- Anzeige -
Allgemeinmedizin

Schmerztherapie

Diagnostik von sekundären Kopfschmerzen

PD Dr. med. Stefanie Förderreuther

13.4.2022

Sekundäre Kopfschmerzen machen etwa 8 % der Kopfschmerzerkrankungen aus. Sie sind als Symptom einer anderen Erkrankung definiert. Dabei reicht die Palette der Differenzialdiagnosen von gutartigen Störungen wie einer banalen Erkältung bis zu schwerwiegenden Erkrankungen mit hohem Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko.

 Sekundäre Kopfschmerzen (sKS) können in jedem Alter mit hochakutem Beginn oder auch langsam progredientem Verlauf auftreten. Im folgenden Artikel werden die wichtigsten Empfehlungen zum Vorgehen bei sKS zusammengefaßt.

Bei der Diagnostik ist zu beachten, dass klinische Hinweise auf einen Notfall akut einsetzende Vernichtungskopfschmerzen, hohes Fieber, Meningismus, quantitative und qualitative Bewusstseins­störungen sowie begleitende epileptische Anfälle oder andere herdneurologische Zeichen sind.

Das Risiko für einen sKS ist bei Menschen jenseits des 60. Lebensjahres, in der Schwangerschaft und Puerperium, bei bestimmten Vorerkrankungen­­ (Malignome, Immundefekterkrankungen, Thromboseneigung, Trauma), bei Drogenkonsum oder unter Therapie mit Medikamenten (z. B. Immunsuppression, Antikoagulation, doppelte Plättchenhemmung, Estrogene) erhöht. Bei Verdacht auf sKS ist es wichtig, anhand von Anamnese und körperlichem Untersuchungsbefund eine klinische Verdachtsdiagnose zu formulieren und das potenzielle Gefährdungsrisiko durch die sKS korrekt einzuschätzen. Danach richtet sich die Art und Dringlichkeit weiterführender Maßnahmen. Jede Diagnostik, auch die bildgebenden Verfahren, erfordert eine klare Fragestellung. Allerdings können nicht alle sKS mittels kranieller Routine-CT oder -MRT nachgewiesen bzw. ausgeschlossen werden. Beispiele sind die Riesenzellarteriitis, die Meningitis, das Schlafapnoesyndrom, die extrakranielle Dissektion einer hirnversorgenden Arterie oder eine Thrombose in den venösen Blutleitern.

Wie also sollte vorgegangen werden?

  • Der Verdacht auf sKS besteht immer bei begleitenden anhaltenden neurologischen Ausfallsymptomen. Die Optionen für weiterführende Diagnostik sind in der Tabelle zusammengestellt. Kopfschmerzen, die bei normalem Untersuchungsbefund nach der Schilderung und dem bisherigen Verlauf eindeutig als eine primäre Kopfschmerzerkrankung eingeordnet werden können, erfordern dagegen in der Regel ­keine weitere Diagnostik.
  • Neu aufgetretene Kopfschmerzen, die nicht wie eine Migräne oder ein Spannungskopfschmerz geschildert werden, Kopfschmerzen, die nicht auf Analgetika ansprechen und eine Änderung vorbestehender primärer Kopfschmerzen sind auch bei normalem Befund verdächtig auf sKS, insbesondere, wenn anhand der Vorgeschichte von einem erhöhten Risiko auszugehen ist (s. o.).
  • Ist eine Chronifizierung primärer Kopfschmerzen zu erkennen und werden verschiedene Akutmedikamente, Kombinationspräparate oder Triptane an zehn oder mehr Tagen pro Monat eingenommen, so ist ein Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch eine wichtige Differenzialdiagnose. Hier muss nach entsprechender Aufklärung eine Medikamentenpause und die leitliniengerechte Behandlung des zugrunde liegenden primären Kopfschmerzes erfolgen.

  • Akut aufgetretene Vernichtungskopfschmerzen sind immer ein Notfall und gelten bis zum Beweis des Gegenteils als Subarachnoidalblutung. Sie erfordern die sofortige Klinikeinweisung und Diagnostik. Ein cCT ist unzureichend, da die Sensitivität für den Blutnachweis vom Ausmaß der Blutung abhängt und mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur Blutung abnimmt. Weitere typische Ursachen für sKS mit Vernichtungskopfschmerzen sind Gefäßspasmen, die für das reversible zerebrale Vasokonstriktionssyndrom typisch sind, aber beispielsweise auch nach Drogenkonsum oder bei der Eklampsie auftreten können. Andere sKS, die mit Vernichtungskopfschmerzen einhergehen können, sind eine Dissektion, ein Hypophysen-Apoplex, Sinus- und Venenthrombosen und die intrakranielle Hypotension.
  • Bei Fieber, Meningismus und anderen positiven Nervendehnungszeichen muss umgehend eine Lumbalpunktion erfolgen und blind anbehandelt werden.
  • Progredient über Tage, Wochen oder Monate zunehmende Kopfschmerzen können Folge einer Venenthrombose sein und auf einer intrakraniellen Raumforderung oder einer Liquorzirkulationsstörung beruhen. Bei adipösen Patientinnen im gebärfähigen Alter mit begleitenden Sehstörungen sollte an eine idiopathische intrakranielle Druckerhöhung gedacht werden. Hier muss eine Bildgebung und ggf. auch eine Lumbalpunktion mit Druckmessung erfolgen.
  • Entwickeln ältere Patienten hartnäckige Kopfschmerzen, ist umgehend laborchemisch und mit Duplexsonografie der A. temporalis nach einer Riesenzellarteriitis zu fahnden. Auch sollte ein Tumor oder ein chronisches Subduralhämatom (SDH) gesucht werden. Selbst banale Traumata können unter Antikoagulation ein SDH verursachen. Manchmal sind die Kopfschmerzen aber auch Nebenwirkung einer neu begonnenen Medikation.

Mehr praxisrelevantes Wissen finden Fachkreise auch online im Migräne- und Kopfschmerz-Guide unter www.mk-guide.org, einem Projekt der DMKG Initi­ative „Attacke! Gemeinsam gegen Kopfschmerzen“.

Die Autorin

PD Dr. med. Stefanie Förderreuther
Neurologischer Konsiliardienst LMU München, Klinikum Großhadern

steffi.foerderreuther@
med.uni-­muenchen.de

Literatur bei der Autorin

Weitere Artikel aus dieser Serie finden Sie hier

Bildnachweis: privat

Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt