Obwohl das seit 1969 auf dem Markt befindliche Ibuprofen ein bewährtes Analgetikum ist, geht die produktbegleitende Forschung weiter bzw. geraten wichtige Fakten im Lauf der Jahre in Vergessenheit. Zeit für ein Update zum meistverkauften Schmerzmittel Deutschlands.
Ibuprofen wirkt bekanntlich durch Hemmung der Cyclooxygenase schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend. In den oralen Darreichungsformen ist es bis 400 mg pro Einzeldosis rezeptfrei, transdermal bis 200 mg pro Pflaster, so die Internistin Christina Horlemann (Ruhpolding).
Wer Schmerzen hat, will sie schnell lindern. Doch das kann dauern: Nach oraler Einnahme erreicht Ibuprofen den maximalen Plasmaspiegel nach etwa 1–2 Stunden. Auf der Suche nach einem Beschleuniger glaubte man, mit Ibuprofen-Lysinat fündig geworden zu sein, da das Lysin-Salz besser wasserlöslich ist. Allerdings haben klinische Studien diese These 2020 widerlegt [1].
Antiinflammatorisch in höheren Dosen
Zwar sollten Betroffene höchstens 1 200 mg pro Tag und nicht länger als 3 Tage ohne ärztlichen Rat einnehmen, doch wer hält sich bei Schmerzen schon daran? Und Nebenwirkungen zeigen sich oft erst bei höheren Dosierungen, zumal der antiinflammatorische Effekt erst ab einer Einzeldosis von 400–800 mg eintritt. Einige dieser unerwünschten Effekte erläuterte Horlemann näher: So sinkt durch Hemmung der Cyclooxygenase die Prostaglandin-Produktion, die außer dem Schmerz auch den Aufbau der Magenschleimhaut vermindert. Es drohen Gastritis, Magengeschwüre, Blutungen und Perforation.
Ferner kommt es durch Ibuprofen zu einer vermehrten Leukotrien-Ausschüttung, die zur Bronchokonstriktion führt – und bei Asthmatikern so einen Asthma-Anfall auslösen kann.
Zudem wirkt sich Ibuprofen wie viele andere Antirheumatika auf die Blutgerinnung aus. Die Thrombozytenaggregation wird vorübergehend gehemmt, ebenso die Kontraktion glatter Muskelzellen. Hier ist vor allem bei Personen, die orale Antikoagulanzien einnehmen, Vorsicht geboten.
Durch die Einnahme wird auch die Gefäßdilatation und -permeabilität gestört. Hypertonie und Ödemneigung können die Folge sein. Und die Wirkung von Antihypertensiva wird abgeschwächt.
In der Leber wird Ibuprofen metabolisiert und anschließend zu 90 % renal ausgeschieden. Auch hier können Probleme entstehen, denn die renale Natrium- und Wasserausscheidung werden ebenfalls gehemmt. Wenn auch nicht so stark wie Phenacetin, kann Ibuprofen nephrotoxisch wirken (Analgetika-Nephropathie).
Vor einigen Jahren fanden sich in Tierstudien Hinweise, dass Ibuprofen die Knochenheilung verzögern könne. Das erscheint physiologisch nachvollziehbar, da der COX-Hemmer die Prostaglandin-Produktion in den proregenerativen mesenchymalen Stromazellen hemmt. Diese Prostaglandine sind aber für regenerative Prozesse wie den Knochenaufbau erforderlich [2]. In klinischen Studien konnte jedoch keine verzögerte Frakturheilung unter Ibuprofen-Therapie belegt werden, so Horlemann [3].
Session „Update Pharmakologie Ibuprofen/Amitriptylin/Pregabalin“