, dass Männer eher Wundinfektionen entwickeln als Frauen. Die in der Allgemeinchirurgie häufig genannten Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, Rauchen oder Adipositas haben in der Dermatochirurgie offenbar keinen wesentlichen Einfluss auf das Risiko einer Wundinfektion. Lediglich bei Personen, die Antikoagulanzien einnehmen, könnte es aufgrund des erhöhten Nachblutungsrisikos häufiger zu Wundinfektionen kommen [3].
Wann perioperative Antibiotikaprophylaxe?
Wenn die Risikofaktoren einzeln betrachtet werden, ist die Wahrscheinlichkeit für eine postoperative Wundinfektion klein. Dennoch gibt es Operierte, die gleich mehrere dieser Faktoren aufweisen, sodass eine perioperative Antibiotikaprophylaxe (PAP) je nach Risikofaktoren-Konstellation individuell erwogen werden sollte. Da nicht alle Risikofaktoren das Infektionsrisiko gleichermaßen beeinflussen, müssen sie unterschiedlich gewichtet und das erhöhte Wundinfektionsrisiko in seiner klinischen Relevanz für die jeweilige Kombination richtig eingeschätzt werden. Einen Leitfaden zum Thema veröffentlichte 2023 die Arbeitsgruppe der Deutschen Dermatochirurgischen Gesellschaft (DGDC) [4].
Studiendaten von Personen mit einem hohen Risiko für eine Wundinfektion ergaben, dass diese offenbar von einer PAP profitieren können. In einer prospektiven Beobachtungsstudie mit 758 Patientinnen und Patienten erhielten ausschließlich diejenigen eine PAP, die gemäß klinikinternen Leitlinien ein erhöhtes Risiko für Wundinfektionen oder eine bakterielle Endokarditis hatten. Diese Kohorte wurde mit den Personen verglichen, die keine PAP erhalten hatten, wobei für die unterschiedlichen Risikokonstellationen in den Gruppen statistisch korrigiert wurde. Das Ergebnis: Die PAP-Gruppe wies eine signifikant geringere Infektionswahrscheinlichkeit auf als die Gruppe derer ohne antibiotische Abdeckung [5].
PAP bei manifester Infektion
Auch wenn an mit Keimen kontaminierten Stellen operiert werden muss, ist dennoch nicht zwangsläufig eine PAP erforderlich. Hierzu zählen Eingriffe an ulzerierten Tumoren oder freiliegendem Knochen, das chirurgische Débridement und die Hauttransplantatdeckung bei Ulcus cruris oder Hidradenitis suppurativa [6]. Bestehen jedoch Anzeichen für eine manifeste Infektion im Bereich des Operationssitus, sollte zunächst eine systemische Antibiotikatherapie analog zu den Empfehlungen der bestehenden S2k-Leitlinien für Haut- und Weichgewebeinfektionen erfolgen [7].
Die Indikation zur PAP ist eine patientenindividuelle Entscheidung.
Des Weiteren sollten Personen mit einem erhöhten Risiko für eine bakterielle Endokarditis oder hämatogene Endoprotheseninfektion vor septischen Eingriffen eine PAP erhalten. Weitere Indikationen für eine PAP stellen die Prophylaxe einer septischen Endokarditis und von hämatogenen Gelenkprotheseninfektionen dar. Die Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) definiert Risikogruppen für eine septische Endokarditis [8]. In dieser Personengruppe sollte 30–60 Min. vor dermatochirurgischen Operationen an oraler oder nasaler Schleimhaut oder Eingriffen an ulzerierter, entzündeter oder infizierter Haut eine PAP erfolgen. Ob eine PAP zur Vorbeugung einer hämatogenen Gelenkprotheseninfektion in der Dermatochirurgie erforderlich ist, wird kontrovers diskutiert. Die DGDC befürwortet eine PAP bei Operationen an septischer Haut oder bei Eingriffen an Nasen- bzw. Mundschleimhaut,
PAP in der Regel mit β-Laktam-Antibiotika
Steht die Indikation zur PAP, sollte ein Antibiotikum gewählt werden, das das zu erwartende Erregerspektrum abdeckt. Das sind bei den postoperativen Wundinfektionen in der Regel grampositive Bakterien, vor allem Staphylococcus (S.) aureus. Seltener kommen β-hämolysierende Streptokokken als Auslöser vor. Entsprechend werden orale β-Laktam-Antibiotika wie Amoxicillin 2 g p. o. oder i. v. oder die Cephalosporine der ersten Generation (Cefalexin 2 g p. o. oder Cefazolin 2 g i. v.) oder aber Clindamycin 600 mg p. o. oder i. v. zur PAP empfohlen.
In jedem Fall sollte die PAP 30–60 Min. präoperativ erfolgen. Eine protrahierte postoperative Antibiotikagabe zum Zweck der Wundinfektionsprophylaxe ist gemäß der WHO-Empfehlungen nicht sinnvoll.
No-Go: topische Antibiotika
Auf die Applikation topischer Antibiotika sollte wegen einer möglichen Resistenzentwicklung, der Sensibilisierungsgefahr bei fehlender Hautbarriere und der unkontrollierbaren Wirkstoffkonzentrationen an der offenen Wunde unbedingt verzichtet werden. Und auch auf geschlossenen Operationswunden haben topische Antibiotika zur Infektionsprophylaxe nichts zu suchen.
Harte Kriterien für den Einsatz einer perioperativen Antibiotikaprophylaxe (PAP) gibt es nicht, die Entscheidung dafür oder dagegen muss patientenindividuell getroffen werden. Hilfreich hierbei ist die Bestimmung des Risikofaktorenprofils für eine postoperative Wundinfektion. Ein erhöhtes Risiko liegt vor bei Eingriffen an der unteren Extremität und den Ohren, bei Defektdeckung mittels Lappenplastik oder Hauttransplantation, bei postoperativer Nachblutung, immunsupprimierten Personen und Verschluss von Wunden > 10 cm2. Ebenso sollten Risikogruppen für eine septische Endokarditis und Endoprothetikträger bei Risikoeingriffen eine PAP erhalten.
Steht die Indikation, eignen sich Amoxicillin 2 g p. o. / i. v., Cefalexin 2 g p. o. oder Cefazolin 2 g i. v. sowie Clindamycin 600 mg p. o. / i. v. 30– 60 Min. präoperativ gegeben als PAP.
Die Autorin
Prof. Dr. Daniela Hartmann, Ph.D.
FÄ für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Zusatzbez. Dermatopathologie; Ltd. Oberärztin, Leitung: Dermatochirurgie, Wundzentrum, Ästh. Dermatologie, Lasermedizin
Der Autor
Dr. Benjamin Kendziora, Ph.D., M.Sc.
FA für Haut- und Geschlechtskrankheiten
benjamin.kendziora@med.uni-muenchen.de
Der Autor
Dr. med. Justin Gabriel Schlager
FA für Haut- und Geschlechtskrankheiten
justin.schlager@med.uni-muenchen.de
Bildnachweis: privat