Der Verbrauch von Antibiotika in der Veterinärmedizin ging 2021 um 100 Tonnen (-14,3%) zurück, meldet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Das sei die größte Abnahme seit 2016. Dennoch wurden immer noch Antibiotika abgegeben, die kritisch für die Therapie beim Menschen sind.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 601 Tonnen Antibiotika von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern an Tierärzte in Deutschland abgegeben. Die größten Anteile nehmen wie in den Vorjahren die Penizilline (235 t) und Tetrazykline (125 t) ein, gefolgt von Sulfonamiden (64 t), Polypeptidantibiotika (51 t) und Makroliden mit 46 t.
Für die Mengen abgegebener Cephalosporine der 3. und 4. Generation (1,2 t; -7,7 %), Fluorchinolone (5,6 t; -13 %), Polypeptidantibiotika (Colistin; 51 t; -15 %) und Makrolide (46 t; -24 %), welche von der WHO als Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen (Highest Priority Critically Important Antimicrobials for Human Medicine) eingestuft werden, sind im Vergleich zum Vorjahr deutliche Rückgänge zu verzeichnen. Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Fluorchinolone und Colistin sind auch nach der Kategorisierung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA; AMEG-Kategorisierung) nur beschränkt in der Tiermedizin einzusetzen. Alle erfassten Abgabemengen der genannten Wirkstoffklassen sind auf dem niedrigsten Wert seit 2011.
Tierartenspezifisches Monitoring erst ab 2023
Die gemeldeten Wirkstoffmengen lassen sich nicht einzelnen Tierarten zuordnen, da die Mehrzahl der Tierarzneimittel, welche diese Wirkstoffe enthalten, für die Anwendung bei verschiedenen Tierarten zugelassen ist. Das neue, seit Januar 2022 anzuwendende Tierarzneimittelrecht sieht jedoch vor, dass künftig auch die Anwendungen antimikrobieller Arzneimittel bei Tieren erfasst werden. Gemäß Artikel 57 der EU-Tierarzneimittelverordnung (EU) 2019/6 müssen die Daten für die ersten Tierarten (Rind, Schwein, Huhn, Pute) ab 2023 erfasst werden, weitere Tierarten werden ab 2027 folgen.
Eine vom Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) 2018 veröffentlichte Studie zur Krankheitslast durch multiresistente Erreger (MRE) berechnete, dass allein in Deutschland ca. 2.400 Menschen pro Jahr an einer Infektion durch MRE sterben. Um hierfür verantwortliche Antibiotikaresistenzen auch in der Veterinärmedizin bzw. der Agrarindustrie zu reduzieren, sind pharmazeutische Unternehmen und Großhändler seit dem Jahr 2011 gesetzlich dazu verpflichtet, die Mengen an Antibiotika, die jährlich an Tierärzte in Deutschland abgeben werden, zu melden. Diese Daten werden im Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register (TAR) erfasst (seit dem 1. Januar 2021 im Geschäftsbereich BVLs).
Pressemitteilung Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), August 2022
Cassini A et al.; Lancet Infect Dis. 2019 Jan;19(1):56-66 (DOI 10.1016/S1473-3099(18)30605-4).