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Allgemeinmedizin

Kardiovaskuläre Nebenwirkungen

Onkologisch Erkrankte kardiologisch mitbetreuen

Prof. Dr. med. Lorenz Lehmann, Prof. Dr. med. Norbert Frey

10.2.2025

In der gemeinsam vom Universitätsklinikum Heidelberg und dem Nationalen Zentrum für Krebserkrankungen eingerichteten Sektion „Kardio-Onkologie“ werden onkologisch Erkrankte gezielt kardiologisch mitbetreut. Studien sollen zudem langfristig neue diagnostische Vorgehensweisen und präventive Therapien etablieren.

Die kardiologische Mitbetreuung onkologischer Patienten und Patientinnen hat in den vergangenen Jahren eine zunehmende Bedeutung erfahren. So weisen ca. 15 % aller kardiologisch Erkrankten mit einer Indikation zum Herzkatheter in ihrer Vorgeschichte die Diagnose einer Krebserkrankung auf. Umgekehrt besteht bei ca. 7–36 % aller Krebsfälle (je nach Entität) zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits eine Herzerkrankung oder es liegt ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko vor.

Viele der onkologisch Erkrankten können früh erkannt und erfolgreich behandelt werden. Dabei spielen die möglichen kardiovaskulären Nebenwirkungen während und teilweise auch lange nach einer solchen erfolgreichen Therapie eine immer größere Rolle. Zudem überlappen Risikofaktoren für die Entwicklung einer Atherosklerose mit denen einer Krebserkrankung. Dies gilt z. B. für Nikotinabusus, Diabetes mellitus und Alter. Aus kardiologischer Sicht gehören Patientinnen und Patienten mit onkologischer Erkrankung daher immer zu den Risikogruppen.

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) hat daher bereits eine eigene Arbeitsgruppe für Kardio-Onkologie gegründet, über die regelmäßige Positionspapiere veröffentlicht werden. Im Jahr 2022 ist zudem die erste Leitlinie zur Betreuung onkologischer Patienten und Patientinnen von der europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) veröffentlich worden. Grundlage ist eine individualisierte Einteilung der Betroffenen in verschiedene Risikoklassen, basierend auf Patienten-spezifischen und Therapie-spezifischen Risiken (Abb.).

Was ist bei neueren Therapien zu beachten?

Mit den neben den klassischen systemischen Thera­pien entwickelten Immuntherapien und neuen ­Tyrosin-Kinase-Inhibitoren (TKI) aus der Gruppe der „targeted therapies“ sind auch neue kardiovaskuläre Nebenwirkungen in den Fokus geraten. Hierbei sind neben Klassen-Effekten der TKI, wie die Entwicklung einer arteriellen Hypertonie, auch speziellere Nebenwirkungen wie vermehrtes Auftreten venöser oder arterieller Thrombosen zu beachten.

Die seltene, aber potenziell lebensgefährliche Myokarditis ist die wichtigste kardiovaskuläre Komplikation einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI). Für die Diagnose sind erhöhte kardiale Biomarker sowie Hinweise auf andere Nebenwirkungen (z. B. Myositis, Hypophysitis, Pneumonitis) wichtig. Für die Prognose sind die Höhe des kardialen Troponins sowie neu auftretende EKG-Veränderungen entscheidend. Aktuell ist etwa die Hälfte aller Patienten und Patientinnen mit onkologischen Erkrankungen nach den Zulassungskriterien für ICI mit solchen therapierbar, ein Anstieg der Inzidenz der ICI-Myokarditis ist daher zu erwarten.

Wie man Kardiotoxizität behandeln kann

Bei geplanten hohen Dosierungen von Anthrazyklinen können möglicherweise Statine besser vor der Entwicklung einer Toxizität schützen, darauf gibt es erste Hinweise. Solche hohen Dosierungen werden in der aktuellen Therapie v. a. bei Patientinnen und Patienten mit Lymphom oder Sarkom erreicht.

Entwickeln Betroffene unter einer Therapie mit Anthrazyklinen eine Einschränkung der linksventrikulären Pumpfunktion, wird die Therapie mit Aldosteronantagonisten und Betablockern empfohlen. Für die Therapie mit ACE-Hemmern gibt es dagegen widersprüchliche klinische Studien. Entscheidend ist aber eine engmaschige Kontrolle dieser Personen und eine interdisziplinäre Weiterbetreuung. Frühe Anzeichen einer Toxizität können erhöhte kardiale Biomarker sein. Der veränderte Global Longitudinal Strain (GLS) wird als ein früher Marker einer Toxizität weiterhin in der Leitlinie empfohlen, auch wenn klinische Daten den Nutzen einer GLS-basierten ­Therapieempfehlung kritisch bewerten.

Wichtiger Faktor für die Entwicklung kardiovaskulärer Nebenwirkungen onkologischer Therapien ist das Vorhandensein kardiovaskulärer Risiken. Es wird daher empfohlen, diese Risikofaktoren während und nach einer onkologischen Erkrankung strikt einzustellen. Es liegt die Vermutung nahe, dass Morbidität und Mortalität im kardio-onkologischen Patientenkollektiv damit verbessert werden.

Weiterbetreuung

Entscheidend für eine langfristige kardio-onkologische Betreuung ist eine gute Dokumentation der stattgehabten onkologischen Therapien. Krebserkrankte mit linksthorakaler Bestrahlung, wie beim Lymphom oder Mammakarzinom, haben ein deutlich erhöhtes Risiko, eine Atherosklerose an den proximalen Koronargefäßen zu entwickeln bzw. eine Degeneration der Aortenklappe zu erleiden. Empfohlen wird eine Nachbetreuung mindestens alle 5 Jahre nach einer erfolgreichen Therapie. ­Generell sollte eine erste kardiologische Nachuntersuchung nach 12 Monaten erfolgen.

Mit einer standardisierten Kombination aus Risiko­stratifizierung, früher Diagnostik und Therapie sowie einer langfristigen Nachsorge kann durch eine ­kardiologische Mitbetreuung Krebserkrankter eine Verbesserung der Versorgung erreicht werden.

Der Autor

Prof. Dr. med. Lorenz Lehmann
Oberarzt/Sektionsleiter Kardio-Onkologie
Innere Medizin III
Abteilung Kardiologie
Universitätsklinikum Heidelberg

lorenz.lehmann@med.uni-heidelberg.de

Der Autor

Prof. Dr. med. Norbert Frey
Ärztlicher Direktor CIT-Studienteam
Department Kardiologie, Angiologie und Pneumologie
Universitätsklinikum Heidelberg

norbert.frey@med.uni-heidelberg.de

Literatur bei den Autoren

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