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Gynäkologie

Frauenärztliche Versorgung in Deutschland

The show must go on …

Prof. Dr. med. Thomas Römer

16.12.2022

Die Herbsttage 2022 waren dominiert durch zahlreiche große Kongresse, aber auch viele regionale Gynäkologentage, die vom Berufsverband organisiert wurden.

Bei all diesen Kongressen konnte man förmlich spüren, dass Präsenzveranstaltungen auch zukünftig einen hohen Stellenwert im fachlichen und kollegialen Austausch haben werden. So zeigte sich etwa beim DGGG-Kongress in München mit mehr als 4 000 Teilnehmern und einem hervorragenden wissenschaftlichen Programm mit Plenarsitzungen, Symposien der zahlreichen Arbeitsgemeinschaften und speziellen Seminaren in Kleingruppen die unglaublich breite Vielfalt unseres Fachgebietes. Alle Kernbereiche wurden umfassend abgedeckt, aber auch wichtige und spannende Symposien zu Randbereichen unseres Fachgebietes oder zur Geschichte der Gesellschaft gaben dem Kongress ein besonderes Flair. Sie finden dazu eine umfangreiche Berichterstattung in diesem Heft. Ein persönliches Highlight für mich war die Verleihung der Carl-Kaufmann-Medaille an Frau Prof. Liselotte Mettler, eine internationale Ikone der deutschen Gynäkologie, die viele Jahrzehnte immer etwas zu Unrecht im Schatten ihres großen Lehrers Prof. Kurt Semm stand.

Ein Blick ins Ausland zeigt eindrücklich, auf welch hohem Niveau sich die frauenärztliche Versorgung in Deutschland befindet.

Ende Oktober fand in Lissabon der Internationale Menopause-Kongress statt (>DMG Kongress). Hier wurde noch einmal deutlich, welcher Wandel sich 20 Jahre nach der WHI-Studie in der Wahrnehmung und Therapie der peri- und postmenopausalen Frau gezeigt hat. Hier geht es oft weit über gynäkologische Fragestellungen hinaus. Allerdings wurde auch gezeigt, dass nur etwa 6 % der Frauen in Deutschland eine Hormonsubstitution erhalten und hier ein riesiger Beratungsbedarf besteht (> Menopause). Die erforderliche Beratungskapazität ist in Deutschland glücklicherweise gewährleistet. Das wurde deutlich bei Vorträgen, z. B. aus Großbritannien, wo die Grundversorgung in der Gynäkologie auf sehr niedrigem Niveau von Allgemeinmedizinern erbracht wird. Das heißt Abstrichentnahme durch eine Krankenschwester, keine routinemäßige gynäkologische Tastuntersuchung, kein Ultraschall. So musste eine Patientin, die an einer prämaturen Ovarialinsuffizienz mit erheblichen klimakterischen Beschwerden litt und wo der Allgemeinmediziner keine Hormonsubstitution durchführen wollte, 14 Monate auf eine adäquate Beratung bei einem Gynäkologen warten.

Solche Beispiele zeigen deutlich, auf welchem hohen Niveau sich die frauenärztliche Versorgung in Deutschland befindet, die eine flächendeckende Versorgung aller Frauen gewährleistet. Nichtsdestotrotz wissen wir, dass noch Defizite ausgeglichen werden müssen, gerade was die Ausbildung in der gynäkologischen Endokrinologie betrifft. Die gynäkologisch-endokrinologische Ausbildung kommt laut Umfragen für mehr als 80 % der Gynäkologen in der fachärztlichen Weiterbildung zu kurz. Hier werden in Zukunft neue Konzepte und Curricula gefragt sein, um die hohe fachliche Expertise auch zukünftig zu gewährleisten. The show must go on. Voraussetzung wird aber sein, dass dieses hohe Niveau, das in der Gesellschaft oft als selbstverständlich angesehen wird, auch einer entsprechenden Vergütung bedarf.

In den vergangenen Wochen gab es aber auch erfreuliche Nachrichten. Die seit vielen Jahren bekannten Defizite von Forschungsmöglichkeiten zur Endometriose wurden jetzt endlich von der Ampelkoalition als Thema erkannt. Hier hat man sich offensichtlich an Frankreich orientiert, wo bereits in den vergangenen Jahren ähnliche Programme aufgelegt wurden. Auch der Frankfurter Kongress der Deutschen Menopause Gesellschaft, der mitgliederstärksten Menopausengesellschaft der Welt, stand unter dem Zeichen der gesellschaftlichen Bedeutung. Er zeigte, dass das Management der Postmenopause, in der die Frauen 40 % ihrer Lebenszeit zubringen, sowohl eine frauenärztliche als auch eine interdisziplinäre Aufmerksamkeit verlangt.

Der Bereich unseres Fachgebietes mit den gewaltigsten Fortschritten in den vergangenen Jahren ist die gynäkologische Onkologie (> Mammakarzinom). Das betrifft sowohl operative Techniken (roboterassistierte Operation) als auch medikamentöse Therapiemöglichkeiten. Ich freue mich sehr, dass wir mit Prof. Michael Eichbaum aus Wiesbaden einen ausgewiesenen Experten federführend für das Schwerpunktheft gewinnen konnten. Wir hoffen, Ihnen auch mit diesem Heft wertvolle Anregungen für die tägliche Praxis zu geben, um die frauenärztliche Versorgung in Deutschland weiterhin auf ihrem hohen Niveau zu halten.

Ihr

Thomas Römer

Prof. Dr. med. Thomas Römer
Herausgeber

Bildnachweis: privat

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