Eine neue Entwicklung im Bereich der kombinierten oralen Kontrazeptiva ist der Einsatz von Estetrol (E4) als Estrogenkomponente. Estetrol besitzt besondere pharmakologische Eigenschaften, die es deutlich von anderen Estrogenen unterscheidet.
Das Wissen zu den einzelnen Verhütungsmethoden weist in Deutschland durchaus größere Lücken auf. Das geht aus einer bundesweiten Umfrage „NIC – New Insights into Contraception“ des Marktforschungsinstituts Ipsos im Auftrag von Gedeon Richter hervor. An der im April 2021 durchgeführten Online-Befragung nahmen insgesamt 1 005 Frauen im Alter von 18 bis 49 Jahren teil, die in den vergangenen sechs Monaten verhütet haben.
Die Ergebnisse, präsentiert von Dr. med. Katrin Schaudig (Hamburg), machen deutlich: in puncto hormoneller Verhütungsberatung haben Frauen in Deutschland Nachholbedarf. Bei 7 von 10 Pillenanwenderinnen fehlte das Wissen in Bezug auf die Frage, wie kombinierte Präparate wirken. Zwar weiß jede zweite Pillenanwenderin, dass eine Kombinationspille Estrogen enthält, aber nicht einmal jeder Dritten ist klar, dass auch ein Gestagen Bestandteil ist. Folglich kann nur ein Bruchteil der Anwenderinnen die Hormonkombination ihrer Pille korrekt benennen bzw. versteht deren genaue Wirkweise.
Gerade was die möglichen Nebenwirkungen der Pille und die darin enthaltenen Hormone angeht, stecken Frauen in einem Dilemma, wie aus der Befragung hervorgeht. Rund 80 % der Teilnehmerinnen haben sich über den Einfluss von Hormonen auf ihren Körper schon einmal informiert. Trotz dieser Zweifel ist die Pille für 6 von 10 Pillenanwenderinnen alternativlos, so die NIC- Umfrage. Für mehr als 40 % der Frauen macht es einen Unterschied, welche Hormone in der Pille enthalten sind, und sie würden lieber mit einem natürlich vorkommenden Estrogen als einem künstlichen verhüten.
Anlass für die Untersuchung war der Launch eines neuen kombinierten oralen Kontrazeptivums Anfang Juni 2021. Drovelis® ist die erste monophasische Verhütungspille, die als neue Estrogen-Komponente bioidentisches Estetrol enthält. Kombinationspartner ist das dem Progesteron ähnliche Gestagen Drospirenon (3 mg Drospirenon + 14,2 mg Estetrol). Das Präparat unterscheidet sich von den bisher angebotenen Kombinationspillen in der Estrogenkomponente. Kamen bislang entweder Ethinylestradiol (EE) oder Estradiol (E2) in der Kombination mit verschiedenen Gestagenen zum Einsatz, enthält das neue Kontrazeptivum bioidentisches Estetrol (E4), welches nur während der Schwangerschaft von der Leber des menschlichen Fötus produziert wird.
Dr. med. Ludwig N. Baumgartner (Freising) präsentierte Studiendaten und Profilanalyse. Aus der Struktur von Estetrol resultiert ein spezifisches endokrines und metabolisches Profil: Estetrol hat einen einfachen Stoffwechselweg und wirkt selektiv in verschiedenen Geweben. Das niedrig potente Estrogen bindet im Gegensatz zu den meisten Estrogenen nicht mit hoher Affinität an SHBG und wird nicht über Cytochrom P450 metabolisiert – es zeigt nur begrenzte Auswirkungen auf die wichtigsten CYP-Enzyme. Drospirenon besitzt Gestagene, antigonadotrope, antiandrogene und leicht antimineralokortikoide Eigenschaften und keine estrogene, glukokortikoide oder antiglukokortikoide Aktivität. Damit ist dieses Gestagen pharmakologisch dem natürlichen Hormon Progesteron ähnlich.
Basis für die Zulassung von Drovelis® in Europa ist die multizentrische, unverblindete Phase-III-Studie E4 Freedom mit mehr als 1 500 Frauen zwischen 18 und 50 Jahren. Der tatsächliche Pearl-Index lag nach einem Jahr bei 0,44 und die kontrazeptive Wirksamkeit bei einer Anwendungsdauer von einem Jahr bei 99,6 %. Das Kontrazeptivum wurde gut vertragen. Dr. med. Klaus Peters (Hamburg) war gemeinsam mit einer Patientin zugeschaltet. In seiner Praxis waren rund 60 Patientinnen während der Zulassungsstudien betreut worden, eine davon saß mit auf dem Podium. Arzt und Patientin konnten zusammen die in den Studien erhobenen Daten mit ihren realen Erfahrungen bestätigen.
Launch-Pressekonferenz (Veranstalter: Gedeon Richter Pharma GmbH), Juni 2021