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Kongress-Ticker

Niederlassungsfreiheit und Bedarfsplanung

Wie viel Steuerung braucht die Niederlassung?

Ines Schulz-Hanke

27.2.2025

Das Gesundheitssystem ist kein im ökonomischen Sinne perfekter Markt, in dem sich der Preis über Angebot und Nachfrage regeln ließe. Wie Gesundheitsschutz, Daseinsvorsorge und Gleichberechtigung einerseits und Berufs- und Niederlassungsfreiheit rechtlich zu verbinden sind.

Über 99 % der Bevölkerung erreichten die nächstgelegene Hausarztpraxis in unter 10 Minuten, 70 % die nächste dermatologische Praxis und 78 % das nächste Krankenhaus mit Grundversorgung in maximal 15 Minuten. Dies seien im Durchschnitt gute Erreichbarkeitswerte, erklärte Prof. Dr. Leonie Sundmacher (München). Allerdings konzentrierten sich hohe Versorgungsbedarfe gerade in ländlichen und strukturschwachen Räumen, da dort häufig multi­morbide (alte) bzw. arbeitslose Menschen lebten. Und Engpässe entstünden insbesondere bei hohem Versorgungsbedarf.

Mehr Ärztinnen und Ärzte in struktur­schwache Räume (zwingen?)

Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verpflichte, verbunden mit dem Sozialstaats­prinzip, den Staat, ein „tragfähiges Gesundheits- und Krankenversicherungssystem“ zu schaffen, erläuterte der Rechtsanwalt Prof. Dr. Dr. Alexander Ehlers ­(München). Für Ärztinnen und Ärzte gelte nach ­Artikel 12 des Grundgesetzes „das Recht, ­Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen“. Dies betreffe nach Auslegung des Bundesverfas­sungs­gerichts „wohl lediglich die Berufsausübung und nicht die Berufswahl“, wenn der Zugang nur zur ver­trags­ärztlichen Tätigkeit und nicht zum Arztberuf insgesamt eingeschränkt würde, und dies regional begrenzt. Grundsätzlich sei also die Zulassungs­beschränkung zu rechtfertigen, so der Arzt und Jurist.

Der Umgang damit sei jedoch reformbedürftig und müsse die bestehende Unterversorgung in strukturschwächeren Regionen ebenso berücksichtigen wie die Auswirkungen von Digitalisierung/Telemedizin und demografischem Wandel auf die Bedarfsplanung. ­Anreize könnten eine Alternative zu Restriktionen sein – etwa durch finanziell, strukturell und ideell ­geförderte Niederlassung in unterversorgten Regionen.

MVZ: mit Augenmaß

Medizinische Versorgungszentren (MVZ) übernähmen einen erheblichen und tendenziell steigenden Anteil an der Gesundheitsversorgung und entsprächen dem Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten und weniger finanzieller Eigenverantwortung seitens der Ärztinnen und Ärzte. Um eine pluralistische Gesundheitsversorgung in strukturschwächeren Gebieten zu erhalten, seien zeitgemäße Rahmenbedingungen für MVZ-Gründung und -Betrieb nötig, so Ehlers. Denkbar seien:

  • räumliche Beschränkung der Gründungsbefugnis in arztgruppenbezogenen Planungsbereichen
  • Begrenzung des MVZ-Anteils an der vertragsärztlichen Versorgung
  • Streichung der Möglichkeiten des Arztstellenerwerbs für MVZ im Wege des Zulassungsverzichts

Insgesamt könnten Zulassungsbeschränkungen nach wie vor gerechtfertigt sein, gerade um eine flächen­deckende medizinische Versorgung sicherzustellen. Sie seien jedoch regelmäßig zu prüfen und, falls ­nötig, anzupassen.

Vorträge „Regionale Verteilung der Versorgung“, „Zulassungsbeschränkung verfassungsgemäß? Eine Einschätzung“

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