Etwa 30 % der über 60-Jährigen leiden an Gonarthrose-Symptomen. Zur medikamentösen Behandlung empfiehlt sich insbesondere in einem frühen Krankheitsstadium die intraartikuläre Hyaluronsäureinjektion. Je früher die Therapie erfolgt, umso effektiver kann ein Fortschreiten der Arthrose verhindert werden.
Patienten mit Gonarthrose berichten zunächst typischerweise über belastungsabhängige Schmerzen im Kniegelenk und zunehmende Beweglichkeitseinschränkungen. Erst zu einem späteren Zeitpunkt kommt Ruheschmerz hinzu. Das Ausmaß der Symptome wechselt unter anderem mit der Belastung und ist häufig temperaturabhängig. Die konservative Therapie ist hauptsächlich auf eine Belastungsadaptation ausgerichtet. Schwimmen, Radfahren und Eigenübungen verbessern die Beweglichkeit, physikalische Maßnahmen, unter anderem Kryo- und Elektrotherapie, reduzieren einen aktivierten Reizzustand.
Medikamentös kommen bei Gonarthrose als Behandlungsalternative zu nicht steroidalen Entzündungshemmern (NSAR) häufig intraartikuläre Injektionsbehandlungen mit Hyaluronsäure zum Einsatz.[1] Ihre Anwendung bietet sich insbesondere bei Patienten an, für welche NSAR kontraindiziert oder nicht ausreichend wirksam sind. Die direkt in das Gelenk injizierte Hyaluronsäure tritt mit dem Knorpelstoffwechsel in Verbindung. Daher sind diese Injektionen vor allem in den frühen Stadien der Behandlung sinnvoll. Die Hyaluronsäuretherapie kann die rheologischen Eigenschaften der Synovia und damit ihre Viskoelastizität verbessern. Zudem wird die Knorpelschutzschicht wiederaufgebaut. Daneben wirkt Hyalu-ronsäure antiinflammatorisch und analgetisch.[2] Je früher demnach die Behandlung mit Hyaluronsäure bei Arthrose erfolgt, umso effektiver kann sie ihre symptomatische und krankheitsmodifizierende Wirkung entfalten.
Die Effektgröße hinsichtlich Schmerz wird insbesondere bei milder und moderater Kniearthrose in Metaanalysen zwischen 0,34 (0,22–0,46) und 0,63 (0,36–0,88) beurteilt.[3] Verglichen mit anderen medikamentösen Therapien wie Paracetamol und Placebo hat intraartikuläre Hyaluronsäure damit den größten Effekt auf Schmerz.[3] Weitere Studien weisen darauf hin, dass sich durch eine frühzeitige Hyaluronsäuretherapie die degenerativen Vorgänge am Knorpel insoweit verzögern, dass endoprothetische Eingriffe später oder gar nicht erforderlich werden. Eine retroprospektive Langzeitstudie, bei der Daten von über 180.000 Gonarthrose-Patienten ausgewertet wurden, zeigte, dass durch die Therapie mit intraartikulärer Hyalu-ronsäure eine eigentlich erforderliche Knieprothese vermieden bzw. deren Einsatz erheblich verzögert werden kann.[4]
Es sind verschiedene Hyaluronsäure-Präparate erhältlich, die sich z. B. hinsichtlich Herkunft, Molekulargewicht und Struktur unterscheiden. Die Anwendung von fermentativ gewonnener Hyaluronsäure ist in der Regel sicherer als extraktiv gewonnene, da keine allergischen Reaktionen auftreten können.[2] Für die Effektivität der Hyaluronsäure spielt auch das Molekulargewicht eine große Rolle. Mit einem mittleren Molekulargewicht (0,5 bi 4 MDa) besitzt die exogene Hyaluronsäure eine optimale biologische Aktivität. Durch die hohe Bindungsaffinität zu Synovialrezeptoren wird die Synthese endogener Hyaluronsäure am effektivsten stimuliert. Je höher das Molekulargewicht, desto höher ist außerdem die Viskosität und umso länger kann die injizierte Hyaluronsäure im Gelenk verbleiben.
Der Experte
Dr. med. Christian Schneider
Orthopädiezentrum Theresie
Dres. Schneider, Obersteiner & Kollegen
80339 München
www.oz-theresie.de
Wie lange kann durch eine frühzeitige Therapie mit Hyaluronsäure ein operativer Eingriff verhindert werden?
Pauschal lässt sich das natürlich nicht sagen, aber durch die gute Schmerzreduktion und eine gewisse Verbesserung der Beweglichkeit und Funktion im Gelenk lassen sich Monate und teilweise Jahre bis zur endoprothetischen Versorgung gewinnen.
Kann durch die frühe Therapie mit Hyaluronsäure die Lebensqualität der Patienten wiederhergestellt werden?
„Schmerzfrei und beweglich“ – das ist der allgemeine Patientenwunsch und ja, Hyaluronsäure ist ein fester Bestandteil der frühen Behandlung, um die Schmierung des Gelenkes zu verbessern – je weniger Knorpelverlust schon da ist, desto besser greift die Schutzfunktion der Hyaluronsäure.
[1] S2k-Leitlinie „Gonarthrose“; AWMF-Registernummer: 033-004, Stand: 18.01.2018
[2] Jerosch J, OUP 2016; 9: 495–501
[3] Bannuru RR et al., Ann Intern Med 2015; 162: 46–54
[4] Altman et al., PLoS One 2015; 10(12): e0145776