Die Anti-PD-1-Behandlung von Nasopharynxkarzinomen (NPC) wird nicht, wie befürchtet, durch die Impfung gegen COVID behindert. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universitäten Bonn und Shanxi. Allerdings erfolgte die Immunisierung mit dem chinesischen Impfstoff SinoVac.
Die Onkologie wurde durch 2011 durch die Einführung des Checkpoint-Inhibitor Ipilimumab revolutioniert. Dieser und neuere monoklonale Antikörper binden an den PD-1-Rezeptor auf T-Zellen und verhindern Wechselwirkungen mit dem hier eigentlich bindenden PD1-Rezeptor-Ligand. Auf diese Weise wird das Immunsystem indirekt stimuliert, indem der hemmende Einfluss des PD1-Ligand/PD1-Rezeptor-Systems unterdrückt wird. Das Immunsystem kann so den Tumor besser bekämpfen. Bei der Corona-Impfung wird ebenfalls die Immunantwort stimuliert, wobei auch der PD-1-Rezeptor involviert ist. „Man befürchtete, dass die Impfung sich nicht mit einer Anti-PD-1-Therapie vertragen könnte“, erklärt Dr. Jian Li vom Institut für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie (IMMEI) am Universitätsklinikum Bonn. „Diese Gefahr besteht insbesondere bei Nasenrachenkrebs, der genau wie das Sars-CoV-2-Virus die oberen Atemwege befällt“.
Der Bioinformatiker hat nun zusammen mit Kooperationspartnern aus der Volksrepublik China untersucht, ob diese Sorge berechtigt ist. An der Analyse nahmen mehr als 1.500 Patienten teil, die in 23 Krankenhäusern aus ganz China behandelt wurden (verwendete Checkpoint-Inhibitoren: Toripalimab, Camrelizumab, Sintilimab, Tislelizumab, Pembrolizumab, Nivolumab). Eine Teilgruppe von 373 Betroffenen war mit dem chinesischen Covid-Vakzin SinoVac geimpft worden. „Erstaunlicherweise sprachen sie deutlich besser auf die Anti-PD-1-Therapie an als die Ungeimpften“, erklärt Prof. Dr. Christan Kurts, Direktor des IMMEI und Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „Life & Health“ sowie im Exzellenzcluster ImmunoSensation. „Es kam bei ihnen zudem nicht öfter zu schweren Nebenwirkungen“. Im Einzelnen hatten Geimpfte eine höhere objektive Ansprechrate (ORR 59,0% versus 38,8%, p<0,001) und Krankheitskontrollrate (DCR 80,2% vs. 74,7%, p=0,031) nach Anti- PD-1-Behandlung. Zudem traten bei ihnen eher leichte immunvermittelte Nebenwirkungen (73,6% vs. 60,1%, p<0,001) und leichte Impfnebenwirkungen (21,7% vs. 8,2%, p<0,001) auf. Warum die Behandlung nach der Vakzinierung erfolgreicher war, können die Forschenden nicht sagen. „Wir nehmen an, dass durch die Impfung bestimmte Immunzellen aktiviert werden, die dann den Tumor attackieren“, sagt Prof. Dr. Qi Mei vom Universitätsklinikum Shanxi. „Wir werden dieser Hypothese nun weiter nachgehen“.
Nasenrachenkrebs ist in Deutschland recht selten. In Südchina und anderen Ländern Südostasiens ist die Erkrankung dagegen weit verbreitet. Als Gründe vermutet man unter anderem den häufigen Einsatz von Klimaanlagen in den feuchten und heißen Regionen. Auch Ernährungsfaktoren scheinen eine wichtige Rolle zu spielen. In Taiwan gilt Nasenrachenkrebs inzwischen bei jungen Männern als eine der häufigsten Todesursachen.
Pressemitteilung Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, November 2022
Hua YJ et al.; Ann Oncol. 2022 Oct 7:S0923-7534(22)04188-6 (DOI 10.1016/j.annonc.2022.10.002).