Infektionen mit Erkältungs-Coronaviren können breite Kreuzimmunität gegen SARS-CoV-2-Proteine auslösen, haben Forscher am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) festgestellt. Sie konnten kreuzreaktive Immunantworten auf ein – neben dem Spike-Protein – weiteres SARS-CoV-2-Protein nachweisen: Sowohl in Blutproben von COVID-Erkrankten als auch von Personen, die nie mit SARS-CoV-2 infiziert waren, fand das Forschungsteam eine breite T-Zell-Reaktion auf die SARS-CoV-2 RNA-abhängige RNA Polymerase.
Die T-Zellen, der nie mit SARS-CoV-2 infizierten Personen, entstanden vermutlich durch eine frühere Infektion mit anderen Erkältungs-Coronaviren und kreuzreagierten in den Tests mit der SARS-COV-2-Polymerase.
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass die Exposition des Immunsystems gegenüber Strukturproteinen eine virusspezifische Reaktion von CD4+ T-Zellen auslösen kann. Dabei hatte ein Team um Prof. Dr. med. Julian Schulze zur Wiesch (Hamburg) die Antwort der CD4+ T-Zellen auf das strukturelle SARS-CoV-2-Spike-Protein untersucht.
Komplexe Immunantwort des Körpers auf SARS-CoV-2
In einer neuen Studie verglich das Team nun die spezifische T-Zell-Antwort auf die RNA-abhängige RNA-Polymerase von SARS-CoV-2 – ein nicht-strukturelles Protein – in Blutproben von COVID-19-Patienten und von Personen, die nie an COVID erkrankt waren, einschließlich Proben aus der Zeit vor der Pandemie. In allen Proben wiesen die Forscher eine breite T-Zell-Reaktion des Immunsystems nach. Die T-Zellen, die in den Proben von Personen gefunden wurden, die nie mit SARS-CoV-2 in Kontakt kamen, entstanden daher vermutlich als Reaktion auf eine frühere Infektion mit anderen Erkältungs-Coronaviren und reagierten in den Tests mit dem SARS-CoV-2-Polymerase-Protein (Coronaviren verursachen in Deutschland bis zu 30% der saisonalen Erkältungen).
Darüber hinaus verglichen die Wissenschaftler die potenzielle spezifische Kreuzreaktivität der SARS-CoV-2-RNA-abhängige RNA-Polymerase mit der anderer Proteine verwandter Erkältungscoronaviren, um weitere Erkenntnisse über SARS-CoV-2-spezifische T-Zell-Reaktionen zu gewinnen. „Unsere Daten belegen erneut, wie komplex die Immunantwort des Körpers auf SARS-CoV-2 ist und welch ein langer Weg noch vor uns liegt, um diese vollständig zu verstehen. Weitere Forschungen können nun auf dieser Veröffentlichung aufbauen und intensiver die Interaktion zwischen verschiedenen Atemwegsviren untersuchen“, sagt der Erstautor der Studie, Tim Westphal (Hamburg).
Pressemitteilung „Infektion mit Erkältungs-Coronaviren kann breite Kreuzimmunität gegen SARS-CoV-2-Proteine auslösen“. Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), Braunschweig, 16.5.2023 (https://www.dzif.de/de/infektion-mit-erkaeltungs-coronaviren-kann-breite-kreuzimmunitaet-gegen-sars-cov-2-proteine).
Westphal T et al.: Evidence for broad cross-reactivity of the SARS-CoV-2 NSP12-directed CD4+ T-cell response with pre-primed responses directed against common cold coronaviruses. Front Immunol. 2023 May 05;14:1182504 (DOI 10.3389/fimmu.2023.1182504).