Akute respiratorische Erkrankungen (ARE) im Kindesalter waren vor der COVID-19-Pandemie vor allem durch die drei Erreger – Respiratorische Synzytialviren (RSV), Grippe-(Influenza-) und Rhinoviren – geprägt. Experten des Robert Koch-Instituts (RKI) berichten nun über die bisher nicht umfassend analysierten Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und der getroffenen Maßnahmen (vor allem bis Ende 2021) in Deutschland auf die Häufigkeit von ARE bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 0–14 Jahren sowie die sie auslösenden Erreger.
Hierzu wurden Daten aus bevölkerungs-, virologischen und Krankenhaus-basierten Erhebungsinstrumenten bis Jahresende 2022 ausgewertet. Es zeigte sich, dass nach dem Beginn der COVID-19-Pandemie zu Jahresbeginn 2020 die ARE-Raten bis zum Herbst 2021 fast durchgehend unterhalb des vorpandemischen Niveaus blieben, nur Rhinoviren führten kontinuierlich weiterhin zu ARE. Erst mit der Dominanz der Omikron-Variante ab 2022 kam es auf Bevölkerungsebene zu messbaren COVID-19-Raten bei Kindern, wobei die COVID-19-Hospitalisierungsraten vergleichsweise niedrig blieben. RSV- und Influenzawellen fielen zunächst aus und traten dann zu ungewöhnlichen Jahreszeiten, dann aber heftiger als üblich auf.
Das Fazit der RKI-Experten lautet: Atemwegsinfektionen traten bei Kindern während der COVID-19 Pandemie infolge der kontaktreduzierenden und übertragungshemmenden Maßnahmen über etwa 1,5 Jahre insgesamt deutlich seltener auf als üblich. Während sich Rhinoviren nach kurzer Zeit wieder kontinuierlich ausbreiteten, fielen in der Herbst-Wintersaison 2020/2021 die RSV und Influenzawelle aus. Die (fast gleichzeitige) RSV- und Influenzawelle im letzten Quartal 2022 starteten früher und waren stärker als vorpandemisch üblich. Ob sich durch diesen „Nachholeffekt“ die Häufigkeit besonders schwere Manifestationen, insbesondere Bronchiolitiden im Säuglingsalter, verringerte, muss durch weitere, tiefergehende Analysen und ggfs. unter Hinzunahme weiterer Systeme untersucht werden. SARS-CoV-2 führte erst mit dem Auftreten der Omikron-Variante und in kurzer Zeit zu einer Infektion bei etwa der Hälfte der Kinder, aber auch dann blieben – im Vergleich zu RSV- oder Influenzawellen – krankenhauspflichtige Erkrankungen selten. Zukünftige Entwicklungen werden zeigen, ob COVID-19 eine „Kinderkrankheit“ wird, oder die höchsten Inzidenzen und schwereren Erkrankungen vor allem bei Erwachsenen auftreten werden.
Buchholz Udo et al.: Atemwegsinfektionen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland während der COVID-19-Pandemie. Journal of Health Monitoring. 2023 Jun 14; 8(2):21-38 (DOI 10.25646/11366).