Die atopische Dermatitis (AD) ist häufig mit starkem Pruritus, Schlaflosigkeit, eingeschränkter Lebensqualität, aber auch mit psychischen Komorbiditäten assoziiert. Eine Arbeitsgruppe aus Deutschland und der Schweiz hat jetzt den Verdacht bestätigt, dass auch die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) eine wichtige Komorbidität der AD im Erwachsenenalter ist.
Die Forscher führten bei 197 erwachsenen Patienten mit AD der ProRaD-Kohorte (s. u.) Bonn ein Screening auf ADHS (Adult ADHD Self-Report Screening Scale for DSM-5 (ASRS-5), Wender-Utah Rating Scale-K 8), Angst, Depression (Patient Health Questionnaire (PHQ-4)) und allgemeine Psychopathologien (Symptomcheckliste-9) durch und untersuchten die Assoziationen zu klinischen und epidemiologischen Faktoren mittels binärer logistischer Regression.
Dabei zeigte ein hoher Anteil der AD-Patienten auffällige Screeningfragebögen für (1) adulte ADHS (34,0%), (2) retrospektive Erfassung von ADHS im Kindesalter (46,5%), (3) Depression (11,7%), (4) Angst (18,3%), (5) psychologischen Stress (19,3%), und (6) allgemeine Psychopathologien (26.4%). Die adulte ADHS war hierbei mit Schlaflosigkeit ≥ 4/10 und einem mittleren und hohen maternalen Bildungsniveau assoziiert, retrospektiv erfasste ADHS im Kindesalter mit Stress, selbstwahrgenommenem Schweregrad der AD und maternalem Bildungsniveau. Depression war mit Sportabstinenz sowie einer reduzierten dermatologischen Lebensqualität (Dermatologischer Lebensqualitätsindex (DLQI) ≥ 11) assoziiert. Angst war ebenfalls mit einem DLQI ≥ 11 sowie keiner aktuellen Berufstätigkeit, psychologischer Stress mit DLQI ≥ 11 und nächtlichem Erwachen assoziiert und allgemeine Psychopathologie mit dem selbstwahrgenommenen Schweregrad der AD.
AD: Komorbide ADHS oft mit Schlaflosigkeit assoziiert
Die Arbeitsgruppe konnte somit eine hohe Rate an psychischen Komorbiditäten bei der AD feststellen, allen voran ADHS, wobei einige assoziierte Faktoren wie die Schlaflosigkeit und eingeschränkte dermatologische Lebensqualität durch eine bessere Krankheitskontrolle sowie Lebensstilmaßnahmen wie Sport, Stressreduktion oder die Berufstätigkeit beeinflusst werden könnten.
Hintergrund: Die ProRaD-Studie ist eine prospektive Längsschnittstudie zur Untersuchung der Remissionsphase bei Patienten mit atopischer Dermatitis und anderen allergieassoziierten Erkrankungen wie Asthma, Lebensmittelallergien und allergischer Rhinitis (Heuschnupfen). Sie soll dabei helfen, das Verständnis von Mechanismen zu verbessern, die den Verlauf der Neurodermitis und begleitenden allergischen Erkrankungen beeinflussen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen können neue Ansätze zur Vorbeugung und Behandlung der Neurodermitis und begleitender Erkrankungen entwickelt werden. Es handelt sich um eine Beobachtungsstudie mit der Gewinnung von Biomaterialien (Blut, Gewebe und Hautabstriche), um die zentralen Fragestellungen beantworten zu können.
Maintz L: „AtopischeDermatitis: Assoziation mit Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung undpsychischen Komorbiditäten“. Vortrag beim 52. Kongress der DeutschenDermatologischen Gesellschaft (DDG), Berlin, 26.-29.4.2023.