Migräne ist aufgrund ihrer charakteristischen Symptomatik meist leicht zu diagnostizieren. Die Schwerpunkte der Therapie sind gleichermaßen die Akuttherapie und vorbeugende Maßnahmen. Die besten Effekte werden durch die Kombination von medikamentösen und nicht medikamentösen Maßnahmen erzielt.
Migräne ist eine hirnorganische Erkrankung, für die oft eine genetische Prädisposition besteht. Endogene (z. B. Hormone) und exogene (z. B. Stress) Trigger können den Verlauf erheblich beeinflussen. Am häufigsten ist der episodische Verlauf mit weniger als 15 Migränetagen pro Monat. Chronische Verläufe (ca. 1 % der Bevölkerung) gehen oft mit einem Übergebrauch von Akutmedikation einher. Sie weisen gehäuft Komorbiditäten mit Depressionen, Angststörungen und anderen Erkrankungen mit chronischen Schmerzen auf. Migräne manifestiert sich typischerweise in der zweiten oder dritten Lebensdekade und betrifft im Erwachsenenalter 20–25 % der Frauen und 7–8 % der Männer.
Der Schmerz ist mittelschwer bis schwer, oft halbseitig und nimmt bei Belastung zu. Er hält unbehandelt 4–72 Stunden an und geht mit Übelkeit, Erbrechen, Ruhebedürfnis, Photo- und Phonophobie einher. Aurasymptome treten bei ca. 10–20 % der Patienten vor dem Einsetzen der Kopfschmerzen auf. Sie sind in der Regel visuell mit Flimmersehen, seltener sensorisch oder aphasisch. Der körperliche Untersuchungsbefund ist normal. Pathophysiologisch entspricht die Aura einer Exzitationswelle, die meist im visuellen Kortex beginnt (Spreading depression). Dies erklärt die allmähliche Entwicklung der Aurasymptome – die wichtigste Abgrenzung zur zerebralen Ischämie. Die Kopfschmerzen sind Ausdruck einer neurovaskulären Entzündung, die u. a. durch das Neuropeptid CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide) generiert wird.
Die Akuttherapie (Tab. 1) kann mit Triptanen oder mit einfachen Analgetika in Kombination mit Prokinetika zur Überwindung der Gastroparese und verbesserten Resorption erfolgen. Bei lang anhaltenden Attacken mit Wiederkehrkopfschmerzen nach initial guter Schmerzkontrolle kann das lang wirksame Naproxen mit einem Triptan kombiniert werden. Wird Akutmedikation an zehn oder mehr Tagen/Monat angewendet, droht die Chronifizierung mit Entwicklung von Kopfschmerzen durch Medikamentenübergebrauch. Dies ist einer der wesentlichen Gründe für frühzeitige gezielte prophylaktische Maßnahmen wie die Anwendung von Entspannungstechniken (progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen), regelmäßiger Ausdauersport (3 x pro Woche 30 Minuten) und verhaltenstherapeutische Maßnahmen (Abbau von Triggern). Treten mehr als drei Migräneattacken pro Monat auf, besteht die Indikation zur medikamentösen Prophylaxe (Tab. 2 und 3). Die jüngst entwickelten Antikörper, die in das CGRP-System eingreifen, zeichnen sich durch einen spezifischen Wirkmechanismus und damit durch einen schnellen Wirkeintritt und eine sehr gute Verträglichkeit aus. Sie werden subkutan verabreicht und wirken je nach Präparat und Dosierung vier Wochen bis drei Monate. Hauptnachteil der Substanzen sind die hohen Therapiekosten (Besondere Auflagen für die Kostenerstattung bei GKV). Sie erlauben auch nicht, über einen zusätzlichen Wirkmechanismus begleitende Komorbiditäten parallel zu behandeln.
Mehr praxisrelevantes Wissen finden Fachkreise auch online im Migräne- und Kopfschmerz-Guide unter www.mk-guide.org, einem Projekt der DMKG Initiative „Attacke! Gemeinsam gegen Kopfschmerzen“.
Die Autorin
PD Dr. med. Stefanie Förderreuther
Neurologischer Konsiliardienst LMU München, Klinikum Großhadern
Literatur bei der Autorin