Fasten ist eine radikale Art der Kalorienreduktion, beim Intervallfasten (IF) wird tage- oder stundenweise auf Nahrung verzichtet. Das Scheinfasten erlaubt sogar die Aufnahme bestimmter Arten fester Nahrung. Ziel des Fastens ist es, den Körper in den Zustand der Ketose zu bringen.
Große Verzehrstudien und Ergebnisse aus Tierexperimenten weisen darauf hin, dass der regelmäßige Nahrungsverzicht viele Lebensstilrisiken senken kann, etwa für Diabetes mellitus Typ 2 und koronare Herzkrankheit (KHK), aber auch für neurologische und onkologische Erkrankungen. Kalorienrestriktion im angemessenen Rahmen ist also durchaus gesundheitsfördernd und lebensverlängernd.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) unterscheidet dabei das totale Fasten (Nulldiät), das Heilfasten und das Intervallfasten. Beim totalen Fasten werden nur Wasser und zum Teil Vitalstoffpräparate eingenommen. In der Anfangsphase kommt es aufgrund der Entleerung des Verdauungstraktes zur ausgeprägten Gewichtsreduzierung. Eine solche Fastenkur sollte nur unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden, da durch den kompletten Nahrungsentzug u. a. eine schnelle Unterversorgung entsteht und während der Fastenzeit fortlaufend Muskelmasse abgebaut wird, ca. 15–25 g täglich, und etliche Mineralstoffe wie Natrium, Magnesium, Chlorid und andere verloren gehen.
Im Gegensatz zum totalen Fasten wird dem Körper beim Heilfasten eine geringe Menge Energie zugeführt. Diese Fastenform geht auf den Arzt Otto Buchinger (1878–1966) zurück und wirkt nach dessen Erklärungsmodell nicht nur auf medizinischer, sondern auch auf psychosozialer und spiritueller Ebene [1]. Auch diese Art der Fastentherapie sollte am besten in einer Gruppe unter ärztlicher Betreuung durchgeführt werden. Die maximal erlaubte Energiezufuhr liegt bei 250–500 kcal/Tag. Während der Fastentage erfolgt eine tägliche Zufuhr von Gemüsebrühe (0,25 l), Obst- oder Gemüsesäften (0,25 l) und Honig (30 g) sowie täglich mindestens 2,5 l Flüssigkeit durch Kräutertee oder Wasser. Ergebnisse aus kleineren, nicht randomisierten Studien geben Hinweise auf positive Gesundheitseffekte [2].
Im Gegensatz zu anderen Fastenformen soll das Intervallfasten nicht periodisch, sondern als Dauerkostform angewendet werden. Die verschiedenen Formen des Intervallfastens unterscheiden sich bezüglich Dauer und Häufigkeit des Nahrungsverzichtes. Folgende Formen sind bekannt [3]:
Auch für das Intervallfasten ist die Evidenz überschaubar. Eine Metaanalyse von 2017 stellt Hypothesen zu möglichen Wirkmechanismen vor, darunter die zirkadiane Biologie, das Darmmikrobiom und veränderbare Lebensstilfaktoren wie das Schlafverhalten [4]. Eine andere Metaanalyse kommt zu dem Schluss, dass intermittierendes Fasten der kontinuierlichen Energierestriktion hinsichtlich Gewichtsabnahme, Fettmasse, fettfreier Masse und verbesserter Glucosehomöostase nicht unterlegen ist [5].
Lassen sich die Vorteile des Fastens eventuell noch einfacher erzielen? Die Suche nach CR-Mimetika, also nach Substanzen, die dem Körper eine Kalorienrestriktion (CR) nur vortäuschen, wurde in den ersten beiden Jahrzehnten dieses Jahrhunderts intensiv betrieben. Und führte u. a. zum Resveratrol. Das ist ein sekundärer Pflanzenstoff aus der Gruppe der Polyphenole, der vor allem in Rotwein vorkommt. 2003 konnte erstmals gezeigt werden, dass die Substanz die Lebenserwartung von Hefezellen verlängert und dass dieser Effekt auf einer Sirtuinaktivierung beruht [8]. In den Folgejahren wurden diese Erkenntnisse durch Untersuchungen an Fruchtfliegen, Fadenwürmern und Mäusen bestätigt.
Allerdings benötigt es für den Menschen etwa 120 mg Resveratrol, um eine effektive Sirtuinaktivierung zu erzielen [13]. Rotwein fällt als Quelle daher aus, denn bei einer durchschnittlichen Resveratrolkonzentration von 5 bis 10 mg pro Flasche müssten täglich mindestens 15 Flaschen Rotwein konsumiert werden. Und alle Versuche, ein pharmakologisch optimiertes Resveratrol herzustellen, sind bislang gescheitert. Dafür wurden in verschiedenen anderen Nahrungsmitteln weitere sirtuinaktivierende sekundäre Pflanzenstoffe entdeckt, etwa das Kurkumin in der Gelbwurz, das Epigallocatechingallat im grünen Tee und das Quercetin in Äpfeln und Zwiebeln. Durch geschickte Auswahl bestimmter pflanzlicher Lebensmittel ist durchaus die Zusammenstellung einer „Sirtuin-Diät“ möglich [14].
Bei der „Fasting Mimicking Diet“ (FMD, deutsch: Scheinfasten) wird der Organismus über fünf Tage hinweg in den metabolischen Zustand des Fastens versetzt, obwohl drei kleine Mahlzeiten am Tag konsumiert werden dürfen. Grundlage sind Ernährungsprodukte, die nicht nur kohlenhydrat-, sondern auch extrem proteinarm sind und auf gesunde Fette setzen. Diese werden u. a. standardisiert in entsprechenden Fastenboxen angeboten. FMD gilt derzeitig als die wissenschaftlich am besten abgesicherte Diätform [6].
Eine 2021 veröffentlichte Studie hat die Fasting Mimicking Diet untersucht [7]. Die randomisierte kontrollierte Studie verglich die Auswirkungen des morgendlichen Verzehrs eines FMD-Riegels (200-Kalorien-Energieriegel) mit Intervallfasten (15-stündigem Fasten über Nacht). Verglichen wurden u. a. die postprandialen Spiegel von Glucose und Beta-Hydroxybutyrat (BHB) (Abb.). Als Kontrolle diente eine Gruppe mit normalem Frühstück. Die Ergebnisse zeigen, dass der Verzehr von solchen Riegeln die physiologische Ketogenese, die mit dem Fasten über Nacht verbunden ist, nicht beeinträchtigt.
Während die Kalorienrestriktion schon seit Jahrhunderten als gesund praktiziert wurde, mehrten sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts die Hinweise, dass es sich dabei um eine gesichert lebensverlängernde Maßnahme handelt – eine klassische Anti-Aging-Maßnahme also. In den 2000er-Jahren wurden dann auch die molekularen Mechanismen entschlüsselt. Als einer der wichtigsten Mechanismen gilt seitdem die Aktivierung von Sirtuinen [8].
Sirtuine üben auf molekularer Ebene zahlreiche Reparaturfunktionen aus und steuern den Abtransport molekularen Mülls [9,10]. Neben der Sirtuinaktivierung moduliert eine Kalorienrestriktion noch weitere Signalwege der Energieversorgung, die sich offensichtlich ebenfalls lebensverlängernd auswirken können wie:
Letztendlich sind all diese unterschiedlichen Mechanismen Reaktionen des Zellstoffwechsels auf „Hungerstress“ [11]. Die Tatsache, dass sich Kurzzeitfasten nicht als Reduktionsdiät bewährt, ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass der Organismus so nicht in eine effektive Fettverbrennung kommt. Bei Nahrungsentzug greift dieser erst einmal auf seine Glykogenreserven zurück. Erst wenn diese nach 1–2 Tagen aufgebraucht sind, wird auf Fettverbrennung umgestellt. Bei völliger Nahrungskarenz bzw. dem weitgehenden Verzicht auf Kohlenhydrate kommt der Körper dann in den Zustand der Ketose, bei dem die Fettsäuren durch Beta-Oxidation zu Energielieferanten umgewandelt werden. Um den Ketosezustand und den Beginn der Beta-Oxidation zu erreichen, sind längerfristige Fastenperioden besser geeignet, die sich von 5 Tagen bis über 2 Wochen erstrecken [12].
1 www.dge.de/ernaehrungspraxis/diaeten-fasten/heilfasten/
2 Wilhelmi de Toledo F et al., Forsch Komplementmed 2013; 20: 434–443
3 www.dge.de/ernaehrungspraxis/diaeten-fasten/intervallfasten/
4 Patterson RE, Sears DD, Annu Rev Nutr 2017; 37: 371–393
5 Seimon RV et al., Mol Cell Endocrinol 2015; 418: 153–172
6 Bjedov I, Partridge L, Biochem Soc Trans 2011; 39: 460–465
7 Huang AW et al., Nutrients 2021; 13: 1523
8 Howitz KT et al., Nature 2003; 425: 191–196
9 Haigis MC, Guarente LP, Genes Dev 2006; 20: 2913–2921
10 Klionsky DJ, Nat Rev Mol Cell Biol 2007; 8: 931–937
11 Martins I et al., Aging 2011; 3: 821–828
12 Kleine-Gunk B, Ernährung Med 2021; 36: 164–168
13 Baur JA, Sinclair DA, Nat Rev Drug Discov 2006; 5: 493–506
14 Rahnasto-Rilla M et al., Scientific Reports 2018; 8: 4163