Während der Corona-Pandemie hat sich die Versorgungsqualität erheblich verschlechtern. Das sagten 60 % der befragten Health Professionals einer Studie zu den medizinisch-pflegerischen und psychosozialen Bedingungen des Sterbens. Die Einbeziehung der Angehörigen fand kaum mehr statt.
Die 3. Gießener Studie wurde als Online-Befragungsuntersuchung zwischen September bis Dezember 2022 bei 855 Mitarbeiter/-innen der Gesundheitsversorgung aus allen Bundesländern durchgeführt. Diese waren zumeist als Pflegende oder Ärzte im Krankenhaus (64%), stationären Pflegeeinrichtungen (22%), häuslich-ambulanter Versorgung (10%) und Hospizen (4%) beschäftigt. Um die Versorgungssituation zu erfassen, wurde ein Fragebogen verwendet, der insgesamt 40 Fragen zu personellen, materiellen und räumlichen Ressourcen, Symptomkontrolle, Aufklärung, Arbeitsklima, Angehörigenintegration, Kooperation mit Versorgungspartnern und dem Umgang mit den Verstorbenen umfasst. Zusätzlich wurden noch acht Fragen zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und zur Zukunft der Sterbeversorgung eingefügt.
Als ein zentrales Ergebnis zeigte sich, dass 60% der Befragten berichten, die Versorgungsqualität habe sich insgesamt aufgrund der Coronapandemie zum Teil erheblich verschlechtert. Während die Symptomkontrolle in der Regel weiterhin aufrechterhalten werden konnte, seien die sozialen, aber auch fachlichen Zuwendungen durch die betroffenen Helfer (Ärzte, Pflegende, andere Therapeuten) partiell massiv zurückgeführt worden. 70% gaben an, dass sich die Einbeziehung von Angehörigen am problematischsten entwickelt habe, da diese kaum noch stattfand. Die von der überwiegenden Mehrzahl der Mitarbeiter erlebte Belastung aufgrund der Pandemie, drückt sich auch in Inhalt und Ausmaß der Nutzung eines im Fragebogen vorgesehenen Kommentarfeldes (Wie wird sich die Versorgung Sterbender in den nächsten Jahren entwickeln?) aus: 63% der Befragten machte hiervon Gebrauch und dokumentierten auch ihr großes Aussprachebedürfnis.
Entscheidender Unterschied bei Palliativstationen
Die aktuelle Versorgungssituation in den Pflegeeinrichtungen und der Vergleich mit der Situation vor acht Jahren zeigt, dass sowohl Angehörige als auch Ehrenamtliche systematischer einbezogen werden. Auch die Information, Aufklärung und Prognosekommunikation werden, wenn auch nur geringfügig besser als früher vollzogen. Zugleich beklagt sich eine etwas größere Gruppe (>60%) als 2014 über beständig unzureichende zeitliche und personelle Ressourcen.
Auch in den Krankenhäusern fanden Veränderungen statt: Während die Art der Trägerschaft der Krankenhäuser keinen oder einen nur sehr schwachen Einfluss besitzt, ist auffällig, wie sehr sich die erreichten Qualitäten zwischen den Stationstypen bzw. deren Versorgungsauftrag unterscheiden. Es sind die Palliativstationen, auf welchen – mit z. T. sehr deutlichem Abstand – die besten Voraussetzungen für die Sterbenden, deren Angehörigen, aber auch für die Mitarbeiter (Arbeitsklima, Ressourcen) bestehen. Demgegenüber sind es die Allgemeinstationen, welche die schwierigsten Bedingungen und erreichten Versorgungsergebnisse aufzeigen. Dies reicht von der vollzogenen Symptomkontrolle (z. B. Schmerztherapie), der Wahrscheinlichkeit allein zu sterben, bis hin zum Vorhandensein notwendiger Pflegehilfsmittel. Als problematisch bzw. klärungsbedürftig ist auch der Befund zu bewerten, dass 65% (2013: 43%) der Befragten angaben, dass oftmals und immer unnötig lebensverlängernde Maßnahmen ergriffen würden.
Die Ergebnisgesamtschau zeigt, so heißt es in der Pressemitteilung des TransMIT-Projektbereiches für Versorgungsforschung und Beratung in Gießen, dessen Forscher die Studie durchgeführt haben, dass es fachlich und ethisch weiterhin geboten ist, in den Krankenhäusern palliative Versorgungsbereiche aufzubauen, um diese dann gezielt als Kompetenzträger – etwa über palliative Konsildienste – für das gesamte Krankenhaus nutzbar zu machen (> Palliativmedizin).
Pressemitteilung TransMIT-Projektbereich für Versorgungsforschung und Beratung Januar 2023