Die Ergebnisse einer jetzt vorgelegten prospektiven Beobachtungsstudie bestätigen, dass die körperliche Aktivität bei Patienten mit muskuloskelettalen Erkrankungen durch stationäre Rehabilitation nachhaltig gesteigert werden kann, und zwar auch noch zwölf Monate nach der Reha.
Obwohl die Evidenzlage überzeugend ist, gelingt es vielen Patienten nicht, ihren oft über Jahrzehnte gepflegten ‒ sedativen ‒ Lebensstil zu ändern. Ärztliche Empfehlungen oder Initiativen von Landessportverbänden und Krankenkassen, wie etwa ein „Rezept für mehr Bewegung“, führen meist nicht zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung. Hier könnte eine stationäre Reha-Maßnahme langfristig Erfolg versprechender sein. Die prospektive Beobachtungsstudie (Prä-Post-Design) erfasste die körperliche Aktivität (mit dem Freiburger Fragebogen zur körperlichen Aktivität) und die Depressivität (mit dem Beck-Depressions-Inventar [BDI]) bei 202 Rehabilitanden (124 weiblich, 77 männlich) mit muskuloskelettalen Erkrankungen (ICD-Diagnosen M) zu verschiedenen Katamnesezeitpunkten (zu Beginn der Reha, nach drei, sechs, neun und zwölf Monaten). Die Aktivitätssteigerung wurde in Abhängigkeit vom Ausgangslevel und der Depressivität analysiert.
Drei Monate nach Rehabilitation lag das Aktivitätsniveau 47,8% über dem Ausgangsniveau, was einer Steigerung der Medianaktivität von 5 auf 7,2 Stunden pro Woche entspricht; 78,6% der Teilnehmer zeigten nach drei Monaten eine positive Differenz zum Ausgangsniveau. Der BDI-Score nahm im Mittel bei Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme ab; eine Korrelation zwischen Abnahme des Scores und Zunahme der körperlichen Aktivität konnte jedoch nicht gezeigt werden.
Durch eine einmalige Intervention einer dreiwöchigen multimodalen Rehabilitation gelang somit eine Steigerung der körperlichen Aktivität über zwölf Monate, wobei die Höhe der Aktivitätssteigerung nicht mit dem Ausgangslevel korreliert war, sodass auch bislang inaktive Patienten von der Reha profitierten. Auch wenn im Studienzeitraum die Gesamtaktivität wieder abnahm (nach zwölf Monaten immer noch 13% über dem Ausgangsniveau), sei dies, so die Autoren, insofern bemerkenswert, da die Rekrutierung der Patienten während der Corona-Pandemie erfolgte und seit Beginn der Pandemie eine Abnahme der körperlichen Aktivität in der Bevölkerung insgesamt festzustellen ist. Sie kritisieren, dass das Antragsverfahren für eine stationäre oder ambulante Reha-Maßnahme komplex und für viele Patienten, aber auch Ärzte wenig transparent ist ‒ ein Grund, weshalb die Zahl der Reha-Maßnahmen in den vergangenen Jahren sogar leicht rückläufig war.
Reuß-Borst M et al., Z Rheumatol 2022 Mar 23; DOI 10.1007/s00393-022-01179-4, PMID 35320394