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Onkologie

Lieferengpässe erschweren Therapie mit Standardarzneimittel

10.1.2023

Die steigende Zahl von Lieferengpässen gefährdet zunehmend die medikamentöse Krebstherapie. Die Fachgesellschaften, unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) und das Bundesinstitut für Arzneumittel und Medizinprodukte (BfArM) äußerten sich zur Lage.

Von Arzneimittelengpässen in der Onkologie sind vor allem Medikamente betroffen, die schon seit langem erfolgreich eingesetzt werden und heute als Generika vermarktet werden (etwa die Hälfte der aktuell über 200 in Deutschland zugelassenen Krebsmedikamente). Dazu gehörten Tamoxifen und nab-Paclitaxel, die unter anderem bei Brustkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Lungenkrebs und Karzinomen im Magendarmbereich als Standardmedikation eingesetzt werden. Darüber hinaus fehlten auch unterstützende Arzneimittel wie Calciumfolinat, Harnsäuresenker, Antibiotika oder Immunglobuline. Die BrArM-Datenbank zu von den Herstellern gemeldeten Lieferengpässen verzeichnet aktuell insgesamt über 360 gemeldete Arzneimittel.

Die Ursachen für Lieferengpässe in der Onkologie sind vielfältig. Es dominieren Probleme bei der Herstellung und in den Lieferketten. Die Vulnerabilität dieser komplexen Verflechtungen wurde besonders in der COVID-19-Pandemie und durch die Kriegssituation in der Ukraine deutlich. Neu war das Phänomen regionaler Engpässe bei Krebsmedikamenten durch sogenannte Hamsterkäufe auch innerhalb von Deutschland. Prof. Dr. Matthias Beckmann, Leitlinienbeauftragter der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und Mitglied der AMNOG Kommission der AWMF, erläuterte weiter: „Insbesondere die ‚alten‘ Krebsmedikamente, die als Generika in Deutschland von den Krankenkassen sehr preisgünstig eingekauft werden können, sind gefährdet. Engpässe wie bei Tamoxifen dürfen sich nicht wiederholen. Hier sind Regelungen für eine stabile Versorgungskette aber auch für Preise erforderlich, die alle Kosten von der Herstellung bis zur Vorratshaltung abdecken“.

Lösungsvorschläge bei Lieferengpässen

Deutschland ist in seiner Arzneimittelversorgung in hohem Maße von internationalen Lieferketten abhängig. Der Bedarf wird aber auf nationaler Ebene definiert. Darauf wies Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Mitglied im Präsidium der Deutschen Krebsgesellschaft, hin: „Der Standard der Versorgung von Krebspatienten ist in Deutschland hoch. Die evidenzbasierten und interdisziplinär erarbeiteten Leitlinien geben vor, welche Arzneimittel unverzichtbar sind. Dort wird auch empfohlen, wann andere Arzneimittel mit gleicher Wirksamkeit eingesetzt werden können. Bei bestimmten Indikationen können wir allerdings nicht auf äquieffektive Medikamente zurückgreifen. Patienten, auf die das zutrifft, sind in einem besonders hohen Maße bei Engpässen betroffen“.

Prof. Dr. Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der DGHO, fasste die konkreten Forderungen der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften zusammen, damit die bestehenden Defizite behoben werden können:

  • Frühzeitige Information über drohende Lieferengpässe seitens der pharmazeutischen Unternehmen, nicht erst bei bereits bestehenden Lieferproblemen, 
  • Anpassung der Verträge zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen mit Berücksichtigung von Vorratshaltung und verpflichtenden Liefervereinbarungen,
  • Solidarität der Einkaufsgemeinschaften,
  • Sicherung der Versorgung von Arzneimitteln für seltene Krebserkrankungen, auch unter Berücksichtigung der zunehmend personalisierten, zielgerichteten Therapien,
  • Aufbau von Produktionsstätten und langfristige Sicherung der Lieferketten in Europa.

Auf bereits bestehende Instrumente sowie Aktivitäten und Maßnahmen insbesondere des Beirats Lieferengpässe verwies Prof. Dr. Karl Broich, Präsident des BfArM, und betonte ebenfalls die bei der Ursachenanalyse erkennbare hohe Abhängigkeit von internationalen Produktions- und Lieferketten, u. a. durch eine Konzentration auf wenige Arzneimittel-Produktionsstätten, überwiegend in den Drittstaaten China und Indien. Diese Situation mache sowohl enge Absprachen innerhalb der Europäischen Union als auch auf globaler Ebene mit allen beteiligten Akteuren erforderlich.

Pressemitteilung DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie Januar 2023

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