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Kongress-Ticker

Allergie und Autoimmunität

Alle Wege führen zum Mikrobiom?

9.7.2024

Während die 2049 spielende Staffel der Fernsehserie „Charité“ Krankheiten umfassend über Modulationen des Mikrobioms löst, weisen kleine Studien darauf hin, dass Schnullerablecken, Weihwasser oder probiotisches Bier Allergien und Autoimmunität vorbeugen könnten. Die aktuelle Forschung zeigt, was dazwischen liegt.

Bei Menschen mit Allergien oder Autoimmunerkrankungen ist die Diversität des Mikrobioms geringer und seine Zusammensetzung krankheitsspezifisch verschoben, erklärte Prof. Dr. med. Matthias Kopp vom Universitätsspital Bern in seinem Vortrag. Nach dem Konzept der Dysbiose und Homöostase soll daher eine Imbalance der Struktur oder Funktion des Mikrobioms zu einer Störung des Wirtsimmunsystems führen, der störungsspezifische Erkrankungen folgen. Diese sollen sich durch eine Modulation des Mikrobioms beheben lassen.

Supplementation von Probiotika als Lösung?

Kann eine probiotische Supplementierung zur ­Prävention von Allergien und Autoimmunerkrankungen genügen? Die wissenschaftlichen Beweise hierfür seien heterogen, führte Kopp aus, und Metaanalysen problematisch. Denn um die Auswirkungen des Mikrobioms auf allergische Erkrankungen beurteilen zu können, müssten die spezifischen ­Effekte definierter Bakterienstämme (nicht nur -­arten) in hinreichend großen klinischen Studien mit definierten Endpunkten untersucht werden.

Die aktuelle Leitlinie zur Prävention enthalte keine Empfehlung zur prä- oder probiotischen Supplementierung – auch nicht für empfindliche Subgruppen. Neben dem Mikrobiom seien zudem Virom, Archäom, Mykobiom und Humanparasiten zu ­berücksichtigen. Es müsse festgestellt werden, wie viel intra-individuelle Variabilität des Mikrobioms normal und welche Funktionen und Interaktionen entscheidend sind. Eine Rolle spielten zudem Genetik, Alter, die Mikrobiome unterschiedlicher Organe und ihre Wechselwirkungen wie auch Immunstimulation bzw. -suppression durch andere Faktoren sowie Infektionen.

Weitere ernährungsabhängige Faktoren

Nicht nur das Mikrobiom selbst, auch die Produktion gesundheitsrelevanter Postbiotika – kurzkettige ­Fettsäuren, Zellwandfragmente, Bakterienlysate, antimikrobielle Peptide und Exopolysaccharide – sei zudem ernährungsabhängig. Die Wirkung von ­Bakterienlysaten mit diesen Bestandteilen zeige z. B. bei Asthma erste Erfolge. Eventuell ließen sich immunmodulatorische Interventionen wie Impfungen oder allergenspezifische Immuntherapien mit Probiotikagaben kombinieren. Dieses Prinzip habe sich zum Beispiel bei Kuhmilchallergie (Hydrolysat-Formula plus Probiotika) bewährt.

Prinzipiell lasse sich eine Toleranz vermutlich in einem sehr frühen Zeitfenster induzieren, das sich möglicherweise bereits in der Schwangerschaft oder innerhalb der ersten 1 bis 2 Lebensmonate öffne und bereits im Alter von 6 bis 12 Monaten schließe. Für das „Wie“ brauche es allerdings noch mehr Forschung.

Vortrag „Mikrobiom, Allergien und Immunerkrankungen: Wo liegt der Schlüssel für eine praktische Anwendung des aktuellen Wissens?“ von Prof. Dr. med. Matthias Kopp (Bern)

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