Für einige Aufmerksamkeit sorgte beim Kongress der European Society for Medical Oncology (ESMO) in Barcelona, September 2024, die hoch signifikant guten Ergebnisse der italienischen TACITO-Studie zur ergänzenden Behandlung bei metastasierendem Nierenzellkarzinom (mRCC). Die vorläufigen Ergebnisse zeigen zum ersten Mal, so die Arbeitsgruppe, dass ein fäkaler Mikrobiomtransfer (FMT) die Wirksamkeit von standardisierter ICI-basierter Erstlinientherapien bei mRCC-Patienten und -Patientinnen erhöhen kann.
Kombinationen aus Tyrosinkinaseinhibitoren, die an den VEGF-Rezeptor binden (VEGFR-TKIs) und Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICIs) gegen PD-1 sind die Standard-Erstlinientherapie für Personen mit metastasiertem Nierenzellkarzinom (mRCC). Es gibt seit einiger Zeit Hinweise, dass die Zusammensetzung der Darmflora die Aktivität der ICIs bei mRCC und anderen Krebsarten beeinflussen könnte, wenn dabei ein fäkaler Mikrobiomtransfer (FMT) zur Regulierung mikrobiombedingter Erkrankungen eingesetzt wird. Die beim diesjährigen ESMO-Kongress vorgestellte TACITO-Studie (NCT04758507) untersuchte, ob FMT die Wirksamkeit von VEGFR-TKI + ICI-Kombinationen bei mRCC erhöhen könnte.
Hierzu wurden mRCC-Patienten und -Patientinnen, die in der Erstlinientherapie mit Axitinib+Pembrolizumab (Axi+Pembro) behandelt wurden, wurden randomisiert (1:1) der FMT- oder einer Placebo-Gruppe zugewiesen. Die Teilnehmenden erhielten zu Beginn (innerhalb von 8 Wochen nach Beginn von Axi+Pembro, FMT1) eine direkte Infusion in den Dickdarm mit Stuhl von einem Spender oder Placebo, gefolgt von oralen Kapseln mit demselben gefrorenen Stuhl oder Placebo nach 90 (FMT2) bzw. 180 Tagen (FMT3). Der Spender war ein einzelner mRCC-Patient, der eine vollständige und lang anhaltende Reaktion auf ICIs zeigte. Der primäre Endpunkt war eine Erhöhung der Rate der Personen ohne Krankheitsprogression nach einem Jahr (1-Jahres-PFS-Rate) mit FMT im Vergleich zu Placebo um ≥20 %. Sekundäre Endpunkte waren medianes PFS, Gesamtüberleben (OS), objektive Ansprechrate (ORR) und Mikrobiota-Charakterisierung.
Insgesamt 50 Patienten und Patientinnen wurden randomisiert FMT (Risiko nach IMDC-Kriterien: 28 % günstig, 72 % mittelmäßig schlecht) oder Placebo (32 % günstig, 68 % mittelmäßig schlecht) zugewiesen. 44 Patienten waren für den primären Endpunkt auswertbar (24 in der FMT-Gruppe und 20 in der Placebo-Gruppe). Die 1-Jahres-PFS-Rate betrug 66,7 % mit FMT vs. 35,0 % mit Placebo, p=0,036. In der Gesamtpopulation betrug das mPFS nach einer medianen Nachbeobachtung von 28,0 Monaten 14,2 (95 %-KI 0,9-27,6) vs. 9,2 (95 %-KI 3,0-15,4) Monate und das mOS wurde nicht erreicht vs. 25,3 (95 %-KI 17,1-33,6) Monate mit FMT bzw. Placebo. Die ORR betrug 54 % vs. 28 % im FMT-Arm im Vergleich zu Placebo; 38 % vs. 44 % zeigten eine stabile Erkrankung und 8 % vs. 28 % eine Progression. Nur 1 Patient im Placebo-Arm berichtete von FMT/Placebo-bedingten Nebenwirkungen (orale Mukositis Grad 3) und setzte die Kapseln ab.
Die Erstautorin Dr. med. Chiara Ciccarese (Rom) betonte in einem Interview mit der britischen Wohltätigkeitsorganisation ecancer.org, dass sie „fest davon überzeugt ist, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms ein Schlüsselfaktor ist, der die Reaktion auf die Immuntherapie beeinflusst und dass der Einsatz von Antibiotika genauestens evaluiert werden sollte. Ich denke auch, dass die Ernährung ein weiterer zu berücksichtigender Faktor sein sollte, um die Zusammensetzung der Mikrobiota positiv beeinflussen.“
Fachpresse-Workshop „Neues vom ESMO 2024 Kongress der European Society for Medical Oncology (ESMO, 2024), Online 9.10.2024. Veranstalter: 21up GmbH, München.
Ciccarese C et al.: LBA77 - Fecal Microbiota Transplantation (Fmt) vs Placebo in Patients Receiving Pembrolizumab plus Axitinib for Metastatic Renal Cell Carcinoma. Preliminary Results of the Randomized Phase 2 TACITO Trial. Annals of Oncology. 2024;35(suppl_2): 1-72 (DOI 10.1016/j.annonc.2024.08.2320).
Ciccarese C.,https://ecancer.org/en/video/12034-faecal-microbiota-transplantation-increases-activity-of-immunotherapy-in-mrcc