Die Ergebnisse einer jetzt vorgelegten Studie zu illegalem Online-Apothekenhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten zur Behandlung von erektiler Dysfunktion zeigt keinen Rückgang illegaler Angebote im Internet. Auch weiterhin gehören „Viagra-Fälschungen“ auf europäischer Ebene zu den am häufigsten angebotenen und beschlagnahmten Arzneimittelfälschungen. Dabei werden von den Anbietern die komplexen rechtlichen Vorgaben zum Versandhandel mit Arzneimitteln umgangen.
Eine jetzt von Sinn und Prof. Dr.-Ing. Martin Steinebach vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT durchgeführte Untersuchung bestätigt Ergebnisse, die bereits zwischen 2014 und 2016 die Auswirkungen der Liberalisierung des Internethandels in Europa auf die Arzneimittelkriminalität (ALPhA) erfassten. Schon damals zeigte die Analyse zu internetgestützter Arzneimittelkriminalität, organisierter Arzneimittelkriminalität sowie illegalem Arzneimittelversandhandel, dass Arzneimittel zur Behandlung von erektiler Dysfunktion ein Schwerpunkt der illegalen Online-Apotheken waren.
Die Ergebnisse der jetzt vorgestellten Analyse sind analog zu dem Vorgehen des Projektes ALPhA erarbeitet worden. Allerdings wurde die Software zur automatischen Analyse des Internets technisch und rechtlich aktualisiert. Diese stellt – wie ein potentieller Kunde – mittels Schlüsselwörtern Anfragen an verschiedene Suchmaschinen und erfasst automatisch die relevanten Internetangebote. Diese werden dann automatisiert vorab analysiert, ob sie tatsächlich rezeptpflichtige Medikamente zur Behandlung von erektiler Dysfunktion illegal anbieten. Denn auch ohne die Präparate selbst zu prüfen, kann aus der Nichteinhaltung der zuvor beschriebenen strengen Sicherheitsvorschriften für den Versandhandel auf ein stark erhöhtes Gefährdungspotenzial durch illegale Arzneimittel geschlossen werden, erläuterte Steinebach.
Auf diesem Wege konnten – auf den deutschen Sprachraum begrenzt – 89 auffällige Online-Präsenzen identifiziert werden, die weder im Versandhandelsregister eingetragen noch das EU-Versandhandelslogo mit Verlinkung in das Register führten und von denen 82 in Deutschland rezeptpflichtige Medikamente zum Versand anbieten. 67 Plattformen verlangten kein Rezept. Bei 15 Anbieter werden verschiedene Verfahren zur Rezeptausstellung angewandt, nur einer habe aber klar ausgeführt, dass ein Rezept eingereicht werden muss. Der größte Teil der Shops wird in Ländern außerhalb der EU und nur 12 in Deutschland gehostet. Keiner der Shops erfüllte die strengen rechtlichen Voraussetzungen für den Versandhandel nach Deutschland.
Bemerkenswert ist die Beobachtung, so das Forscherteam, dass auch acht Jahre nach den Forschungsarbeiten im Projekt ALPhA die Betreiber illegaler Angebote die gleichen illegalen Methoden zur Produktwerbung erfolgreich einsetzten und teilweise um Verschleierungstechniken erweitert haben. „Die Kurzstudie lässt den Schluss zu, dass die mit der Fälschungsrichtlinie seit 2019 verbundene Hoffnung, illegale Angebote im Internet durch die im Online-Versandhandel obligatorisch gewordenen Sicherheitsmerkmale zurückzudrängen, sich nicht erfüllt hat. Die Angebote sind zahlreich vorhanden. Der illegale Markt scheint weiterhin attraktiv zu sein, weil sich die begünstigenden Faktoren nicht geändert haben: eine undurchsichtige Rechtslage, niedriger Kontrolldruck, geringes Entdeckungsrisiko und hohe Gewinnmargen“, so Steinebach.
Pressemitteilung „Neue Graumarktstudie zu illegalem Online-Apothekenhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten zur Behandlung von erektiler Dysfunktion - Analyse eines Strafrechtlers“. Viatris-Gruppe Deutschland, Bad Homburg, 14.11.2024 (https://www.accente.de/wp-content/uploads/2024/11/01_Viatris_Pmappe_Graumarktstudie_Sildenafil_PM_11.24_FINAL_rev.pdf).