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Psychiatrie

Stress in der Kindheit steigert späterer psychiatrischer Erkrankungen

22.5.2024

Viele psychiatrische Erkrankungen stehen im Zusammenhang mit Stress. Oftmals können negative Erfahrungen in der Kindheit den Umgang mit Stress im weiteren Leben beeinträchtigen. Eine Forschergruppe des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim hat jetzt Studienergebnisse publiziert, die die dabei stattfindenden Prozesse näher beleuchten.

„Im tieferen Verständnis dieser biologischen Prozesse liegt erhebliches Potential, um die Früherkennung von psychiatrischen Erkrankungen beziehungsweise die Prävention zu verbessern“, sagt Prof. Dr. med. Dr. phil. Heike Tost, Leiterin der Arbeitsgruppe Systemische Neurowissenschaften in der Psychiatrie (SNiP) am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim. Die Ergebnisse zeigen, dass die Demethylierung des FKBP5-Gens als psychiatrischer Risikofaktor mit einer angstbedingten Volumenverringerung sowie Funktionsänderungen eines Gehirnbereichs einhergeht, der an der Emotionsregulation sowie dem Risiko und der Belastbarkeit der psychischen Gesundheit beteiligt ist.

Untersucht wurden die Auswirkungen des Gens FKBP5 auf das Verhalten und die Hirnstruktur von 395 gesunden Probandinnen und Probanden. Dazu wurden Blutproben genommen, Aufnahmen im Magnetresonanztomographen (MRT) gemacht und die Antworten der Teilnehmenden über einen Zeitraum von sieben Tagen zu Fragen zu ihren Gedanken und Gefühlen (Ecological Momentary Assessment) erfasst.

FKBP5 wichtig bei der molekularen Regulation von Stress

„In den Blutproben bestimmten wir zunächst die DNA-Methylierung des Gens FKBP5. FKBP5 spielt eine wichtige Rolle in der molekularen Regulation von Stress und steht in Verbindung zur Entstehung von Stress-bedingten Erkrankungen wie der Depression oder der posttraumatischen Belastungsstörung“, erklärt Thomas L. Kremer, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe SNiP und Erstautor der Studie. Die Methylierung der DNA ist ein regulatorischer Prozess, der die Aktivität von Genen steuert. Sie ist keine genetische Mutation, sondern eine durch Umwelteinflüsse veränderbare Modifikation der Erbsubstanz, die deren Übersetzung in Proteine beeinflusst.

„Unsere zentralen Ergebnisse zeigen, dass eine veränderte Methylierung von FKBP5 auf der neurobiologischen Ebene mit Hirnvolumenveränderungen im präfrontalen Cortex einhergeht“, sagt Kremer. Die Studie ergab auch, dass die funktionelle Veränderung des präfrontalen Cortex mit der Amygdala in Verbindung steht und dass Menschen, bei denen die regulierenden Einflüsse des präfrontalen Cortex auf die Amygdala geringer waren, stärker auf alltäglichen Stress reagierten.

„Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt, um die biologischen Grundlagen von Stressverarbeitung und psychiatrischen Erkrankungen zu verstehen“, sagt Dr. med. Urs Braun, Leiter der Arbeitsgruppe Komplexe Systeme in der Psychiatrie am ZI. „Das langfristige Ziel ist es, durch dieses neurobiologisch fundierte Verständnis innovative Ansätze zur personalisierten Behandlung von psychiatrisch erkrankten Patientinnen und Patienten zu entwickeln.“

Pressemitteilung „Kindheitsstress verändert Hirnstruktur und psychische Gesundheit“. Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI), Mannheim, 9.4.2024 (https://www.zi-mannheim.de/institut/news-detail/kindheitsstress-veraendert-hirnstruktur-und-psychische-gesundheit.html).
Kremer TL et al.: Multimodal Associations of FKBP5 Methylation with Emotion-Regulatory Brain Circuits. Biol Psychiatry. 2024 Mar 7:S0006-3223(24)01141-7 (DOI 10.1016/j.biopsych.2024.03.003).

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