Seit Pandemiebeginn sind knapp 30% (2,3 Mio) aller durchgehend erwerbstätigen AOK-Versicherten (7,7 Mio) mindestens einmal im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung in ihren Unternehmen ausgefallen, wie eine aktuelle Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt. Bis einschließlich Dezember 2022 waren knapp 1% (n=71.651) der Beschäftigten von einer Post-Covid-Erkrankung betroffen. Auffallend ist, dass diese relativ wenigen Betroffenen lange AU-Zeiten von durchschnittlich 30 Tage hatten.
Zur Analyse der Auswirkungen der verschiedenen Virus-Varianten wurden die AU-Daten von Beschäftigten mit einer AU-Meldung aufgrund einer akuten Covid-19-Erkrankung sieben Monate lang nachbeobachtet. Dabei zeigte sich, dass zwischen September und Dezember 2021, als die sogenannte Delta-Variante dominierte, bei 2,5% (n = 5.477) der akut Erkrankten eine Post-Covid-Erkrankung folgte. Damit ist deren Anteil doppelt so hoch wie in der Zeit, in der die Omikron-Variante vorherrschte. Hier folgte bei nur 1,1% (n = 9.171) aller von Akut-Covid-Betroffenen eine Post-Covid-Erkrankung. Auch die durchschnittliche Länge der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Post-Covid-Erkrankung ist in der Zeit, in der die Delta-Variante vorherrschte, mit durchschnittlich 43,2 Tagen deutlich höher als in dem Zeitraum, in dem die Omikron-Variante vorherrschend war (30,9 Tage).
Bei über 8% aller Post-Covid-Erkrankungen wurde auf der AU-Bescheinigung zusätzlich ein akuter Infekt der oberen Atemwege dokumentiert. Weitere, ebenfalls häufig dokumentierte Komorbiditäten waren vor allem Unwohlsein und Ermüdung (4,7%), Dyspnoe bzw. Kurzatmigkeit (3,4%), Husten (knapp 2%), Neurasthenie (1,5%) und Kopfschmerzen (1,4%). Die Ergebnisse des WIdO zeigen zudem, dass die Arbeitsunfähigkeitsdauer von Beschäftigten, die von Covid-Erkrankungen betroffen sind, mit zunehmendem Alter deutlich ansteigt. Insgesamt waren bei akuten Covid-Erkrankungen durchschnittlich neun Ausfalltage zu verzeichnen, bei Post-Covid-Erkrankungen durchschnittlich 30 Tage. Am häufigsten betroffen waren Berufe in der Kinderbetreuung und -erziehung, in Sozialverwaltung und -versicherung, Berufe der pharmazeutisch-technischen Assistenz, unter Medizinischen Fachangestellten und in der Physiotherapie. „Es fällt auf, dass die Berufsgruppen, die am stärksten von akuten Covid-Erkrankungen betroffen waren, in der Folge nicht unbedingt die meisten Post-Covid-Ausfälle zu verzeichnen hatten“, so Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WidO.
Höchster allgemeiner Krankenstand in 2022
Das Wissenschaftliche Institut der AOK macht auf methodische Analyseprobleme der vorgelegten Studie aufmerksam: So gebe es eine hohe Dunkelziffer bei akuten Covid-Erkrankungen. Zudem seien die Langzeitfolgen von Covid nach wie vor schwer zu beziffern, nicht zuletzt weil eine akute Covid-Infektion unterschiedliche Folgeerkrankungen mit Covid-Spätfolgen haben könne. Die WHO-Definition (Luftnot, Fatigue und kognitive Störungen als Symptome der „Post-Covid Condition“) erschwert zudem eine realistische Abbildung des Krankheitsgeschehens auf Basis von Routinedaten, wodurch u. a. Untererfassungen möglich werden.
Als Nebenbefund zeigt die WIdO-Analyse, dass es im Jahr 2022 den höchsten allgemeinen Krankenstand (6,7%) seit Beginn der gesamtdeutschen Analyse von Daten AOK-versicherter Beschäftigter 1991 gegeben hat. Treiber dieser Entwicklung waren vor allem Atemwegserkrankungen.
Pressemitteilung„Post-Covid-Erkrankungen: Wenige Betroffene, aber lange Ausfallzeiten“.Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), Berlin, 16.3.2023 (https://www.wido.de/newsletter/newsletter-post-covid-erkrankungen/).