Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (polyunsaturated fatty acids, PUFA), wie sie in der westlichen Ernährung reichlich vorhanden sind, treiben bei Morbus Crohn (MC) offenbar die Darmentzündung an. Das geht aus experimentellen Untersuchungen und klinischen Daten von MC-Patienten hervor.
Parallel zur Verbreitung westlicher Lebens- und Ernährungsgewohnheiten nimmt weltweit die Inzidenz des Morbus Crohn zu. Dass die Ernährung das enterale Mikrobiom und damit das Immunsystem beeinflussen kann, ist bekannt und spielt wohl auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eine Rolle. Doch wie genau welche Nahrungsbestandteile die Entzündung unterhalten, ist unklar. Womöglich spielen PUFA eine Rolle: In einer neuen Studie rief ihr übermäßiger Konsum im Mausmodell eine metabolische Darmentzündung hervor, ließ Dünndarmepithel von MC-Patienten entzündlich reagieren und ging klinisch mit einem ungünstigen Krankheitsverlauf einher.
Experimentelle und klinische Daten
Um ihre Hypothese zu prüfen, dass PUFA im Darm metabolischen Stress auf das endoplasmatische Retikulum (ER) ausüben und so bei MC die Entzündung vorantreiben, verwendeten die Wissenschaftler zunächst zwei transgene Mausmodelle, denen sie eine PUFA-angereichte westliche Diät fütterten. Den Tieren fehlte entweder Glutathion-Peroxidase 4 (Gpx4) oder X-box binding protein 1 (Xbp1). Beide wirken im Darm antiinflammatorisch, Gpx4 ist auch in intestinalen Epithelzellen von MC-Patienten reduziert. Den Einfluss von PUFA auf die Expression proinflammatorischer Zytokine untersuchten die Forscher in Organoiden aus Dünndarmepithel von je sechs gesunden Kontrollen und MC-Patienten.
Um den Zusammenhang zwischen PUFA-Aufnahme und Krankheitsverlauf zu eruieren, befragten die Forscher 62 MC-Patienten mit aktiver Erkrankung sowie 98 in Remission zu ihrer Ernährung und beobachteten sie über rund fünf Jahre. Die geschätzte PUFA-Aufnahme korrelierten sie mit der klinischen Aktivität anhand des Crohn’s Disease Activity Index (CDAI) und der Calprotectin-Konzentration im Stuhl. Als Kontrollgruppe dienten 49 gesunde Freiwillige. Ferner wurde eine unabhängige Kohorte von 55 aktiven und 144 inaktiven MC-Patienten aus einer niederländischen Kohorte herangezogen, bei denen ω-3- und ω-6-PUFA im Stuhl quantifiziert wurden.
Metabolischer Stress auf den Darm
Im tierexperimentellen Teil der Studie konnten die Forscher zeigen, dass ein Übermaß an PUFA in einer westlichen Diät sehr deutlichen metabolischen Stress auf das ER ausübt und bei Xbp1- und Gpx4-depletierten Mäusen eine Darmentzündung unterhält. Sowohl ω-3- als auch ω-6-PUFA aktivierten im Tiermodell das ER und führten an den Dünndarmepithel-Organoiden von Patienten mit aktivem MC zu einer vermehrten Expression von Interleukin-8 und Tumornekrosefaktor-alpha. In den beiden Patientenkohorten korrelierte die anhand der Fragebögen abgeschätzte PUFA-Zufuhr mit der klinischen und biochemischen Krankheitsaktivität.
Schwärzler J et al., Gastroenterology 2022; DOI 10.1053/j.gastro.2022.01.004