Das Risiko, aufgrund von neu auftretenden Herzerkrankungen vertragsärztlich behandelt werden zu müssen, sinkt in Deutschland. Insbesondere bei der Koronaren Herzkrankheit (KHK) und der Herzinsuffizienz zeigte sich in den vergangenen Jahren eine deutliche Abnahme der Inzidenz. Das publizieren jetzt Forscher des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) im Versorgungsatlas-Bericht „Bundesweite Inzidenztrends diagnostizierter Herzerkrankungen in den Jahren 2013 bis 2021“.
Die rückläufige Inzidenz für KHK und Herzinsuffizienz korrespondiert mit einer Abnahme der Mortalitätsraten in der Bevölkerung in den Jahren 2011 bis 2020, die bei 20% bzw. 40% liegen. Ebenfalls stark rückläufig war die Inzidenz der sehr seltenen Erkrankungsgruppe akutes rheumatisches Fieber.
Die Inzidenz diagnostizierter Herzerkrankungen und des kardiovaskulären Risikofaktors Hypertonie variierte 2021 zwischen 0,13 (akutes rheumatisches Fieber) und 30,6 (Hypertonie) pro 1.000 Personen. Zwischen 2013 und 2021 zeigte die alters- und geschlechtsstandardisierte Inzidenz pro Erkrankungsgruppe mehrheitlich einen schrittweisen Rückgang. Der stärkste relative Rückgang zwischen 2013 (0,20 Neuerkrankungen pro 1.000 Personen) und 2021 (0,13/1.000) wurde für akutes rheumatisches Fieber (-35%) beobachtet. Darauf folgten die KHK (Inzidenz in 2013: 12,71/1.000, 2021: 9,52/1.000) und die Herzinsuffizienz (2013: 10,49/1.000, 2021: 8,09/1.000) mit relativen Rückgängen von -25% bzw. -23%. Nur für die Erkrankungsgruppe Perikarditis konnte 2021 (0,44/1.000) eine gegenüber 2013 (0,41/1.000) erhöhte Inzidenz festgestellt werden, wobei diese Veränderung insbesondere gegenüber dem Jahr 2020 zu beobachten ist.
Regionale Unterschiede der Neuerkrankungsrate
Patienten mit dem neudiagnostizierten kardiovaskulären Risikofaktor Hypertonie und neudiagnostizierten sonstigen kardialen Erkrankungen wiesen 2021 ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis auf. Für die KHK (47%) sowie Myokarditis und Kardiomyopathie (40%) ist ein geringerer Anteil erkrankter Frauen beobachtet worden. Alle anderen Erkrankungen zeigten hingegen einen höheren Anteil an neuerkrankten Frauen als an neuerkrankten Männern. Der höchste Frauenanteil wurde mit 67% für akutes rheumatisches Fieber erreicht, gefolgt von chronisch rheumatischen Herzerkrankungen (60%).
„Die von uns ausgewerteten Abrechnungsdaten verdeutlichen zudem, dass es bei den aus Public-Health-Perspektive besonders bedeutsamen chronischen Erkrankungsgruppen Koronare Herzkrankheit und Herzinsuffizienz auch nach Berücksichtigung der Altersstrukturen deutliche regionale Unterschiede der Neuerkrankungsraten gibt. Tendenziell besteht hierbei ein Ost-West-Gefälle mit einer erhöhten Krankheitslast in den neuen Bundesländern. Dies schließt an Befragungsergebnisse zum Gesundheitsverhalten an. So zeigen Surveydaten eine erhöhte Prävalenz für lebensstilbezogene Risikofaktoren kardiovaskulärer Erkrankungen in den ostdeutschen Regionen – darunter körperliche Inaktivität, erhöhter Alkoholkonsum und Adipositas. Unsere Studie schärft den Blick für kleinräumige Variationen des erkrankungsspezifischen Risikos, die als Ausgangspunkt zukünftiger Untersuchung zur Krankheitsgenese potenziell relevanter Umweltfaktoren dienen können“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. rer. pol. Dominik von Stillfried (Berlin).
Herzerkrankungen sind häufigste Todesursache
Zusatzinfo: Herzerkrankungen sind in Deutschland, aber auch weltweit die häufigste Todesursache. Die KHK einschließlich des Myokardinfarktes ist mit insgesamt 121.462 Todesfällen im Jahr 2020 die bedeutendste Einzelerkrankung in der deutschen Todesursachenstatistik. Weitere 82.096 Todesfälle entfielen im selben Jahr auf Herzinsuffizienz, Herzklappenkrankheiten und Herzrhythmusstörungen. Allerdings konnte für Herzerkrankungen in Deutschland auch ein über die letzten zwei Jahrzehnte andauernder stetiger Rückgang der alters- und geschlechtsstandardisierten Mortalitätsraten beobachtet werden.
Pressemitteilung „Aktuelle Zi-Studie zu bundesweiten Inzidenztrends diagnostizierter Herzerkrankungen in den Jahren 2013-2021 veröffentlicht“. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Berlin, 20.4.2023 (https://www.zi.de/das-zi/medien/medieninformationen-und-statements/detailansicht/erkrankungsrisiko-kardialer-erkrankungen-nimmt-schrittweise-ab-deutliche-reduktionen-bei-neuerkrankungen-rueckgang-vor-allem-bei-koronarer-herzkrankheit-und-herzinsuffizienz).
Holstiege J, Dammertz L, Kohring C, Heuer J, Akmatov MK, Bätzing J. Bundesweite Inzidenztrends diagnostizierter Herzerkrankungen in den Jahren 2013 bis 2021. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi). Versorgungsatlas-Bericht Nr. 23/01. Berlin 2023 (DOI 10.20364/VA-23.01).