Laut einer jetzt vorgelegten Studie von Psychologen der Universität Harvard (USA) hat die subjektiv wahrgenommene Zeit einen erheblichen Einfluss auf die tatsächliche Zeit, die der Körper zur Heilung körperlicher Wunden benötigt: Je kürzer die subjektiv erlebte Zeit im Heilungsverlauf ist, um so schneller erfolgte die reale Heilung. Die Studienergebnisse stellen herkömmliche Überzeugungen über seelische Einflüsse auf die körperliche Gesundheit deutlich in Frage.
Für die Studie wurden die Studienteilnehmer und-teilnehmerinnen nach einem standardisierten Verfahren leicht verletzt und die von ihnen wahrgenommene Zeit manipuliert, um zu testen, ob die wahrgenommene Zeit die Heilungsrate beeinflusst. Dazu wurde das Ausmaß der Heilung unter drei temporalen Bedingungen mithilfe eines Within-Subjects-Versuchsdesigns gemessen: langsame Zeit (halb so schnell wie die Uhrzeit), normale Zeit (Uhrzeit) und schnelle Zeit (doppelt so schnell wie die Uhrzeit). Auf der Grundlage der Theorie der Geist-Körper-Einheit – die eine gleichzeitige und bidirektionale Einflussnahme des Geistes auf den Körper und des Körpers auf den Geist postuliert – stellte die Forschergruppe die Hypothese auf, dass Wunden schneller oder langsamer heilen würden, wenn die wahrgenommene Zeit in einer Weise manipuliert wird, dass sie als länger bzw. kürzer erlebt wird.
Das frappierende Ergebnis: Obwohl die tatsächlich verstrichene Zeit in allen 3 Bedingungen 28 Minuten betrug, wurde im Normalzeit- vs. Langsamzeit-Zustand, im Schnellzeit- vs. Normalzeit-Zustand sowie im Schnellzeit- vs. Langsamzeit-Zustand jeweils eine signifikant vermehrte Heilung beobachtet.
Die Ergebnisse stützen die Hypothese, so die Autorengruppe, dass die Wirkung der Zeit auf die körperliche Heilung direkt von der psychologischen Zeiterfahrung einer Person beeinflusst wird, unabhängig von der tatsächlich verstrichenen Zeit.
Aungle P et al.: Physical healing as a function of perceived time. Sci Rep. 2023 Dec 17;13(1):22432 (DOI 10.1038/s41598-023-50009-3).