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Allgemeinmedizin

Infektiologie

Antibiotika in der Tiermedizin sinken weiter

23.8.2023

Das Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) meldet jetzt, dass die Menge der in der Tiermedizin abgegebenen Antibiotika in Deutschland im Jahr 2022 deutlich zurückgegangen sei. Insgesamt wurden 540 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben (Tierärzte haben in Deutschland ein Dispensierrecht). Das sind 61 Tonnen weniger als im Vorjahr (minus 10,1%). Bereits 2021 hatte der Rückgang gegenüber 2020 14,3% betragen. Im Vergleich zu 2011, dem ersten Jahr der Erfassung der Antibiotika-Abgabemengen, bedeutet dies eine Reduzierung der insgesamt abgegebenen Antibiotikamenge um 68%.

Von den 540 Tonnen (t) Antibiotika entfallen die größten Mengen wie in den Vorjahren auf Penicilline (228 t) und Tetrazykline (90 t), es folgen Sulfonamide (54 t), Makrolide (46 t) und Polypeptidantibiotika mit 44 t. Für die Mengen abgegebener Cephalosporine der 3. und 4. Generation (1,1 t; -10,8%), Fluorchinolone (5 t; -10,1%) und Polypeptidantibiotika (Colistin; 44 t; -13,3%), welche von der WHO als Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen (Highest Priority Critically Important Antimicrobials for Human Medicine) eingestuft werden, sind im Vergleich zum Vorjahr erneut Rückgänge zu verzeichnen. Die Menge der abgegebenen Makrolide blieb auf stabilem Niveau (46 t). Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Fluorchinolone und Colistin sind auch nach der Kategorisierung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA; AMEG-Kategorisierung) nur beschränkt in der Tiermedizin einzusetzen. Alle erfassten Abgabemengen dieser Wirkstoffklassen sind auf dem niedrigsten Wert seit 2011. Entsprechend der Farm-to-Fork-Strategie der Europäischen Kommission soll der Antibiotikaeinsatz in der landwirtschaftlichen Tierhaltung zwischen 2018 und 2030 europaweit um 50% gesenkt werden. In Deutschland konnten die Verkäufe von Antibiotika in der Tiermedizin in den Jahren 2018 bis 2022 bereits um 25% reduziert werden.

Die gemeldeten Wirkstoffmengen lassen sich nicht einzelnen Tierarten zuordnen, da die Mehrzahl der Tierarzneimittel, welche diese Wirkstoffe enthalten, für die Behandlung verschiedener Heim- oder Nutztierarten zugelassen ist. Das seit Januar 2022 anzuwendende Tierarzneimittelrecht sieht jedoch vor, dass künftig auch die Anwendungen antimikrobieller Arzneimittel bei Tieren erfasst werden. Gemäß § 56 Tierarzneimittelgesetz (TAMG) in Verbindung mit Artikel 57 der EU-Tierarzneimittelverordnung (EU) 2019/6 werden die Daten für die ersten Tierarten (Rind, Schwein, Huhn, Pute) bereits seit Januar 2023 erfasst, weitere Tierarten werden stufenweise ab 2025 folgen. Die höchsten Verbrauchsmengen wurden in den Postleitzahlgebieten 48 und 49 registriert (also  in Teilen von Nordrhein-Westfalen resp. Niedersachsen).

Hintergrund: Seit dem Jahr 2011 sind pharmazeutische Hersteller und Inhaber einer Großhandelsvertriebserlaubnis gesetzlich dazu verpflichtet, die Mengen an Antibiotika, die jährlich an Tierärzte in Deutschland abgegeben werden, zu melden. Diese Daten werden im Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register (TAR) erfasst. Antibiotika werden in der Tierernährung nicht nur zur Therapie, sondern auch zur Prophylaxe und zur Steigerung der Milch-, Lege- und Fleischerzeugung eingesetzt. Ein Bündnis aus 23 Verbänden, davon fünf verschiedene Ärzteverbände, fordert, den immer noch viel zu hohen Antibiotikaeinsatz in der industriellen Tierhaltung endlich systematisch zu senken.

Pressemitteilung „Abgabemengen von Antibiotika in Tiermedizin gehen weiter zurück“. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Braunschweig, 3.8.2023 (https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/05_tierarzneimittel/2023/2023_PM_Abgabemengen_Antibiotika_Tiermedizin.html;jsessionid=4191C3413C6BDCCB78D7CCF6D5F2B55B.internet942).

* Pressemitteilung: „5 Eckpunkte zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen aus der industriellen Tierhaltung“. Germanwatch e.V., Bonn/Berlin, 26.1.2023 (https://www.germanwatch.org/de/87835).

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