Der Rat, keine Parasiten mit nach Hause zu nehmen, lässt sich bei Bettwanzen gut umsetzen: Koffer nicht offen auf Hotelböden oder -betten stellen und zu Hause vor der Waschmaschine auspacken. Die Maßnahmen gegen andere Parasitosen und Infektionen der Haut sind bisweilen komplexer – aber auch wirksam.
Wie Prof. Dr. med. Cord Sunderkötter (Halle) berichtete, gebe es zwar Hinweise auf ein vermindertes Ansprechen der Skabies auf Permethrin. Dennoch sei die 5%ige Creme noch immer ein Mittel der ersten Wahl. Er empfahl abweichend von der einschlägigen Leitlinie, Permethrin wiederholt und auch auf dem Kopf einzusetzen. Bei Hinweisen auf Permethrin-unempfindliche Milben-Subspezies in der Praxisumgebung könne als zweite Wahl Ivermectin oral oder Crotamiton lokal angewendet werden.
Larva migrans und Larva currens
Die Larva migrans sei eine der am häufigsten importierten Hautkrankheiten. Das Zusammentreffen barfuß laufender Menschen mit den Exkrementen freilaufender Hunde bei feuchtwarmem Klima – etwa in Mittel- und Südamerika – begünstige diese Parasitose. Neben der leitliniengerechten Therapie könne lokal angewendetes Ivermectin (off-label) Heilung nach 14 Tagen bringen.
Deutlich schneller als die Larva migrans bewegt sich die Larva currens, eine Strongyloides-Manifestation. Die Fadenwürmer können sich in Autoinfektionszyklen im Menschen lebenslang vermehren (Strongyloidiasis) und verursachen meist wenige Atemwegs- oder Magen-Darm-Beschwerden. Unter einer Immunsuppression könne es jedoch zu einem Hyperinfektionssyndrom mit Dissemination kommen. Vor deren Durchführung (v. a. bei Eosinophilie) solle daher der Aufenthalt in Risikogebieten abgefragt und ggf. getestet werden, v. a. bei Menschen aus der Ukraine oder nach längeren Aufenthalten in Asien, Afrika oder Südamerika, riet Sunderkötter.
Mpox: 2022 rasch wieder abgeklungen
Das Mpox-Virus habe sich Anfang 2022 explosionsartig ausgebreitet, das Infektionsgeschehen sei jedoch sehr rasch wieder abgeebbt, berichtete Prof. Dr. med. Alexander Kreuter (Duisburg). Aktuell, im Juni 2024, gebe es bis auf „ein gewisses Hintergrundrauschen“ kaum mehr Fälle. Von Anfang an seien überwiegend junge Männer betroffen gewesen, die Hälfte davon HIV-infiziert. Ein hohes Übertragungsrisiko bringe die Teilnahme an Sexpartys mit sich. Für den raschen Rückgang gebe es im Wesentlichen 4 Gründe:
Zur Einordnung der aktuellen Situation im August 2024 gab Prof. Kreuter untenstehende Interview.
Herpes zoster: Tendenz problematisch
Der Herpes zoster sei zunehmend auch bei jungen Menschen, auch ohne Immundefizienz, zu beobachten. Gleichzeitig steige die Anzahl sehr schwerer Zoster-Fälle bei alten Menschen, v. a. Manifestationen im Gesicht mit mukosaler Beteiligung, großflächige Nekrosen, Nervenkomplikationen und atypische Verläufe über verschiedene Dermatome. Zwischen 2013 und 2019 sei die Zahl der Zoster-Fälle unter stationär Behandelten um rund 30 % gestiegen, beklagte Kreuter. Außerdem werde zunehmend deutlich, dass Herpes zoster langfristig das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie einen Apoplex erhöhe. Die geringen Durchimpfungsraten mit dem seit 2018 verfügbaren hochwirksamen Zoster-Todimpfstoff seien daher problematisch – in Bayern etwa betrage sie < 10 % der Zielgruppe. Wie Kreuter ausführte, solle man auch nach einer Zoster-Episode impfen, und zwar zweimalig in den 3–12 Monaten danach. Denn: Die Rezidivrate beim Zoster liegt bei fast 10 %.
Die mit den Mücken kommen: Dengue und Chikungunya
Das Dengue-Fieber sei die häufigste virale Infektion, die von Fernreisen mitgebracht wird. Die Zahlen hätten sich in den vergangenen beiden Dekaden vervielfacht, auf vermutlich mehr als 400 Millionen Infektionen pro Jahr, so Kreuter. Zudem gebe es auch in Europa immer mehr autochthone Ausbrüche, die Entwicklung unter dem Klimawandel bleibe abzuwarten. Die Dengue-Primärinfektion verlaufe meist blande. Wegen des oft fulminanten Verlaufs der Zweitinfektion empfehle die STIKO nach einer labordiagnostisch gesicherten Erstinfektion die zweimalige Immunisierung mit dem rekombinanten, tetravalenten Dengue-Fieber-Lebendimpfstoff. Zukünftig könnte die einmalige Gabe eines neuen tetravalenten Impfstoffs des Butantan-Instituts (Brasilien) zugelassen werden. Das Regime sei in Phase III erfolgreich getestet worden.
Eine wichtige Differenzialdiagnose zur Dengue-Infektion sei das Chikungunya-Fieber. Hier sei die Gelenkbeteiligung stärker ausgeprägt und Hautausschläge häufiger. Kreuters Einschätzung zufolge wird es in nächster Zeit wahrscheinlich auch zu Einschleppungen nach Europa kommen.
HPV: Junge Menschen vor dem sexuellen Debüt impfen
Die HPV-induzierte Krankheitslast durch Karzinome und ihre Vorstufen in Europa sei hoch, schilderte Kreuter (Abb.). Es sei daher positiv, dass sich eine einmalige Impfung aktuellen Studien zufolge als genauso oder vergleichbar effektiv erweise wie die von STIKO empfohlene zweimalige oder dreimalige Impfung. Die WHO empfehle bereits die Einmalimpfung, 40 Länder weltweit hätten sich der Impfempfehlung angeschlossen oder erwögen dies. In Deutschland habe Ende 2023 die Durchimpfungsrate bei 15-jährigen Mädchen knapp über 50 % gelegen, bei den Jungen unter 30 %. Zudem sei sie deutlich rückläufig, konkret 40 % geringer als vor der Corona-Pandemie. Dies lasse keine Herdenimmunität zu, beklagte Kreuter. Wichtig sei die Impfung vor dem sexuellen Debüt, lägen bereits eine HPV-Infektion oder Kondylome vor, bringe sie nichts mehr.
Vorstufen von HPV-assoziierten Tumoren seien bei HIV-Infizierten häufiger und es sei gut belegt, dass ihre Behandlung invasive Karzinome verhindere. Eine Alternative zur Elektrokauterisation sei zukünftig möglicherweise die Behandlung mit hochdosierter Trichloressigsäure (TCA). Diese habe sich als nicht unterlegen erwiesen und sei personell und technisch weniger aufwendig. Auch das Screening verbessere das Outcome HIV-Infizierter mit HPV-Infektion. Aktuell werde die Sk2-Leitlinie „Anale Dysplasien und Analkarzinom-Screening bei Menschen mit HIV“ überarbeitet und der Screening-Algorithmus vereinfacht. Sie solle in Kürze erscheinen.
Mpox: WHO ruft gesundheitlichen Notstand internationaler Tragweite aus
In einem Interview sprach Prof. Dr. med. Alexander Kreuter über die neue Mpox-Klade, die Einschätzung des Risikos in Deutschland und wichtige Aspekte für die dermatologische Praxis. Er betont, dass man die Situation ernst nehmen und beobachten müsse. Die WHO habe mit der Ausrufung des gesundheitlichen Notstands Mitte August 2024, der dem neuerlichen Ausbruch von Mpox in zunehmend mehr afrikanischen Staaten gefolgt war, Gelder freigesetzt, um akut tätig werden zu können. Der seit 26. August geltende Global Strategic Preparedness and Response Plan (SPRP) soll in den kommenden 6 Monaten die internationale Reaktionsfähigkeit erhöhen.
Was ist zum Auslöser der derzeitigen Ausbrüche bekannt?
Die Mpox-Klade I, die jetzt in Afrika, insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo und angrenzenden Regionen, relevant ist, unterscheidet sich von der Klade II, die in den Ausbrüchen 2022 dominiert hat – damals vor allem bei Männern, die Geschlechtsverkehr mit Männern haben (MSM). Vermutlich ist die Virulenz höher als bei Klade II und basierend auf den aktuellen Daten scheint auch die Sterblichkeit höher zu sein. Ein großer Unterschied ist auch, dass jetzt Kinder scheinbar gehäuft betroffen sind. Die WHO publiziert die Daten auf ihrer Seite [1]. Allerdings sind die Zahlen aus den betroffenen Ländern bisher weniger zuverlässig, als man sich das wünschen würde.
Wie beurteilen Sie die Lage für Deutschland?
Über kurz oder lang ist die Chance sehr hoch, dass die neue Klade I auch in Deutschland ankommt. Das European Center for Disease Prevention and Control (ECDC) hat kürzlich je einen importierten Fall in Schweden, am 15. August, und in Thailand, am 22. August, gemeldet [2]. Doch zum jetzigen Zeitpunkt weist nichts darauf hin, dass hier ein ähnlicher Ausbruch wie 2022 unter MSM, also Männern, die Sex mit Männern haben, zu befürchten ist.
Was man nicht vergessen darf: Eine hohe Anzahl der Hochrisikopatienten und -patientinnen ist inzwischen geimpft und die Impfwirkung hält mindestens ein Jahr lang an. Außerdem ist der Übertragungsweg ein ganz anderer als bei COVID, sodass man keine vergleichbare Pandemie befürchten muss.
2024 wurden in Deutschland bisher rund 100 Mpox-Fälle der Klade II gemeldet. Das Gros aus Berlin und auch aus Köln. Weil wir sehen wollten, ob es asymptomatische Klade-II-Fälle in der MSM-Community gab, haben wir eine Studie durchgeführt. Dafür haben wir 405 Abstriche von mit HIV infizierten Männern retrospektiv auf DNA des Mpox-Virus Klade II untersucht. Die Abstriche stammten aus Screenings auf sexuell übertragbare Krankheiten und Analkarzinome und waren sowohl vor als auch nach der Einführung der prophylaktischen Mpox-Impfung für Hochrisikogruppen im Juli 2022 genommen worden. Wir haben keinen einzigen asymptomatischen Fall gefunden [3].
Das Robert Koch-Institut geht aktuell nicht von einer erhöhten Gefährdung durch Klade I in Deutschland aus, beobachtet die Situation aber weiter sehr genau und passt seine Empfehlungen bei Bedarf an.
Welchen Praxistipp können Sie niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen in der aktuellen Situation geben?
Die Kernbotschaft lautet: Man muss daran denken, dass es Mpox gibt, wenn Menschen mit einer singulären Veränderung im Genitalbereich in die Praxis kommen oder mit ungewöhnlich schweren Mollusken. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen sind Syphilis und Windpocken, denn wir haben jetzt auch wieder Windpockenausbrüche. Im Zweifelsfall sollte eine Reiseanamnese erhoben werden, zumal Safari-Reisen wohl wieder ein großer Trend sind. Da kommt Namibia infrage, Botsuana, Tansania und Südafrika sowieso.
Gibt es besondere Hinweise zum Thema Impfen?
Der führende Übertragungsweg der Mpox in Europa war 2022 der sexuelle Weg, sodass vor allem Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartnern ein hohes Risiko tragen, besonders MSM und Besucher und Besucherinnen von Sexpartys. Die Betreffenden müssen alle geimpft sein und können auch diese Impfung nach einem Jahr wiederholen. Sie ist gegen Klade I und II wirksam. Es gibt jedoch keinerlei Indikation, die Gesellschaft in der Breite zu impfen.
Vielen Dank für dieses Gespräch.
Im Gespräch
Prof. Dr. med. Alexander Kreuter
Chefarzt der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Helios St. Johannes Klinik Duisburg
Vorträge „Infektionen der Haut erkennen und behandeln“ anlässlich der FOBI, München, Juli 2024
Interview Kreuter:
Bildnachweis: privat