Methotrexat ist in der Regel das erste Medikament, das bei Menschen mit rheumatoider Arthritis zur Anwendung kommt. Wenn keine Unverträglichkeit oder ein Nichtansprechen vorliegt, sollte es auch ausgereizt werden. Allerdings scheint eine solche leitliniengerechte Behandlung kein Standard zu sein.
Gemäß den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) ist Methotrexat (MTX) für Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) i. d. R. Mittel der ersten Wahl, beginnend mit einer Dosierung von 15 mg/Woche. Bei Nichterreichen einer Remission soll die Dosierung von MTX vor einer Therapieeskalation auf Biologika oder JAK-Inhibitoren mindestens einmal optimiert worden sein: auf bis zu 25 mg/Woche parenteral. MTX sei in vielen Stadien der RA in Kombination mit anderen Wirkstoffen „das Medikament schlechthin“, besonders wenn es bei höheren Dosierungen parenteral appliziert wird, betonte Prof. Dr. med. Torsten Witte (Hannover).
Eine US-Studie zeigte allerdings, dass 63 % der RA-Patienten bei der Umstellung auf ein Biologikum MTX in niedrigen Dosierungen von ≤ 15 mg/Woche bekommen hatten, lediglich 37 % wurden leitliniengerecht mit > 15 mg/Woche versorgt [1]. MTX wurde insgesamt also suboptimal dosiert, bei zu kurzer Behandlungsdauer und überwiegendem Fehlen von parenteraler Applikation.
Auch in Deutschland wenig leitlinienkonforme MTX-Verordnungen
Witte präsentierte außerdem Ergebnisse einer im September 2022 publizierten Studie der AOK Niedersachsen zur gleichen Frage der MTX-Versorgung vor dem Einsatz von Biologika bei RA [2]. Verwendet wurden Kassenroutinedaten aus Niedersachsen der Jahre 2013–2016 für alle Versicherten mit der Diagnose rheumatoide Arthritis sowie einer Verordnung von „biological disease modifying antirheumatic drugs“ (bDMARD) im Studienzeitraum. Innerhalb eines patientenindividuellen Beobachtungszeitraums von 180 Tagen vor der ersten bDMARD-Verordnung wurde die maximal verordnete MTX-Dosierung analysiert.
Die Studienpopulation umfasste 405 Patienten (90 inzident, 315 prävalent). Bei 60 % der inzidenten Patienten und 67 % der prävalenten Patienten wurde eine nicht leitlinienkonforme maximale MTX-Verordnung von < 20 mg/Woche festgestellt. Mit MTX-Dosierungen von 20–25 mg/Woche wurden hingegen nur etwa 40 % versorgt. Das entspräche nicht den 75–100 %, wie es die Leitlinien vorsehen, monierte Witte. Von den Probanden erhielten 29,6 % im Beobachtungszeitraum ausschließlich orale Verordnungen. Umstellungen auf eine parenterale Applikationsform wurden bei 12,4 % der Patienten festgestellt. Erfreulich sei aber, so Witte, dass alle Patienten mit höheren Dosierungen Methotrexat parenteral erhielten.
Diesen Ergebnissen zufolge werde MTX in Niedersachsen zwar leitlinienkonformer als in den USA verordnet, so Witte, dennoch weise der geringe Anteil von etwa 40 % der Patienten mit leitlinienkonformer MTX-Maximaldosierung vor dem Einsatz von Biologika auf Defizite in der ambulanten Methotrexat-Verordnungspraxis hin. rb
1) Rohr MK et al., Arthritis Care Res 2017; 69: 794–800, https://doi.org/10.1002/acr.23152
2) Pardey M et al., Z Rheumatol 2021; https://doi.org/10.1007/s00393-021-01086-0
Satellitensymposium „Was uns aktuell bewegt: Patientenversorgung heute und morgen“ (Veranstalter: Medac GmbH)
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