Mit Multiomics ließen sich die immunologischen Veränderungen in der Einleitungsphase einer AIT bei Insektengiftallergie analysieren. Das Ergebnis: Eine immunologische „Werkzeugkiste“, die sich künftig nicht nur zum Monitoring nutzen lässt, sondern womöglich auch, um die AIT bei anderen Indikationen zu verbessern.
Desensibilisierung durch wiederholte kontrollierte Exposition mit spezifischen Allergenen ist die einzige kurative Therapieoption bei Immunglobulin-E-vermittelten Allergien. Mit einer Heilungsrate von über 95 % funktioniert das bei Bienen- oder Wespengift-Allergie besonders gut, weit besser als etwa bei Pollenallergie. Um zu verstehen, warum das so ist, Biomarker für ein Therapieansprechen zu ermitteln und ggf. andere allergenspezifische Immuntherapien (AIT) zu modifizieren, hat eine europäische Forschergruppe bei 18 Personen mit Insektengift-Allergie, 16 mit Pollenallergie und 10 Gesunden die vielfältigen immunologischen Veränderungen bei AIT-Initiation untersucht.
Schon zur Baseline unterschieden sich die Zahlen klassischer Monozyten, Th1/17-hybrider CD4+-T-Zellen und entsprechender CD8+-Zellen deutlich. Bei der Insektengift-Desensibilisierung stießen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf einen charakteristischen Übergangszustand in der ersten Woche. Womöglich ist er entscheidend, um die Immunreaktion nachhaltig zu normalisieren.
Regulatorische B-Zellen und IL-6 relevant
Nach 8–24 Stunden kam es hier durchweg zu einem vorübergehenden Anstieg spät-transitionaler und Interleukin(IL)-10 produzierender B-Zellen, ferner ließen sich IL-6-Signale in Th2-Zellen und erhöhte, wenn auch nicht eindeutig inflammatorische, IL-6-Spiegel im Serum nachweisen. Begleitet wurde dies vom vorübergehenden Rückgang allergenspezifischer CD4+-T-Zellen. Passend zur unmittelbaren B- und T-Zell-Aktivierung ergab auch die Analyse des Kinoms, also der Kinasen, dass Aktivierungs- und Überlebenssignale in Untergruppen nicht CD4-positiver peripherer mononukleärer Zellen hochreguliert waren.
Wegen der koinzidenten Veränderungen auf verschiedenen Ebenen erachten die Autorinnen und Autoren die frühen Signale als relevant für das Langzeitansprechen. Gleichwohl können sie nicht sicher sagen, inwieweit die dynamischen Unterschiede den jeweiligen Allergenen oder Aufdosierungsschemata zuzuschreiben sind. Die Desensibilisierung bei Insektengift-Allergie erfolgte nach einem Ultra-Rush-Protokoll mit 14 subkutanen Injektionen, um binnen 8 Stunden die Erhaltungsdosis zu erreichen. Bei Pollenallergie wurde wöchentlich über 6 Wochen aufdosiert. Blutentnahmen erfolgten zu Beginn, 8 und 24 Stunden nach der ersten Injektion, an Tag 7, zu Woche 2, 6 und 12. Dabei stellte sich heraus, dass es wichtig ist, zirkadiane Fluktuationen bei der Gen-Transkription und bei zirkulierenden dendritischen Zellen zu berücksichtigen.
Pogorelov D et al., Nat Commun 2024; 15: 10266